Auswuchten: Ausrüstung okay – bei Vermarktung noch Luft nach oben
Dass gut ausgewuchtete Räder für die Laufruhe von Fahrzeugen von essenzieller Bedeutung sind, sollte hinlänglich bekannt sein. Und gerade bei Kfz-Werkstätten und vor allem natürlich in Reifenfachhandelsbetrieben muss man das Wissen darum als selbstverständlich voraussetzen können. Doch offenbar wird die „Dienstleistung Auswuchten“ trotzdem noch nicht allerorten konsequent genug vermarktet und so Umsatzpotenzial verschenkt. Dies ist aber nur eine der Erkenntnisse, die ein Interview der NEUE REIFENZEITUNG mit Jens Dahlheimer, Business Unit Manager bei der Rema Tip Top GmbH, rund um das Thema Auswuchten zutage gefördert hat.
NRZ: Gibt es mit Blick auf das Auswuchten von Fahrzeugrädern Ihrer Erfahrung nach Unterschiede bezüglich des Know-hows im Reifenfachhandel und dem bei anderen Reifenvermarktern wie etwa Autohäusern, Kfz-Werkstätten oder Fast-Fittern (z.B. Pit-Stop, ATU)?
Jens Dahlheimer: Wir stellen oft fest, dass in Kfz- und Systemwerkstätten eine erschreckende Unwissenheit der Mechaniker bei technischen Fragen zu Reifen herrscht. Gute Kenntnisse sind hingegen bei vielen inhabergeführten Reifenfachbetrieben zu finden. Hier wird unseren Erfahrungen nach das entsprechende Personal permanent geschult. Bei Kettenbetrieben ist der Kenntnisstand oft von der Einstellung des entsprechenden Filialleiters abhängig. Auch sind bei Betrieben mit hoher Personalfluktuation oft fehlende Erfahrung und fehlendes Wissen festzustellen.
NRZ: Und wie sieht es aus Ihrer Sicht bei den genannten Betriebstypen in Sachen Ausstattung mit Auswuchtmaschinen aus? Sind sie da auf einem aktuellen Stand, oder besteht möglicherweise ein gewisser Nachholbedarf, was Investitionen in modernes Equipment betrifft?
Jens Dahlheimer: Die meisten Kettenbetriebe sind unserer Meinung nach auf dem aktuellsten Stand bezüglich der Ausstattung. Aber auch die inhabergeführten Reifenfachbetriebe sind oft vorne mit dabei. Generell gibt es sowohl bei den Ketten- als auch bei den kleineren Betrieben Musterkandidaten und sogenannte Nachzügler.
NRZ: Haben sich denn die Anforderungen, die rund um das Auswuchten an entsprechende Maschinen gestellt werden müssen, in der jüngeren Vergangenheit grundlegend geändert?
Jens Dahlheimer: Ein eindeutiges „Ja“. Die Anforderungen an das entsprechende Auswuchtequipment sind aufgrund der Weiterentwicklung der Kraftfahrzeugfahrwerke, also aufgrund der entsprechend empfindlicher reagierenden Fahrzeuge und moderneren Rad-Reifen-Systeme, gestiegen.
NRZ: Was muss eine moderne Auswuchtmaschine heute auf jeden Fall leisten können? Welche zusätzlichen Features sind sinnvoll und was ist entbehrlich?
Jens Dahlheimer: Auf jeden Fall sollte, neben dem Auswuchten, eine Rundlaufoptimierung mit der entsprechenden Maschine möglich sein. Alle anderen Ausstattungsmerkmale, wie zum Beispiel Profiltiefenmessung, hängen dann von den individuellen Anforderungen der Kunden ab.
NRZ: Gibt es vielleicht so etwas wie eine grobe Daumenregel wie die Wahl der „richtigen“ Auswuchtmaschine beispielsweise von der jeweiligen Betriebsgröße bzw. dessen Durchsatz an auszuwuchtenden Rädern abhängt?
Jens Dahlheimer: Nein, eine Daumenregel gibt es unserer Meinung nach nicht. Die Auswahl muss individuell erfolgen, jeder Betrieb hat unterschiedliche Anforderungen und für diese Unterschiede gibt es verschiedene Maschinentypen. Wir beraten die Unternehmen gern, damit die Auswuchtmaschine auch wirklich zu den jeweiligen Anforderungen passt.
NRZ: Wird die „Dienstleistung Auswuchten“ im Reifenhandel bzw. in Autohäusern/Werkstätten Ihrer Meinung nach eigentlich so vermarktet, wie es angesichts deren Bedeutung für ein laufruhiges Fahrzeug geboten ist?
Jens Dahlheimer: Nein, hier besteht ein eindeutiges Defizit und großes Verbesserungspotenzial. Die Kfz-Werkstattbetreiber müssen bezüglich der Wichtigkeit von gut ausgewuchteten und rundlaufoptimierten Rädern besser informiert werden. Dies trägt zur Sicherheit im Straßenverkehr bei und die Werkstätten haben unserer Meinung nach hier einen ganz hohen Stellenwert.
NRZ: Würden Sie insbesondere das Auswuchten im Zuge des saisonalen Umsteckens von Sommer- auf Winterbereifung und umgekehrt als Standard bei den genannten Betriebstypen bezeichnen oder wird hier nicht doch vielfach noch (Umsatz-)Potenzial verschenkt?
Jens Dahlheimer: Ganz klar wird hier Umsatzpotenzial verschenkt, wobei hier zunächst das Werkstattpersonal im ersten Schritt professionell geschult werden muss wie zum Beispiel in Institutionen wie der renommierten Stahlgruber-Stiftung.
NRZ: Abgesehen vom Angebot entsprechender Wuchtmaschinen und Verbrauchsmaterialien: Welche Hilfestellungen geben Sie darüber hinaus dem Fachhandel bzw. Kfz-Werkstätten rund um das Thema Auswuchten? Werden beispielsweise Schulungen angeboten?
Jens Dahlheimer: Im Rahmen der durch uns, aber auch durch die Stahlgruber-Gesellschafterstiftung und die Stahlgruber-Stiftung angebotenen Schulungen bemühen wir uns, die Kursteilnehmer entsprechend zu sensibilisieren und zu schulen. In unseren regelmäßig stattfindenden Trainings vermitteln wir Wissen und Neuigkeiten rund um die Radwuchtung. Zudem informieren wir die Teilnehmer ausführlich über die Möglichkeiten für Werkstätten, die dazu beitragen, das Autofahren sicherer zu machen.
NRZ: Wie würden Sie die Resonanz auf solche Angebote bezeichnen?
Jens Dahlheimer: Die Resonanz ist sehr unterschiedlich. Bei vielen Betrieben sind Schulungen bereits Standard. Bei ebenso vielen Betrieben jedoch auch nicht – zum einen aus zeitlichen Gründen, zum anderen ist einfach noch kein Gefühl für die Notwendigkeit für Personalfortbildung vorhanden. Wir raten den Betrieben zur regelmäßigen Teilnahme an Schulungen, denn es kommen stets Neuerungen bei den Maschinen oder generell auf dem Reifenmarkt hinzu. Es ist wichtig auf dem neuesten Stand zu sein, um seinen Kunden einen umfassenden Service anbieten zu können. cm
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