Marangoni in Schwierigkeiten – Restrukturierung soll helfen
Die italienische Marangoni-Gruppe steckt offenbar in größeren Schwierigkeiten als bisher kolportiert. Lokalen Medienberichten zufolge verhandele das Unternehmen mit Sitz in Rovereto (Trient) derzeit mit Gewerkschaftsvertretern und den zuständigen Behörden über Kurzarbeit in der Runderneuerung. Im Laufe der zwölf Monate, in denen kurzgearbeitet werden soll, wolle Marangoni die Produktion der sinkenden Nachfrage und der geringen Verfügbarkeit von Karkassen anpassen. Für 70 der 350 betroffenen Mitarbeiter sei sogar vorgesehen, die Arbeitszeit komplett auf Null zu bringen. Um das drängende Problem der Karkassenknappheit zu lindern, denkt das Unternehmen, das immer schon sehr viel auf seinen Premiumstatus gezählt hat, sogar über die Runderneuerung von chinesischen Lkw-Reifen nach. Als Teil des geplanten Restrukturierungsplans wolle Marangoni außerdem in die Prozessoptimierung der Runderneuerung investieren. Auch werden in der Lokalpresse sogar mögliche Partnerschaften mit asiatischen Herstellern diskutiert. Wie unser italienisches Schwestermedium PneusNews.it berichtet, habe Marangoni im vergangenen Jahr 474 Millionen Euro umgesetzt, musste aber unter anderem aufgrund von hohen Zinsbelastung einen Nettoverlust von 7,9 Millionen Euro hinnehmen. Wie geht es weiter bei Marangoni?
Noch im Sommer zur Reifen-Messe in Essen schien die Marangoni-Welt in Ordnung gewesen zu sein. Im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG betonten offizielle Vertreter des Unternehmens, man werde im Laufe dieses Jahres wohl etwa 180.000 Lkw-Reifen in Rovereto runderneuern, und das bei einer Kapazität von 200.000. Eine solche Widerstandsfähigkeit gegen die allerorten beklagte Krise hatten sich schon damals viele Mitbewerber Marangonis auch für sich gewünscht. Nun, wenige Monate später, verhandelt das Unternehmen über einen weitreichenden Restrukturierungsplan mit den Gewerkschaften und den zuständigen Behörden. Im Mittelpunkt dieses Plans steht Kurzarbeit für die 350 Mitarbeiter in der Produktion von Rovereto, für 20 Prozent von ihnen würde es nach den Plänen Marangonis sogar bedeuten, dass sie ganz zu Hause bleiben könnten – Nullarbeit. Und wie es in der führenden Lokalpresse PneusNews.it zufolge weiter heißt, sei es alles andere als klar, ob die Situation in einem Jahr besser ist. Darüber, so bestätigen Unternehmensvertreter, wolle und müsse man sich am Ende der geplanten zwölfmonatigen Kurzarbeitszeit Gedanken machen, nicht jetzt schon. Von Kündigungen ist derzeit indes nicht die Rede.
„Die Situation ist nicht nur wegen der sinkenden Nachfrage so dramatisch geworden, die in Abhängigkeit zum Marktsegment Rückgänge von 20 Prozent und mehr erlebt“, werden Gewerkschaftsvertreter zitiert, „sondern auch wegen der immer stärker zunehmenden Knappheit beim Rohstoff für die Runderneuerung, also bei guten Qualitätskarkassen, die vernünftig gewartet wurden und eine gute Runderneuerungsfähigkeit ermöglichen.“ Ein Rückgang bei den Neuzulassungen bedeutet automatisch einen Rückgang bei den – später – verfügbaren 1A-Karkassen. Gleichzeitig wirkt sich die Krise der vergangenen Jahre auch auf den Ersatzbedarf aus. Er fiel allerorten und wird noch dadurch verschärft, dass Flottenbetreiber ihre Reifen bis auf den letzten Millimeter Gummi herunterfahren, bevor in den Ersatzbedarf investiert wird. Dies wiederum hat große Auswirkungen auf die Verfügbarkeit guter, runderneuerungsfähiger Karkassen.
Eine mögliche Erleichterung der Situation sehen die Verantwortlichen in Rovereto nun offenbar in Lkw-Reifen aus dem Fernen Osten. Diesen Reifen billige man mittlerweile eine bessere Runderneuerungsfähigkeit zu, als noch vor einigen Jahren. Marangoni-Verantwortliche haben solche Reifen bei früheren Gelegenheiten oft als unvereinbar mit dem Qualitätssegment beschrieben, in dem sich das Unternehmen aus Rovereto fest verankert sieht. Die Qualität der aus Asien – also hauptsächlich China – nach Europa kommenden Lkw-Reifen habe sich aber verbessert.
Um die Runderneuerung in Rovereto fit zu machen für die anstehenden Restrukturierungen und die Erweiterung des Produktsortiments um Runderneuerte auf Basis asiatischer/chinesischer Karkassen, will Marangoni 2,7 Millionen Euro investieren. Damit wolle man insbesondere Prozesse, Technologien und Produkte verbessern; auch wolle Marangoni Maschinen anschaffen. Gleichzeitig dient dieser Vorschlag den Medienberichten zufolge aber auch als Versprechen an die Gewerkschaftsvertreter, die noch ihre Zustimmung zur geplanten zwölfmonatigen Kurzarbeit geben müssen. Die Gewerkschaft, so heißt es weiter, berieten derzeit über den Vorschlag. arno.borchers@reifenpresse.de
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