Die Räderwelt im Harz: Zweimarkenpolitik mit Wheelworld und Axxion
Wenn es denn regionale Konzentrationen von Firmen im Bereich Aluminiumräder in Deutschland gibt, dann fallen einem vielleicht die Pfalz oder das Sauerland ein, nicht aber der Harz. Hierhin, ins aufstrebende Touristenstädtchen Blankenburg (Ostharz/Bundesland Sachsen-Anhalt), sind Sabine und Rolf Bene keine zwei Jahre nach Gründung ihrer Firma Wheelworld in Winnenden – ganz bescheiden in einer Garage – im Jahre 2009 gezogen. Mit großen Ambitionen: So ist Wheelworld beim Volumen längst an einigen Marktteilnehmern vorbeigerauscht, und man weiß sehr präzise, welche Wettbewerber im deutschen Ersatzgeschäft er als nächstes überholt werden sollen. Und im Eingangsbereich ihres jetzigen Domizils hängen für jedermann sichtbar die Baupläne für einen repräsentativen Lager- und Bürokomplex, der bereits in naher Zukunft lediglich eine halbe Autostunde entfernt vom jetzigen Standort, der immer als Übergangslösung verstanden wurde, entstehen soll und den Räderanbieter – was Mitarbeiterzahl sowie Um- und Absatz anbelangt – schnell in eine neue Dimension katapultieren dürfte.
Und das alles trotz widriger Umstände: Lange Zeit schlich Rolf Bene im deutschen Rädermarkt nach, dass ihm sein vormaliger malaysischer Produktions- und Geschäftspartner Aluminiumräder geliefert hatte, die hätten brechen können. Passiert ist tatsächlich nie etwas, aber der Ruf war angekratzt und einige Wettbewerber bohrten lange in der Wunde. Dann erhob die Europäische Union Strafzölle auf Räder seiner beiden neuen Lieferanten, weil China in den Verdacht geraten war, den Export von Aluminiumrädern zu subventionieren und die Regeln der Fairness im Handel zu verletzen.
Auch das war und ist nicht angenehm, hat sich aber letzten Endes als „übersichtliches Problem“ erwiesen. Außerdem ist schon ein gutes Stück der 5-Jahres-Zeitspanne für die Strafzölle bewältigt, die irgendwie eingepreist sind und mit denen man zu kalkulieren gelernt hat.
Hersteller Jinfei ist bereits in der chinesischen Erstausrüstung stark vertreten und garantiert schon von daher ein hohes Maß an Produktsicherheit. Aber auch der zweite chinesische Wheelworld-Lieferant Baoding Lizhong drängt vermehrt in die Erstausrüstung und kann dies nur, weil die entsprechenden Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Obendrein hat das deutsche Vertriebsunternehmen Räderexperten vor Ort, die den Herstellern penibel auf die Finger sehen und eine fundierte Qualitätskontrolle gewährleisten. Die ist auch wichtig, denn manche Charge geht gar nicht über das Wheelworld-Domizil im Harz an die Kunden, sondern ab Werk direkt per Container. Die Wheelworld-Inspekteure werden ihren Reisekalender übrigens um eine Adresse ergänzen müssen: Wheelworld wird künftig mit Indonesiens PT Prima (Surabaya) auch einen nichtchinesischen Lieferanten haben, auf dessen Produkte eben keine Strafzölle erhoben werden. Sämtliche Produkte sind hinsichtlich TÜV und ABE abgesichert; bei allen Rädern wird die Allgemeine Betriebserlaubnis realisiert. In den Jahren des Aufbaus ist das Unternehmen die Markttrends mitgegangen, die Designs von Benes Vorgängerfirma bildeten die Basis für den Aufbau des Wheelworld-Programmes. Jetzt kommt Stufe 2: Wenn sich der Markttrend weg von glänzend schwarz hin zu grau-matten Tönen wandelt, will man Vorreiter sein. Neue Designs für das Wintergeschäft 2012 sind im Übrigen bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in Arbeit.
Bislang hat Wheelworld mit einem Anteil von um die 70 Prozent überproportional Winterräder vermarktet, bei denen es im hohen Maße auch um günstige Preise geht. Das ändert sich sukzessive, wozu vor allem auch die zweite Hausmarke Axxion einen Beitrag leistet. Während Sabine und Rolf Bene die Marke Wheelworld hinsichtlich Designausprägung und preislich eher im oberen Budgetbereich angesiedelt sehen, ist Axxion als höherwertige Imagemarke positioniert. Wobei die Räderexperten in ihren langjährigen Branchenkarrieren schon immer bestrebt waren, bei den Stylings neue Wege zu gehen und sich vom Mainstream zu differenzieren. Mit Axxion können sie das und die Marke lässt sich bis in den Highend-Bereich ausreizen. Die Positionierung der beiden Rädermarken findet ihren Niederschlag bei den Ab- und Umsatzanteilen: Mit Wheelworld wird fast drei Viertel der Menge bestritten, beim Umsatz, der 2011 insgesamt im mittleren einstelligen Millionenbereich gelegen hat, trägt sie aber nur 60 Prozent bei.
Einen Volumenabsatz von um die 200.000 Einheiten strebt das Harzer Unternehmen für 2012 an, das wäre eine Steigerung um etwa ein Drittel gegenüber Vorjahr. Mit dem neuen Lager, das in der ersten Phase wenigstens 60.000 Rädern Platz bieten soll, und einer Mitarbeiterzahl, die dann von etwa 15 auf 25 wachsen dürfte, kann das Ziel zwar als ambitioniert, aber nicht unrealistisch bezeichnet werden. Denn Rolf Bene strebt erst jetzt eine verstärkte Präsenz bei den großen Ketten und Kooperationen an. In der Aufbauphase haben ihm seine langjährigen Kontakte zu diesem und zu jenem Vermarkter geholfen, auch seine drei Außendienstmitarbeiter haben sich einbringen können. Auf den gängigen Plattformen findet man Wheelworld/Axxion, bei Großhändlern (für die das Containergeschäft interessant ist), auch solchen mit eigenen Einzelhandelsdependancen wie RS Exclusiv oder Tanski. Einerseits sieht Bene im Reifenhandel für das Unternehmen den starken Absatzmittler schlechthin und will messeseitig in 2012 alle Energie auf die „Reifen“ legen, die schon 2010 für ihn „der Hit“ war, obwohl die damalige Platzierung des Messestandes als „suboptimal“ empfunden worden war. Andererseits ist die Aluminiumräderzunft bezüglich Werbung gemeinhin recht zurückhaltend, das soll bei Wheelworld/Axxion anders sein: Seit Mitte 2011 läuft eine verglichen mit sonstigen Engagements in der Räderbranche recht intensive Mediakampagne in den einschlägigen Consumer-Magazinen wie zum Beispiel „auto motor und sport“ und „sport auto“ oder in Tuningmagazinen wie „VW Scene“ etc. sowie Fachzeitschriften. Ambitionen zu haben ist das eine, Wheelworld tut aber auch einiges dafür, dass daraus Realität wird. detlef.vogt@reifenpresse.de
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