Alcar-Gruppe rüstet Ambrosetti auf
Ja, das Geschäft mit Pkw-Stahlrädern muss sich dem mit Pkw-Aluminiumrädern erwehren. Ja, das Geschäft mit Pkw-Stahlrädern verliert seit Jahren Anteile gegenüber Pkw-Aluminiumrädern. Ja, das gilt sowohl für die Erstausrüstung wie fürs Ersatzgeschäft. Ja, das Pkw-Stahlrad ist dem Pkw-Aluminiumrad in optischer Hinsicht unterlegen. Aber: Heutige moderne Pkw-Stahlräder sind nicht mehr unbedingt schwerer als ihre Pendants, die den Ausdruck „Leichtmetall“ so gerne in den Vordergrund stellen. Und der preisliche Vorteil des Pkw-Stahlrades ist gegenüber dem gegossenen oder geschmiedeten aus Aluminium nach wie vor signifikant. Die bislang im Markt platzierten Hybride („Hybridrad“ von Alcar, „VersaStyle“ von Hayes Lemmerz) sind preislich zwischen Aluminium- und Stahlrad angesiedelt und bei genauerem Hinsehen doch eher Stahlräder mit dem Versuch der optischen Aufwertung zu sehen. Dieser Rädertyp hat es schwer im Markt, liegt er doch für den einen Verbraucher zu dicht am Aluminium-, für den anderen zu dicht am Stahlrad. Vielleicht benötigt der Markt auch schlicht keine Alternative zwischen den beiden marktbeherrschenden Rädertypen.
„Totsagen“ lässt sich das Hybridrad jedenfalls nicht, dafür ist es im Übrigen zu kurz im Markt, das Pkw-Stahlrad aber schon gar nicht: Es hat seinen Platz im Markt als Zulieferteil der Automobilhersteller von preissensiblen Modellen der Klein- oder Kompaktwagenklasse. Und es hat seinen Platz im Nachrüstmarkt für den preissensiblen Verbraucher, nach wie vor als Winterrad und in den Märkten, in denen individuelle automobile Aufwertung noch nicht so ausgeprägt ist wie im deutschsprachigen Raum: Genannt seien beispielhaft mediterrane Länder, in denen das Auto die überwiegende Funktion hat, von „A nach B“ zu gelangen, oder osteuropäische Länder, in denen die Kaufkraft dem Vordringen des Aluminiumrades noch und auf absehbare Zeit Grenzen setzt.
Den europäischen Erstausrüstungsmarkt für Stahlräder dominieren die Mefro-Gruppe und Hayes Lemmerz, dritter relevanter Spieler ist die italienische Magnetto-Gruppe mit Stahlräderwerken in Italien, Frankreich, Polen, Rumänien und Partnerschaften mit Iochpe-Maxion (Brasilien) mit Schwerpunkt auf dem amerikanischen Kontinent und Topy (Japan) mit Schwerpunkt auf dem asiatischen. Das europäische Ersatzgeschäft wird dominiert von der Alcar-Gruppe mit Vertriebsgesellschaften in allen relevanten nationalen Märkten. Die Alcar-Gruppe ist Distributeur von Pkw-Stahlrädern des Herstellers Hayes Lemmerz, hat in Manno bei Lugano (Schweiz) aber darüber hinaus unter dem Namen Ambrosetti Räder AG auch eine eigene Produktionsstätte. Von den durch die Alcar-Gruppe vertriebenen Pkw-Stahlrädern liegt der Anteil der bei Hayes Lemmerz hergestellten bei 60, der aus eigener Fertigung bei 40 Prozent.
Ambrosetti ist seit dem Jahre 1995 eine hundertprozentige Gesellschaft der Alcar Holding und im dortigen Firmengebilde bei der Kromag Metallindustrie angesiedelt. Manfred Wiedhalm trägt als Geschäftsführer der Alcar Holding GmbH sowie der Kromag Metallindustrie gleichermaßen auch für den Bereich Kfz Stahlräder und damit die Verantwortung für Ambrosetti. Der Schweizer Standort hat eine lange Geschichte – und wie unlängst erfolgte größere Investitionen belegen auch eine Zukunft, die die Investoren von der Alcar-Gruppe in rosaroten Farben sehen.
Auch ein Plus an Kapazitäten
Ambrosetti ist bereits im Jahre 1885 gegründet, die Räderproduktion 1921 aufgenommen worden. Damit lässt sich die Historie bis in die Anfänge der Automobilisierung zurückverfolgen. Im Jahre 1990 war Ambrosetti ein Gründungsmitglied des europäischen Verbandes der Räderhersteller EUWA. Das Werk gilt im Wettbewerbsvergleich eher als klein, konnte mit den jetzt erfolgten Investitionen allerdings die Jahreskapazität um rund zwanzig Prozent auf etwa 2,5 Millionen Einheiten hochschrauben. An dieser Stelle sollte nicht unerwähnt bleiben, dass dieser Kapazitätsausbau auch als Kompensation für ein vor etwa zweieinhalb Jahren geschlossenes wesentlich kleineres Schwesterwerk namens Consud (bei Neapel) gesehen werden kann.
In Manno sind zwei Felgenfertigungslinien mit verknüpften Einrichtungen zum Zusammenbau installiert und eine Radscheibenlinie. Für die Oberflächenbehandlung wird die Lackierstraße um eine Anlage zur Kataphorese-Grundierung und eine zur Decklackierung ergänzt. Das aktuelle Produktionsprogramm umfasst etwa 280 Radmodelle, aus denen die Offroad-Stahlräder der Marke Dotz Survival und das schon erwähnte Alcar-Hybridrad herausragen. Kunden sind einerseits die Alcar Holding mit ihren europaweit verstreuten Vertriebsgesellschaften für das klassische Ersatzgeschäft und andererseits OES-Kunden, womit im Wesentlichen japanische und koreanische Fahrzeugproduzenten bzw. -importeure gemeint sind.
Die Stärke des Werkes ist im Wettbewerbsvergleich die enorme Flexibilität, die es gleichzeitig ermöglicht, mit geringeren Losgrößen in der Produktion profitabel zu sein. Während die Serienproduktion bei Stahlrädern normalerweise wenigstens vierstellig sein sollte, um rentabel zu sein, können bei Ambrosetti dreistellige Losgrößen aufgelegt werden, was für Nischenprodukte wie beispielsweise das Hybridrad auch erforderlich ist. Die Umrüstzeit von einem Radtyp zum anderen dürfte bei Ambrosetti im Wettbewerbsvergleich unerreicht niedrig sein. detlef.vogt@reifenpresse.de
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