Steht Goodyear-Fabrik in Amiens-Nord vor dem endgültigen Aus?
Das Damoklesschwert hängt bereits seit Jahren über dem Goodyear-Produktionsstandort im französischen Amiens. Zuletzt 2009 hatte der US-amerikanische Reifenhersteller öffentlich Pläne bekannt gegeben, die Produktion von Pkw-Reifen in Amiens-Nord einzustellen; der Standort leide „unter nicht wettbewerbsfähigen Kosten“, hieß es damals. Vor zwei Jahren dann hatte Goodyear versucht, die Produktion von Landwirtschaftsreifen in Amiens – wie in Lateinamerika zuvor – ebenfalls an Titan International zu verkaufen. Alle Pläne für die Titan-Goodyear-Deal platzen Ende 2011 mit einem lauten Knall. Der Titan-Chef Maurice Taylor hatte die Reißleine gezogen und kehrte Europa – sichtlich frustriert von den Gewerkschaftsvertretern in Amiens – den Rücken. Am kommenden Donnerstag nun will Goodyear den Arbeitnehmervertretern gegenüber eine Ankündigung machen, wie es dazu nun in der Lokalpresse heißt. Das Thema: „Die Strategie der Unternehmensgruppe zum Standort Amiens-Nord“, so die Zeitung „Le Courrier Picard“ aus Amiens.
Während die Geschäftsleitung vor Ort vorab zum Thema keinerlei Informationen geben wollte, zeigte sich der örtliche Vertreter der Gewerkschaft CGT zumindest teilweise überrascht von einer möglichen Schließung des Pkw- und Landwirtschaftsreifenwerkes, hatte man doch noch Hoffnung für ein Abkommen mit der Geschäftsleitung über den Fortbestand der Fabrik gesehen. Man habe jetzt aus „sicheren Quellen“ erfahren, dass der Hersteller das Ende der Fabrik bereits beschlossen habe. Was dabei nicht sicher sei, zitiert „Le Courrier Picard“ den CGT-Vertreter, ob die Schließungspläne beide oder eben nur einen der beiden Geschäftsbereiche betreffen, also die Produktion der Pkw-Reifen und/oder der Landwirtschaftsreifen.
Wie die Zeitung weiter schreibt, sind Beobachter der Ansicht, dass es – wenn überhaupt – zu allererst die Pkw-Reifenproduktion treffen werde, deren Aus Goodyear grundsätzlich schon 2009 beschlossen hatte. Für die Landwirtschaftsreifenproduktion hoffe man immer noch auf eine Einigung mit Titan International; der US-Wettbewerber hatte 2011 die Verhandlungen auf „Hold“ gesetzt, sie aber offiziell nicht beendet. Außerdem betreibe Goodyear in Europa kein anderes Werk, in dem Landwirtschaftsreifen gefertigt würden; Amiens-Nord habe diesbezüglich also eine gewisse Exklusivität im Konzern. „Man weiß aber nie“, so der CGT-Vertreter weiter.
So oder so, selbst die teilweise Schließung käme einem Erdbeben gleich, heißt es aus Arbeitnehmerkreisen. Die aktuell rund 1.250 Mitarbeiter im Werk Amiens-Nord verteilen sich gleichmäßig auf beide Geschäftsbereiche. Nach nunmehr fünf Jahren des fortwährenden Kampfes für den Erhalt der Fabrik mit vielen Streiks, Kundgebungen, Gerichtsverhandlungen und enttäuschten Hoffnungen, lässt sich der Gewerkschaftsvertreter in „Le Courrier Picard“ weiter zitieren, komme man nun vermutlich auf die Zielgerade – das Damoklesschwert scheine jetzt letztendlich doch zu fallen. ab
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