Reifentests in einer ganz neuen Dimension – Contis AIBA
Das diesjährige „TechnikForum“ der Continental AG ist seinem Namen mehr als gerecht geworden. Auf dem unternehmenseigenen Testgelände „Contidrom“ in Jeversen wurde AIBA vorgestellt: Das Kürzel steht für Automated Indoor Braking Analyzer und dahinter verbirgt sich ein Hallenneubau, der den Entwicklern ganzjährig wetterunabhängige Bremstest ermöglich. Der Gebäudekomplex steht auf einer Grundfläche, die eine Länge von 300 Metern bei einer Breite von 30 Metern misst, doch weit beeindruckender als diese Zahlen ist dessen Innenleben.
Denn in der klimatisierten Halle können vollautomatisch Bremsversuche auf verschiedensten Fahrbahnbelägen trocken wie nass durchgeführt werden. Dafür sorgen bis zu fünf verschiedene 75 Meter lange Elemente, die 120 Tonnen auf die Waage bringen sollen und laut Conti innerhalb von acht Minuten hydraulisch in der Fahrweg des Testautos verfahren werden können. Der Wagen selbst wird bei alldem nicht von einem Testfahrer gesteuert, sondern mittels eines Linearbeschleunigers innerhalb von rund vier Sekunden auf bis zu 120 km/h beschleunigt und dann von einem Bremsroboter auf dem Testfahrbahnbelag heruntergebremst.
Das Fahrzeug wird dazu an einer Schienenkonstruktion geführt, die der von Achterbahnen nicht unähnlich ist. Nach einer jeden Messung bewegt ein weiterer Roboter das Auto zum Ende der Gesamtstrecke, wo mittels einer Drehscheibe ein Richtungswechsel vorgenommen wird, bevor es parallel zu Messstrecke auf der gegenüberliegenden Seite den Rückweg in seine Ausgangsposition antritt. Eine zweite Drehscheibe am anderen Hallenende sorgt dafür, dass sich der Wagen wieder „in der richtigen Spur“ befindet und ein neuerlicher Messlauf starten kann. Im Vollbetrieb der Anlage sind so bis zu 100.000 Einzelbremsungen pro Jahr geplant.
Fertiggestellt wurde das Ganze pünktlich zum „ContiTechnikForum 2012“, nachdem der Bau erst vor rund einem Jahr begonnen hatte. Der Investitionsaufwand wird mit irgendwo zwischen zehn und 15 Millionen Euro beziffert. Ziel der Anlage ist es, die Reproduzierbarkeit von Bremswegmessungen deutlich zu erhöhen. Dr. Burkhard Wies, Leiter der Conti-Reifenentwicklung, spricht in diesem Zusammenhang von einer 70-prozentigen Verbesserung gegenüber konventionellen Bremstests im Freien. Oder anders formuliert: Schwankten bei Letzteren die Messergebnisse in einer Größenordnung von fünf Prozent, sollen es dank AIBA nunmehr nur noch rund 1,5 Prozent sein.
Möglich mache dies, dass in der Halle Einflussfaktoren wie Umgebungs- und Streckentemperatur den Testvorgaben entsprechend stabil eingestellt bzw. kontrolliert werden können. Dabei soll nicht unterschlagen werden, dass die Fahrbahnsegmente zudem in einen Außenbereich verfahren werden können, um auch dort dann auf den identischen Belägen wie innen Messungen zu ermöglichen. Zudem beherbergt das Gebäude über die Messstrecke für die automatisierten Bremstests hinaus noch einen Bereich für Bremstests auf Eis. Selbstverständlich ist auch diese „Eishalle“ voll klimatisiert. christian.marx@reifenpresse.de
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