FW:01 und TW:01 – Ökologie und Sicherheit zusammengebracht

Aus Anlass der Produkteinführung der Winterreifentypen FW:01 und TW:01 hat die NEUE REIFENZEITUNG die Pirelli-Verantwortlichen Alberto Viganò (Marketing Truck weltweit) und Alessandro Ascanelli (Forschung & Entwicklung Truck weltweit) zu einem Interview bewegen können, bei dem sie unter anderem darlegen, wie und warum Ökologie und Sicherheit bei einem spezialisierten Produkt wie einem Lkw-Reifen zusammengebracht werden können und müssen. Darüber hinaus geben die beiden Gesprächspartner Einblicke die Lkw-Reifenstrategie Pirellis.

NRZ: Mit „FW:01“ und „TW:01“ bringt Pirelli zwei spezialisierte Winterreifen in den Markt. Wird es in Zukunft im Rahmen der „W-Linie“ auch spezielle Produkte für besonders harte Winter wie in Skandinavien geben oder deckt die Linie eher gemäßigte mitteleuropäische und nordische Verhältnisse gleichermaßen ab? Wird es „FW:01“ und „TW:01“ auch in außereuropäischen Märkten – zum Beispiel in Nordamerika – geben?

Alberto Viganò: Pirelli gehört zu den Unternehmen, die das „European Agreement on Road Safety“ unterzeicnet haben. Mit diesem Bekenntnis sieht sich Pirelli für die Sicherheit der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Bürger in die Verantwortung genommen. Die neuen FW:01 und TW:01 wurden speziell für die winterlichen Bedingungen in Europa designt; sie wurden optimiert, um kritische Situationen zu vermeiden und potentiellen Straßengefahren zu begegnen wie jene, die im letzten Winter auf vielen Straßen in Deutschland geherrscht haben. Sicherheit auf der Straße ist eine der Prioritäten in unserem Unternehmen, und wir werden sicherlich Lösungen für winterliche Bedingungen in allen Ländern anbieten – und zwar nicht nur in Europa. Natürlich in Übereinstimmung mit der Verschärfung der Vorschriften, die von den Partnern entwickelt wurden, um extrem hohe Straßensicherheitsstandards garantieren zu können.

NRZ: Wird es nach Lenk- und Antriebsachsreifen auch einen Anhänger-/Trailerreifen der „W-Linie“ geben und gegebenenfalls wann?

Alberto Viganò: Unsere Winterreifen wurden für die wichtigsten Lkw-Größen entwickelt und natürlich auch in Trailerreifengrößen wie 385/65 R22.5 und 385/55 R22.5, die durch unseren FW25 abgedeckt werden.

NRZ: Nachschneidbarkeit ist für viele Nutzer von Lkw-Reifen ein wichtiges Kaufkriterium. Welche Produktphilosophie verfolgt Pirelli in dieser Hinsicht?

Alberto Viganò: Wir befürworten das Nachschneiden von Reifen absolut. Eines der Pirelli-Ziele ist ökologische Nachhaltigkeit bei den Produkten, die „Low Impact“-Logos auf den Seitenwänden unserer Reifen sind eine Erinnerung unserer Botschaft an den Konsumenten. Über Entwicklungskriterien wie geringen Rollwiderstand und wenig Geräuschbelastung hinaus nutzen wir bei der Serie 01 die modernsten Technologien; diese sichern nicht nur eine lange Lebensdauer der Neureifen, sondern gewährleisten auch in perfekter Weise das Nachschneiden und die Runderneuerung. Das Ziel, die Lebensdauer des Produktes so weit wie möglich zu verlängern, ist die Antwort auf zwei grundsätzliche Erfordernisse: geringere Umweltbelastung und mehr Vorteile für die Flotten. Zusammengefasst bietet die W:01-Linie gute Runderneuerbarkeit, geringen Rollwiderstand und nutzt die von aromatischen Ölen freie HAOF-Gummimischung, wodurch die beste Kombination für moderate und extreme Winterbedingungen erreicht wird: für alle erdenklichen Fahrbahnbedingungen mit Schnee und Eis, gemischte Anwendungen, Gefälle und Temperaturen unterhalb von vier Grad Celsius.

NRZ: Ab wann sind die neuen Produkte verfügbar bzw. wann ist mit weiteren Größen über die bislang genannten vier hinaus zu rechnen?

Alberto Viganò: Die Produkte werden für die jetzt bevorstehende Wintersaison zur Verfügung stehen und das Portfolio so schnell ausgebaut wie möglich, um immer mehr Verbrauchern immer mehr Sicherheit bieten zu können. FW:01 und TW:01 stehen dem Markt in den Größen 315/80 R22.5, 295/80 R22.5 und 315/70 R22.5 im dritten Quartal, 315/60 R22.5 im vierten Quartal zur Verfügung.

NRZ: Die bisher in den Markt gekommenen „Serie:01“-Reifen sind unseres Wissens im Werk „Settimo“ hergestellt worden. Kommen von dort auch die beiden neuen Produkte und ist die Produktionsstätte aus der Nähe von Turin das einzige Werk im Konzernverbund, in dem solch technisch anspruchsvolle Produkte hergestellt werden können?

Alessandro Ascanelli: Die 01-Serie wurde in Settimo, dem Technologie Center von Pirelli, geboren, aber die Produktion auf andere Fabriken in der Türkei und in China ausgeweitet. Der Grund für diese Auswahl liegt darin, den meisten Fahrern weltweit diese Hochleistungsprodukte anbieten zu können. Dies ist nur möglich durch Nutzung der modernsten Technologien bei einem perfekten Zusammenspiel zwischen Forschung und Industrialisierung in den Produktionsstätten.

NRZ: Pirelli spricht von einem hohen Silica-Anteil in den neuen Reifen. Können Sie die Größenordnung nennen?

Alessandro Ascanelli: Bei den W:01-Produkten nutzen wir die Technologie der Zwei-Lagen-Laufflächengummimischung, also mit zwei unterschiedlichen Mischungen für die untere und die äußere Lage der Lauffläche. Diese äußere Lage mit der Kontaktfläche zur Fahrbahn ist ausgelegt auf hohe Laufleistung und Handling bei geringen Temperaturen, während die Gummilage darunter die Hitzeentwicklung im Reifen so weit wie möglich verringert, um strukturelle Haltbarkeit und Runderneuerungsfähigkeit der Karkasse garantieren zu können. Diese Leistungen werden durch einen hohen Prozentsatz Silica in beiden Lagen erreicht im Zusammenspiel mit einer effizienten Homogenität der Komponenten, die in Übereinstimmung steht mit den ökologischen Vorgaben (keine Verwendung aromatischer Öle).

NRZ: Gegner einer echten Winterreifenpflicht für Zugmaschinen argumentieren, aufgrund des hohen Naturkautschukanteils bei Lkw-Reifen, der die Gummimischungen nicht annähernd so schnell verhärten lässt wie bei Pkw-Reifen, seien die bisherigen mit M+S gekennzeichneten Produkte auf der Antriebsachse ausreichend. Wie sieht man dies bei Pirelli?

Alessandro Ascanelli: Die Vorschriften sind eindeutig: Mit M+S gekennzeichnete Reifen sind auf schneebedeckte Straßen abgestimmt. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Traktion von echten Winterreifen auf schneebedeckten Fahrbahnen anders ist. Die Serie W:01 ist speziell auf den Wintereinsatz ausgelegt und bietet mehr Traktion und Performance auf Schnee im Vergleich zu Allwetterprofilen. Unsere Anstrengungen bei der Entwicklung dieses Winterproduktes beinhalteten – neben der hohen Leistungsfähigkeit unter winterlichen Bedingungen – auch, unseren Reifen mehr Laufleistung zu geben verglichen mit nicht spezialisierten Produkten.

NRZ: Pirelli gilt bei Lkw-Reifen als Vorreiter der „Null-Grad-Technologie“. Ist diese Technologie mittel- oder langfristig auch die richtige Problemlösung für sich entwickelnde Märkte wie Südamerika, wo Ihr Unternehmen seit Jahren Marktführer ist, oder China, wo Ihr Unternehmen im Lkw-Bereich beim Markteinstieg nicht immer die Marktbedürfnisse getroffen hatte?

Alessandro Ascanelli: Unser „Zero Gradi“-Patent wurde im Jahre 1970 angemeldet und ist bis heute die am meisten kopierte Produktlösung. Es ist die perfekte Lösung, um das Reifenleben zu verlängern. Natürlich gab es in den Jahrzehnten danach eine ganze Reihe von Entwicklungsschritten, wie eben SATT (Spiral Advanced Technology for Trucks, d. Red.). Die aktuelle Null-Grad-Generation ist nicht nur auf europäische Bedingungen abgestimmt, sondern deckt auch Märkte ab bis hin zu „tropischen“ Bedingungen. Diese Technologie ermöglicht es uns, in Brasilien die Marktführerschaft zu verteidigen. Und das außergewöhnliche Feedback von Verbrauchern, die unseren „City MC95“ gekauft haben, bestätigt die hohe Qualität der SATT-Lösung. Was nun China anbelangt, so müssen wir den Markt in zwei Bereiche einteilen: „Überladung“ und „Standardbeladung“. Diese ungewöhnliche Situation kommt langsam zu einem Ende dank neuer Vorschriften und wird die Anzahl von Lkw mit Überlast auf den Straßen verringern. Aufgrund dieser erfreulichen Marktentwicklung haben wir uns dieses Jahr entschlossen, unsere letzte Produktgeneration FR:01/TR:01 sowie FH/FG/TG88 in China einzuführen. detlef.vogt@reifenpresse.de

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