Geländewagen/SUVs weiter im Trend, aber wie lange noch?
Seit Jahren boomen die Neuzulassungen von Geländewagen bzw. den sogenannten SUVs (Sport Utility Vehicles). Die Beliebtheit dieser Fahrzeuge, die in den seltensten Fällen tatsächlich abseits befestigter Wege unterwegs sind, spiegelt sich in entsprechender Form auch im deutschen Reifenersatzgeschäft wider: Dieses Segment war 2012 nämlich das einzige, in dem ein Absatzplus registriert wurde. Und es sieht derzeit nicht so aus, als ob diesbezüglich eine grundlegende Wende zu erwarten ist. Oder doch?
Warum sich Geländewagen, von denen die allermeisten – Experten schätzen weit weniger als fünf Prozent – wohl so gut wie nie asphaltierte Straßen verlassen, in den zurückliegenden Jahren dermaßen an Beliebtheit zugelegt haben, dürfte gleich mehrere Gründe haben. Durch eine erhöhte Sitzposition erleichtern sie einerseits beispielsweise den Einstieg ins Fahrzeug, sind also bequemer, nicht zuletzt auch wegen in der Regel etwas üppigerer Abmessungen. Andererseits vermitteln die Autos damit den Eindruck eines Mehr an Sicherheit. Aber vor allen Dingen macht so eine solche Karosse freilich einiges mehr her als ein kleiner Flitzer für die Stadt.
Für all dies sind augenscheinlich viele Verbraucher bereit, durchaus ein wenig tiefer in die Tasche zu greifen. Nicht nur beim Anschaffungspreis, sondern spätestens auch beim auf die Tankquittung. Dazu genügt ein Vergleich beispielsweise des aktuellen Tiguan von Volkswagen mit „TDI BlueMotionTechnology“ und 110-PS-Motorisierung mit seinem Golf-VII-Pendant mit nur fünf Pferdestärken weniger Leistung: Der Verbrauch vor Ersterem liegt nach den Verkaufsunterlagen des Fahrzeugherstellers inner- und außerorts kombiniert bei 5,3 Litern Diesel je 100 Kilometer, während sich der Golf trotz annähernd gleicher Motorisierung je nach Getriebeversion mit 3,8 bzw. 3,9 Litern zu bescheiden weiß.
Das entspricht einem Mehrverbrauch von nicht weniger als irgendwo zwischen 35 und 40 Prozent und spiegelt sich dementsprechend natürlich in den Kohlendioxidemissionen wider: Die des „Geländewagens“ Tiguan sind mit 139 Gramm je gefahrenem Kilometer mal eben annähernd 40 Prozent größer als die rund 100 Gramm je Kilometer des „normalen“ Golfes. Dieses Beispiel dürfte verdeutlichen, welche Klimmzüge Automobilhersteller werden machen müssen, um die bezüglich der Emission dieses allgemein als klimaschädlich angesehenen Gases ab 2020 von der EU angedachte Obergrenze von 95 Gramm je Kilometer – aktuell liegt das Limit noch bei 130 Gramm je Kilometer – im Schnitt über ihre Neuwagenflotte einhalten zu können.
Zumal jüngst die Ergebnisse eine Studie des Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen durch Medien gingen, wonach 2020 zwischen einem Drittel und sogar knapp die Hälfte aller Pkw-Neuzulassungen in Deutschland auf das SUV-Segment entfallen könnten. Die Fahrzeughersteller müssten also entweder kräftig in solche Technologien investieren, welche die Kohlendioxidemissionen ihrer SUV möglichst stark reduzieren, oder eben entsprechende Strafzahlungen für das Verfehlen der gesetzlichen Vorgaben leisten. So oder so sollten sich nach den Spielregeln des Marktes entsprechende Fahrzeuge dann (zusätzlich) verteuern.
In diesem Zusammenhang geisterten unlängst offenbar auf einer Studie des Instituts für Kraftfahrzeuge (IKA) der TH Aachen basierende Schätzungen durch die Presse, wonach zum Erreichen der Vorgaben beim Kohlendioxidausstoß Mehrkosten von bis zu 3.600 Euro je Fahrzeug anfallen könnten. Dabei ging es zwar nicht primär um Geländewagen bzw. SUVs, sondern um Pkw im Allgemeinen, doch es dürfte klar sein, dass gerade große und schwere Fahrzeuge eher betroffen sind als Kleinwagen. Denn von denen kann so mancher – siehe obiges Beispiel – die 2020er-Ziele ja schon heute zumindest annähernd erreichen oder sogar unterschreiten.
Ob die tatsächlichen Mehrkosten – das International Council on Clean Transportion (ICCT) erwartet laut der Zeitung Die Welt gar nur ein Plus von 1.000 Euro für Investitionen in Technologien zur Reduktion des Kohlendioxidausstoßes – dann wirklich potenzielle SUV-Käufer abschrecken werden, muss man allerdings erst noch abwarten. Vermutlich wird das ohnehin eher nicht der Fall sein: Schließlich sind auch heute schon viele Verbraucher bereit, im Vergleich zum Normal-Golf einen knapp 30 Prozent höheren Listenpreis für den beinahe gleich motorisierten „Geländewagen“ Tiguan zu bezahlen. Der Fahrzeugkauf ist halt nur eine bedingt rationale Handlung.
Insofern stehen die Chancen mehr als gut, dass auf jeden Fall mittelfristig die Nachfrage nach 4×4-, Offfoad-, Geländewagen- bzw. SUV-Reifen weiter ansteigen wird und die Kunden dabei offenbar sogar noch nicht ganz so preissensibel erscheinen. Doch wie immer dieses Marktsegment auch heißen mag: Echte Offroadreifen im wahrsten Sinne des Wortes sind dabei nur jedoch nur eine Randerscheinung. Vielmehr handelt es sich in den allermeisten Fällen mehr oder weniger eher um Pkw-Reifen – zwar mitunter in speziellen Größen, die vornehmlich auf entsprechenden Fahrzeugen zu finden sind, aber im Grunde letztendlich eben doch Pkw-Reifen. christian.marx@reifenpresse.de
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