Ein Füllhorn an Räderinnovationen bei Maxion
Trotz der bekannten ökonomischen Probleme im Lande der Muttergesellschaft Iochpe-Maxion in Brasilien schlage sich der weltgrößte Räderhersteller doch mehr als gut, berichtet Pieter Klinkers, seit einigen Monaten CEO von Maxion Wheels. Gleichwohl gebe es noch eine Prioritätenliste abzuarbeiten, wobei es auch um neue Technologien geht. Und so führen denn auch Kai Kronenberg (Vice President of Business Development & Global Innovation) und Ralf Duning (Vice President Engineering) voller Enthusiasmus über den IAA-Messestand und zeigt, was sein Unternehmen alles so in der Pipeline hat. Durchaus denkbar, dass sich das ein oder andere Projekt letzten Endes als nicht durchführbar erweist, aber man arbeite mit gewichtigen Partnern auf industrieller Ebene zusammen und erhöhe allein schon dadurch die Realisierungswahrscheinlichkeit, bleibt Klinkers geerdet.
Sehr weit fortgeschritten ist die Kooperation mit ThyssenKrupp bei Leichtbaurädern. Dr.-Ing. Jens Werner, Geschäftsführer der ThyssenKrupp Carbon Components GmbH (Kesselsdorf), erklärt am Ausstellungsstück die Vorteile des Hybridrades aus Carbon und geschmiedetem Aluminium, das im Vergleich zu einem Vollschschmiederad um 30 Prozent Gewichtsersparnis bringen soll. Preislich werde man nach bisherigen Erkenntnissen etwa bei einem Drittel des Preises für ein Vollcarbonrad liegen und damit in etwa an der Oberkante anspruchsvollster Schmiederäder, erklärt Vice President Marc Hendrickx, der auch Präsident der EUWA (European Wheel Association) und Mitglied des CLEPA-Board ist, auf konkrete Nachfrage. Aber je größer die Stückzahlen in der Produktion werden, desto stärker werde der Preis des Rades sinken, das erst einmal den Premiumfahrzeugherstellern angeboten wird. Entscheidend sei: Man werde keine Manufaktur von Einzelstücken aufbauen, sondern eine Serienproduktion in industriellem Maßstab.
In der Kooperation der beiden Partner bringt ThyssenKrupp das Fertigungs-Know-how und das Wissen um den Werkstoff Carbon ein, aus dem die Felge produziert wird. Maxion obliegt allerdings nicht nur die Vermarktung, sondern auch der Designteil des neuen Rades. Der Vollstern, der alle Stylingfreiheiten erlaubt, ist geschmiedet, wobei Maxion hier von „Hybridschmieden“ spricht und für diese neue Technologie die Voraussetzungen am Standort Dello (Italien) geschaffen hat. Ohne den in Einzelheiten noch geheimen Produktionsprozess genau zu beschreiben, spricht Maxion hier von einer höheren Dehnbarkeit des Aluminiums und verringerter Porosität, was zu einer feineren Materialstruktur führe. Und solch ein „Lkw-Hybridschmiederad“ habe auch bereits bei einem Nutzfahrzeughersteller sämtliche Schritte zur Erstausrüstung absolviert und werde in der zweiten Jahreshälfte 2016 in den Markt rollen, verspricht Hendricks mit Verweis auf das Segment eines Lkw-Rades direkt neben dem Leichtbau-Pkw-Rad. Die Fortschritte bei der Entwicklung der Hybridschmiedetechnologie sind gewissermaßen eine Grundlage für das in Zusammenhang mit ThyssenKrupp entwickelte Leichtbaurad gewesen, wobei Felge und Stern über Bolzen fest miteinander verbunden sind.
Damit nicht genug hat Maxion auch ein ultraleichtes Pkw-Stahlrad auf der IAA gezeigt. Während das bekannte Abstreckverfahren bei Stahlrädern Gewichtsoptimierungen in Größenordnungen von mehreren hundert Gramm erlaubt, ist beim „MaxFibreSteel“-Rad mit ca. zwei Kilogramm ein Quantensprung gelungen. Aus der Felge wurde Material entnommen und durch ein faserverstärktes wie Kabel rundumlaufendes Material ersetzt, das das niederländische Chemieunternehmen Koninklijke DSM N.V. beiträgt. Das Konzept des „intelligenten Rades“ sei auf eine ganz besonders positive Resonanz gestoßen, hat Marc Hendrickx die NEUE REIFENZEITUNG in einem Resümee nach der Messe noch wissen lassen: Wobei das Unternehmen nicht den Ehrgeiz, nun noch „das 30. RDKS“ einzuführen (O-Ton Hendrickx), vielmehr habe die Räderbranche den Kollegen von der Reifenfraktion fahrlässigerweise das Thema Sensorik überlassen, obwohl es doch zum Rad eigentlich viel besser passe. Last, but not least präsentiert Kronenberg einen ganzen Strauß von innovativen Oberflächenvarianten, die man teilweise aus eigenem Know-how, teilweise auch durch Partnerschaften wie mit 3M generieren konnte. Unter dem Namen „Clean Coating“ gibt es da eine schmutzabweisende Lösung, auch Folierungen sind denkbar oder fluoreszierende Farben sowie Dampfungsbeschichtung und Digitaldruck. Vielleicht schaffen es ja mehrere Projekte bis auf die Straße. detlef.vogt@reifenpresse.de
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!