Die Rückkehr der Marke Artec
Vor ziemlich genau zwei Jahrzehnten hatte die NEUE REIFENZEITUNG einen Newcomer im damals so prosperierenden deutschen Ersatzmarkt für Aluminiumräder vorstellen können: Voller Enthusiasmus präsentierte ein gewisser Wolfgang Späth – bis dato zwar in der Branche erfahren, aber im Dienste anderer stehend – seine „Artec Autoteilehandelsgesellschaft“. Die war manchen Unkenrufen zum Trotz in den Folgejahren höchst erfolgreich, und Späth gelang es, in die damalige Phalanx etablierter Rädermarken einzubrechen.
Von diesen etablierten Rädermarken jener Zeit ist manche hinweggespült worden und auch Artec sollte es später nicht besser ergehen: Sukzessive eingegliedert in die RH-Gruppe und schließlich ganz geschluckt, wurde auch diese Marke ein Fall für die Insolvenzgerichte – und ist wie die als Premiummarke positionierte RH Alurad inzwischen „auferstanden aus Ruinen“, um ein wenig Pathos zu bemühen.
Dabei: Als RH Alurad im Herbst 2008 Insolvenz anmelden musste, kippte zwar auch Artec, stand vergleichsweise aber geschäftlich eigentlich ganz passabel da. Und hat auch jetzt, wo die Marke gut ein Jahr nach RH Alurad den Wiedereinstieg in den Markt sucht, gegenüber RH den Vorteil, keine Altlasten mit sich herumschleppen zu müssen – was Späth (56) erfreut. Freilich ist er in der neuen Artec, deren Geschäfte er wie bei RH Alurad gemeinsam mit Robert Böhmer (29) führt, heute Minderheitsgesellschafter.
Die Majorität der Anteile liegt bei der Unternehmensgruppe Böhmer, die am gleichen Standort Attendorn beheimatet ist wie RH und die Artec Automotive GmbH. Die letzteren beiden firmieren sogar unter der gleichen Adresse. RH und Artec sind rechtlich unabhängige Unternehmen, nutzen aber die gleichen Verwaltungsressourcen, haben auch ein gemeinsames Zentrallager sowie Zugriff auf eine dort installierte moderne Komplettradmontage, so die denn benötigt wird. Nach außen hin, im Vertrieb und beim Marketing, sollen beide Marken allerdings so klar wie irgendmöglich getrennt voneinander agieren und auch im Produktsortiment frei von Überschneidungen sein.
Preislich soll RH Alurad eher im gehobenen Bereich angesiedelt sein, Artec als Volumenmarke sicherlich darunter positioniert. Damals, bei Gründung Artecs im Jahre 1991, sprach Wolfgang Späth von einem marktkonformen Programm ohne extreme technische oder stilistische Experimente, wollte „vernünftige technische Freigaben“ und vor allem für Groß- und Einzelhändler sowie Verbraucher unproblematische Räder. Dieses Rezept soll auch mit der neuen Artec wieder funktionieren.
Die Anfangserfolge Artecs vom Beginn der 90er Jahre kann sich Wolfgang Späth noch allein ans Revers heften, beim Höhenflug stand ihm als Vertriebs- und Marketingverantwortlicher dann allerdings mit Jens Klausdeinken jemand zur Seite, der nicht nur vom Produkt begeistert ist, sondern auch Kunden begeistern kann. Vertriebs- und Marketingleiter der neuen Artec Automotive GmbH ist: Jens Klausdeinken (62), allseite bekannt in der Branche und von seinen Freunden KD gerufen.
Während RH Alurad mit einem Außendienst den Markt bearbeitet, suchen Späth und Klausdeinken den Artec-Markterfolg mit einem stützpunkthändlerähnlichem System. Während sich Wolfgang Späth um die Räderbeschaffung kümmert und dabei auch gelegentlich den Volumenvorteil mit zwei Marken bei Räderproduzenten aus Europa und Fernost zu nutzen weiß, reist Klausdeinken landauf, landab von potenziellem Händler zu Händler – und kann nach solch kurzer Zeit bereits eine beachtliche Adressliste namhafter Grossisten und Handelsketten präsentieren. KD ist – wie man ihn kennt – euphorisch: „Die Marke Artec hat trotz der Pause in den letzten Jahren einen großartigen Klang bei den Kunden und ist überhaupt nicht beschädigt.“ Die Akzeptanz im Markt erscheint aus dem Stand heraus wieder da zu sein. Späth allerdings mahnt zu Realismus: „Wir haben klare Vorstellungen, auch hinsichtlich der machbaren Volumina. Einen fliegenden Start kann es angesichts der aktuell äußerst knappen Produktionskapazitäten bei renommierten Räderherstellern fürs Frühjahrsgeschäft 2011 noch nicht geben. Vom Wintergeschäft in diesem Jahr werden wir uns aber mehr als nur eine Scheibe abschneiden können.“ detlef.vogt@reifenpresse.de
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