Nokian Tyres etabliert NAD-Partnernetzwerk weiter in Deutschland
Jeder Reifenhersteller versucht Händler möglichst eng an sich zu binden. Von der höchsten Integrationsstufe – der Übernahme als Equity-Betrieb – bis hin zur lockeren Bindung durch Konditionen gibt es zahllose Abstufungen. Idealerweise setzt der Hersteller dabei gleichzeitig auf mehrere Modelle, um für jeden Anspruch aus der Händlerschaft das richtige Angebot zu haben. Quasi als Einstiegsstufe dazu baut Nokian Tyres seit gut einem Jahr weltweit sein Marketingkonzept „Nokian Authorised Dealer“ (NAD; zu Deutsch: Nokian-autorisierter Reifenfachbetrieb) auf und ist damit insbesondere in Deutschland bereits besonders erfolgreich. Im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erläutert Klaus D. Deussing, was ein potenzieller NAD-Partner vom finnischen Reifenhersteller bzw. dessen deutscher Tochtergesellschaft mit Sitz in Nürnberg erwarten darf und welche Zielsetzungen der Konzern mit dem neuen Konzept verbindet.
Dieser Beitrag ist in der Februar-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG erschienen, die Sie als Abonnent auch hier als E-Paper lesen können.
Die Nokian Reifen GmbH, deren Prokurist Deussing ist, hat aktuell bereits 121 NAD-Partner in Deutschland unter Vertrag und ist damit seit Beginn des vergangenen Jahres bereits ein großes Stück auf dem Weg gegangen; im Mai 2013 hatte Nokian hierzulande ‚lediglich‘ 84 Partner unter Vertrag. Für das neue Jahr hat sich der finnische Reifenhersteller für Deutschland noch weitere 60 neue Partner vorgenommen. Laut Klaus Deussing werde es vermutlich keine großen Probleme bereiten, dieses Ziel zu erreichen.
Aber auch europaweit ist Nokian mit seinem Konzept der „Nokian Authorised Dealer“ bereits gut vorangekommen und liege mit dem Erreichten im Plan, wie es dazu ergänzend aus der Konzernzentrale in Finnland heißt. Aktuell sind bereits 400 NAD-Partner in Europa registriert, wobei man aktuell in den Ländern Italien, Deutschland, Dänemark, Ukraine und Bulgarien präsent ist, wie dazu Olli Nuutila erläutert. Detaillierte Zahlen wolle das Unternehmen erst im Februar mit dem Jahresbericht veröffentlichen. Wie der Business Manager Retail Operations bei Nokian Tyres in Finnland auf Anfrage der NEUE REIFENZEITUNG weiter erläutert, seien die weiteren Wachstumsziele ebenfalls klar formuliert: Man wolle das Netzwerk „bis Ende 2017 oder früher“ auf 1.000 NAD-Partner ausbauen. Das Wachstum soll dabei in den bestehenden Märkten wie auch auf neuen Märkten stattfinden, so Nuutila weiter.
Klaus Deussing betont, das NAD-Konzept sei ganz bewusst kein Franchisekonzept. Für einen entsprechend höheren Integrationsgrad mit deutlich mehr Leistungen (üblicherweise „Bausteine“ genannt) biete Nokian Tyres auch in Deutschland sein Vianor-Franchisekonzept an; in Bayern und Baden-Württemberg über den Master-Franchiser Reifen Straub (Bad Schussenried) und in den anderen 14 Bundesländern eben direkt. Bei dem Konzept der „Nokian Authorised Dealer“ handele es sich eben um ein Marketingkonzept. „Einem Nokian-autorisierten Reifenfachbetrieb bieten wir die bestmögliche Unterstützung zur Vermarktung von Nokian-Reifen“, erläutert Deussing. Dies gehe natürlich einerseits über den Einkauf und die entsprechenden Konditionen. Wichtiger sei es aber Deussing, gerade die Vermarktungsseite des Reifenfachhändlers in Bezug auf Nokian-Reifen zu stärken.
In Deutschland und mehr noch in Südeuropa ist es dabei absolut unerlässlich, dass der Anbieter eines entsprechenden Marketingkonzeptes auch über ein passendes Reifensortiment verfügt; ohne dieses Sortiment wären Anstrengungen zum Aufbau eines Partnernetzwerkes vermutlich zum Scheitern verurteilt. Nun kann man Nokian Tyres natürlich ohne Abstriche die „absolute Winterreifenkompetenz“ konstatieren. Seit über einem Dreivierteljahrhundert entwickelt das Unternehmen Reifen für den Einsatz auf Schnee und Eis und stellte bereits 1934 „den ersten Winterreifen der Welt“ vor. Aber wie man gerade in Deutschland bei etlichen Reifentests zuletzt immer wieder zur Kenntnis nehmen durfte, zählt Nokian Tyres auch als Hersteller von Sommerreifen mittlerweile zu den besten der Welt; die Experten aus dem finnischen Nokia müssen hier keinen Vergleich mehr scheuen.
Nokian Tyres bietet demnach ein passendes Sortiment – gerade auch für den deutschen Markt – an und flankiert dies nun auch mit dem entsprechenden Vermarktungskonzept „für qualitative Reifenvermarkter“, wie Deussing betont. Was bietet das Unternehmen seinen Partnern, um sie langfristig an sich zu binden und sie als sicheren Absatzkanal zu etablieren?
Das Angebot sei – als Marketingkonzept zur Unterstützung des Abverkaufs von Nokian-Reifen – durchaus attraktiv, wie der Nokian-Reifen-Prokurist findet. Zu allererst einmal wird jeder NAD-Händler als entsprechend qualifizierter, autorisierter Fachhandelspartner des Reifenherstellers Nokian Tyres ausgewiesen. Dies beginnt mit einem schlichten Hinweis per Siegel-Scheibenaufkleber an der Eingangstür und endet mit Flaggen und Leuchtreklame, „mit der sich eine eindrucksvolle Wirkung erzielen“ lasse. Letzteres werde insbesondere den ganz besonders guten Partnern geboten, die intern dann als „Nokian Authorised Premium Dealer“ geführt werden; dazu unten mehr. Auch wenn der Markt in der öffentlichen Wahrnehmung heute vielfach von Industrieketten, Werkstattsystemen und Handelskooperationen bestimmt wird, dürfe man ein entsprechendes Branding sicher nicht gering schätzen, so Deussing: „Unser Partner kann sich als qualifizierter Vermarkter eines renommierten Reifenherstellers darstellen – das ist doch schon etwas.“
Dass Nokian seinen NAD-Partnern natürlich das umfassende Paket an POS-Materialien bietet, versteht sich. Darüber hinaus bietet der Hersteller seinen Handelspartnern aber auch Zugang zu der sogenannten „Product Toolbox“ und der „Marketing Toolbox“. Auf den entsprechenden Internetseiten können Reifenhändler umfassendes Material herunterladen, wozu auch fertige Entwürfe für Printanzeigen in der Lokalzeitung des NAD-Partners gehören. Gleichzeitig wird der NAD-Partner auf der Nokian-Reifen-Internetseite gelistet, und zwar als „Full-Service-Händler“. Noch wichtiger ist aber vermutlich der Zugang zur „Nokian Tyres Hakkapeliitta eAcademy“. Dort bietet der Hersteller umfassende E-Learning-Module zur Erweiterung des Fachwissens seiner NAD-Partner an, also Verkaufs- und Produkttrainings. „Hier schöpfen Ihre Verkäufer Kompetenz für gute Verkaufsgespräche, direkt am eigenen Schreibtisch, ohne weite Reisen und langwierige Seminare“, heißt es dazu erklärend in der deutschen NAD-Broschüre.
Dennoch will auch Nokian Tyres bei seinem NAD-Marketingkonzept nicht ohne persönliche Schulungen der Partner und deren Mitarbeiter auskommen. Wie Klaus D. Deussing erklärt, werde jeder NAD-Partner einmal jährlich zu einer Produkt- oder Marktschulung zu aktuellen Themen eingeladen, deren Inhalte sich entsprechend dem aktuellen Bedarf ändern.
Für die „Nokian Authorised Premium Dealer“ bietet der Hersteller sogar noch mehr. So können grundsätzlich lediglich die sogenannten Premiumpartner das komplette Außenwerbungspaket inklusive Flaggen und Leuchtreklame und darüber hinaus auch eine moderne Shop-Dekoration zur Präsentation von Nokian-Reifen erhalten. Dazu gehören etwa Roll-ups, Posterrahmen, Fuß- und Thekenmatten, Reifenständer und sogar Displays mit integrierten Videoscreens sowie gedruckte Inlays. Es gebe aktuell zwar keine konkreten Pläne, das Angebot an die NAD-Partner auszuweiten. Dennoch könne man sich wohl sicher sein, dass die Abteilung, die sich in der finnischen Konzernzentrale mit dem weltweiten „Nokian-Authorised-Dealer“-Netzwerk befasst, in Zukunft weitere Leistungen in das Programm aufnehmen werde. Klassische Systembausteine aber wie Kfz-Service etc. würden nie Teil des Marketingkonzeptes werden, das sich eben ausschließlich auf die Vermarktung von Reifen konzentriert.
Was macht aber den NAD-Partner zum Premiumpartner? Die Qualifizierung sei denkbar einfach, so Deussing: sie gehe ausschließlich über die Abnahmemenge. Während Händler, die zwischen 250 und 500 Nokian-Sommer- und Winterreifen im Jahr vermarkten, als „Authorised Dealer“ geführt werden, gelten Händler mit einer Abnahmemenge von mehr als 500 Reifen pro Jahr als „Authorised Premium Dealer“. Auf beiden Stufen werden die Partner als sogenannte „Full-Service-Händler“ auf der Internetseite des Herstellers gelistet. Handelspartner, die weniger Reifen im Jahr vermarkten, gelten Nokian Reifen als „Montagepunkt“.
Dabei betont Klaus D. Deussing, dass sich das mehrstufige Konditionenmodell, mit dem die Nokian Reifen GmbH in Deutschland arbeitet, nicht per se an der Einstufung als NAD-Partner – Premium oder nicht – orientiert, sondern dass es dabei immer ‚nur‘ um die abgenommene Menge geht; der Status des Partners ist dabei zweitrangig. Während das NAD-Partnernetzwerk gänzlich ohne etwaige Gebühren auskommt, bietet Nokian seinen Premiumhändlern sogar noch einen gewissen Werbekostenzuschuss. Dabei beteiligt sich Nokian mit bis zur Hälfte an den Werbeausgaben seiner Premiumpartner, wenn diese die Kosten nachweisen und dabei entsprechend auf Nokian-Produkte hinweisen. Ein Standard-NAD-Partner muss in der Regel ohne solche Zuschüsse auskommen.
Dabei steigt die Attraktivität des Marketingkonzeptes sicherlich durch die Freiheiten, die es jedem Partner bietet. Es sei auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein Partner entweder nur „Nokian Authorised Dealer“ ist oder gleichfalls einem anderen Zusammenschluss an Reifenhändlern angehört; Mehrfachmitgliedschaften seien grundsätzlich möglich, bescheinigt Deussing, wobei sich von vornherein Mitgliedschaften in anderen industriegeführten Organisationen wohl mit dem NAD-Partnernetzwerk nicht vertrügen. „Jeder Händler, der frei entscheiden kann, soll uns grundsätzlich willkommen sein.“
Unterdessen betont der Nokian-Reifen-Prokurist, dass das wachsende NAD-Netzwerk nicht per se als Zuführungsorganisation für eine höhere Integrationsstufe betrachtet werde, in diesem Fall also für eine Mitgliedschaft im Vianor-Franchisenetzwerk. Natürlich spreche nichts dagegen, wenn sich ein Händler von ersten gemeinsamen Geschäften über eine NAD-Partnerschaft hin zu einem Vianor-Franchisevertrag immer tiefer in das System des finnischen Reifenherstellers integriert; dies sei durchaus gewünscht. Doch sei dies nicht unbedingt die Absicht für die Einrichtung des „Nokian-Authorised-Dealer“-Netzwerkes. „Jeder Handelspartner ist uns lieb und teuer“, so Deussing. Die Zielsetzung des Herstellers ist dabei viel grundlegender: Man will Reifen in Deutschland und darüber hinaus vermarkten und dem Kunden im Reifenhandel dabei behilflich sein, davon ebenfalls zu profitieren. Wenn dafür entsprechende Maßnahmen der Absatzförderung über Kundenbindungsprogramme notwendig sind – gut, wenn nicht – ebenso gut. „Wichtig ist aber die gemeinsame Entwicklung“, bescheinigt Deussing. Und diesbezüglich hat Nokian Tyres gerade in Deutschland in den vergangenen Jahren schon einiges erreicht. Gerade mit dem neuen NAD-Partnernetzwerk macht Nokian Tyres jetzt ein Einstiegsangebot, dass es Reifenhändlern schwer machen soll, sich eben nicht enger an den finnischen Reifenhersteller zu binden. arno.borchers@reifenpresse.de
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