Tirendo-Übernahme „hat sich irgendwie so ergeben“, sagt Delticom-CEO Binder
Als unlängst die Nachricht von der Übernahme Tirendos durch die Delticom AG die Runde machte, dürfte so mancher in der Branche – die NEUE REIFENZEITUNG eingeschlossen – einigermaßen überrascht gewesen sein. Denn das noch recht junge Berliner Unternehmen trat von Anfang an ziemlich selbstbewusst im Markt auf, so als werde man anderen Onlinereifenhändlern erst einmal zeigen, wie das Internetgeschäft mit dem Endverbraucher richtig funktioniert. In dieses Bild passt, dass das Start-up mit Sebastian Vettel als Markenbotschafter eine massive Marketingoffensive geritten hat – augenscheinlich wohl nicht zuletzt dank finanzkräftiger Investoren. „Da hat es einige Gerüchte im Markt gegeben, die bei genauem Hinsehen aber nicht viel mit der Realität zu tun haben“, bestätigt Delticom-CEO Rainer Binder im Gespräch mit dieser Zeitschrift, dass Tirendo von Beginn an immer wieder von (bzw. über) sich reden machen wusste. Und wie Binders Worten zu entnehmen ist, hat gerade eben die Fähigkeit, auf sich aufmerksam zu machen können, die Akquisitionsentscheidung mehr oder weniger stark mit beeinflusst.
„Es ist keine Frage, dass Tirendo beim Marketing eindeutig mehr zu bieten hat als wir“, so der Delticom-CEO, der davon spricht, darauf aufbauend so etwas wie eine „zweite Stufe des Marketings“ zünden zu wollen. Dafür aber habe man ein Lager bzw. eine ausgefeilte Logistik in die Waagschale zu werfen. „Denen fehlte das“, liefert Binder eine weitere Erklärung dafür, warum die neue Unternehmenskonstellation aus seiner Sicht aus mehr als einem Grund Sinn macht und gewissermaßen „auf der Hand“ liegt. Wann genau und von welcher Seite das Ganze letztendlich ins Rollen gebracht wurde, kann und will er zwar nicht sagen. Immerhin lässt er durchblicken, dass man irgendwann ins Gespräch gekommen sei, dann aber „ziemlich lange“ verhandelt wurde. „Das hat sich irgendwie so ergeben“, sagt Binder, der die Transaktion zugleich als Hinzugewinnung neuer Kunden sieht. Denn nach seinen Worten ist die Zielgruppe, die Tirendo über seine TV-Werbespots anspricht, eine ganz andere als die eigene Klientel. „Da gibt es erstaunlich wenig Überschneidungen“, hält der Delticom-CEO fest. Insofern sollen nach derzeitigem Stand die beide Reifenshops unter www.reifendirekt.de und www.tirendo.de ebenso nebeneinander weiter bestehen bleiben wie auch der Berliner Tirendo-Standort.
Die Frage, ob die Übernahme nicht etwa darauf zurückzuführen sei, dass Delticom sich durch den jungen Wettbewerber aus Berlin „gepiesackt“ gefühlt habe, verneint Binder. Gleichwohl gehen Analysten der Deutschen Bank schon davon aus, dass der Deal in diesem Winter zu einer gewissen Stabilisierung an der Preisfront führen könnte, von der Delticom natürlich auch profitieren würde. Allerdings machen sie sich schon so ihre Gedanken, dass der Marktführer im Onlinereifengeschäft es offenbar für nötig empfunden hat, sich einen so viel kleineren Wettbewerber einverleiben zu müssen, um seine Marktposition abzusichern bzw. zu festigen. Denn dies könne andere dazu verleiten, begünstigt durch die niedrigen Einstiegshürden für einen Onlinereifenhandel es Tirendo gleichzutun: Mittelfristig würde das dann wieder den Druck auf die Reifenpreise erhöhen, befürchten die Finanzexperten. Ist diese Gefahr wirklich so groß? Ein etwaiger neuer Emporkömmling müsste nun doch wohl noch einmal weitaus mehr Geld in die Hand nehmen, um gegenüber der Kombination Delticom/Tirendo in ausreichendem Maße wahrgenommen zu werden. Und wer würde einen solchen Schritt überhaupt wagen, vor dem Hintergrund der derzeitigen Marktlage? christian.marx@reifenpresse.de
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