VDA-Präsident: Deutsche Hersteller gewinnen Marktanteile in USA

VDA-Präsident Matthias Wissmann anlässlich der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit/Michigan, USA: „Diese wichtigste Automobilmesse in Nordamerika findet zu einem guten Zeitpunkt statt: Der US-Markt spürt wieder Rückenwind, im Jahr 2010 legte der Light-Vehicles-Markt um elf Prozent auf knapp 11,6 Millionen Fahrzeuge zu. Natürlich sind die Höchstmarken der „Vorkrisenzeit“ noch nicht wieder erreicht. Aber es geht voran, die US-Bürger haben im vergangenen Jahr ein klares Votum für das Automobil abgelegt. Und auch für das Jahr 2011 gibt es Grund zur Zuversicht: Wir erwarten 2011 auf dem US-Markt ein Plus von ebenfalls elf Prozent auf 12,8 Millionen Light Vehicles.“

Es zeichne die deutsche Automobilindustrie aus, so der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, dass sie auch während der Krisenjahre nicht den Fehler gemacht habe, den US-Markt in seiner Bedeutung zu unterschätzen. Natürlich hätten China und seine Wachstumsdynamik große Aufmerksamkeit gefunden, „aber ich stelle hier in Detroit gern fest: Der US-Markt ist nach wie vor der größte Automobilmarkt der Welt – und das erwarte ich nach den jetzigen Prognosen auch für dieses neue Jahr 2011.

Für unsere Unternehmen ist der US-Markt von ebenso strategischer Bedeutung. Unabhängig von den kurzfristigen Faktoren verfügen die USA über langfristige positive Wachstumsindikatoren: Die US-Bevölkerung ist mit 37 Jahren im Durchschnitt deutlich jünger als in Deutschland (44 Jahre). Zudem weisen die Vereinigten Staaten ein Bevölkerungswachstum auf, das mit ein Prozent signifikant höher liegt als in Deutschland (+/- 0 Prozent).

Ich habe es Anfang 2009 in Detroit gesagt – und vor einem Jahr habe ich es hier wiederholt: Wir sind davon überzeugt, dass der US-Markt langfristig wieder auf einen Wachstumspfad einschwenken wird. Heute sehe ich mich in dieser Einschätzung vollauf bestätigt. Mehr noch: Der Wachstumsmotor läuft bereits mit ordentlicher Drehzahl. Wenn wir die Jahre 2011 und 2009 vergleichen, dann können wir feststellen, dass der US-Markt in diesem Zeitraum um 23 Prozent oder 2,4 Millionen Light Vehicles zunehmen wird.

Die Risiken sollten wir genauso klar benennen. Die Immobilienkrise ist noch nicht überstanden, die Arbeitslosenquote ist mit 9,8 Prozent immer noch vergleichsweise hoch. Der Consumer Confidence Index entwickelt sich zwar positiv, aber noch recht langsam. Dennoch: Der private Konsum wird 2011 voraussichtlich um 2,5 Prozent zulegen. Bereits 2010 war er – nach zwei rückläufigen Jahren – um 1,7 Prozent gestiegen. Die Investitionen werden 2011 um neun Prozent zulegen. Das Bruttoinlandsprodukt der USA wird damit 2011 um 2,6 Prozent steigen. Das ist stärker als in den meisten EU-Ländern 2011.

Das Jahr 2010 hat gezeigt: Die USA bleiben Autoland. Die Bürger setzen auch künftig auf die individuelle Mobilität. Sie brauchen das Auto und wollen darauf nicht verzichten. Angesichts der wieder höheren Preise für Benzin und Diesel an der Zapfsäule schauen sie immer mehr auf den Spritverbrauch. Gerade auf diesem Feld bieten die deutschen Hersteller maßgeschneiderte Modelle an, die in ihrer Kraftstoffeffizienz von keinem Wettbewerber übertroffen werden. Hinzu kommen Bestmarken bei Sicherheit, Qualität, Komfort und Fahrdynamik.

Deutsche Hersteller steigern Marktanteil

Wir freuen uns, dass wir die Erfolgsgeschichte fortschreiben können: Seit nunmehr sechs Jahren steigern unsere Hersteller kontinuierlich ihren Light-Vehicles-Marktanteil: von 5,1 Prozent im Jahr 2005 auf aktuell 7,6 Prozent. Allein im vergangenen Jahr legten sie um 0,3 Prozentpunkte zu und verkauften auf dem US-Markt 880.700 Fahrzeuge, ein Plus von gut 15 Prozent. Bemerkenswert ist, dass unser Marktanteilswachstum erneut sowohl im Car- als auch im Light-Truck-Bereich stattgefunden hat. Damit haben sich die deutschen Hersteller 2010 ein weiteres Mal besser geschlagen als ihre Wettbewerber.

Im Car-Bereich haben die deutschen Hersteller im Jahr 2010 ihren Absatz um zwölf Prozent auf gut 667.800 Einheiten gesteigert. Sie sind damit drei Mal so schnell gewachsen wie der gesamte Car-Bereich, der um gut vier Prozent auf 5,6 Millionen Fahrzeuge zulegte. Sie haben 2010 ihren Marktanteil im Car-Bereich um einen Prozentpunkt auf zwölf Prozent gesteigert – ein neuer Höchststand.

In der Oberklasse haben die deutschen Marken im vergangenen Jahr ihre dominierende Position ausbauen und ihren Marktanteil auf 47,1 Prozent steigern können (2009: 45,5 Prozent). Die Oberklasse – die nach der offiziellen Ward’s-Gliederung „Luxury Cars“ heißt – ist nicht mit der Segmentierung in Deutschland vergleichbar, sondern umfasst auch Modelle wie den BMW 1er, 3er und 5er, den Audi A3, A4, A6 sowie die C- und E-Klasse von Mercedes-Benz. Damit trägt fast jedes zweite Auto der Oberklasse, das 2010 in den USA verkauft wurde, ein deutsches Markenzeichen. Mit rund 400.000 Einheiten zählen sechs von zehn Passenger Cars, die die deutschen Hersteller in den USA abgesetzt haben, zu diesem Segment. Auch in der Mittelklasse sind die deutschen Marken präsent (VW Passat, VW CC).

Im Segment der Small Cars (Kleinwagen), das mittlerweile mehr als ein Drittel des gesamten Car-Sektors ausmacht (36 Prozent), sind die deutschen Marken gut positioniert. Ihr Marktanteil in diesem Segment erhöhte sich im vergangenen Jahr um einen ganzen Prozentpunkt auf 10,7 Prozent. Insgesamt wurden fast 220.000 Kleinwagen von deutschen Herstellern in den USA verkauft, ein Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit ist jeder dritte deutsche Pkw, der 2010 in den USA abgesetzt wurde, dem Kleinwagensegment zuzuordnen.

Bei Diesel-Pkw haben die deutschen Hersteller weiterhin eine dominierende Position mit einer Marktabdeckung von 100 Prozent. Noch wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass sich der US-Absatz von deutschen Clean-Diesel-Pkw im letzten Jahr um ein Drittel auf 55.650 erhöht hat (2009: 42.000). Das Modellangebot von Diesel-Pkw deutscher Marken wird kontinuierlich erweitert. Es besetzt nicht nur die Oberklasse, sondern zunehmend auch die Kompakt- und Mittelklasse. Diese Modelloffensive wird ihre Wirkung im laufenden Jahr weiter entfalten.

Bei den Light Trucks haben wir 2010 unseren Absatz um 28 Prozent auf rund 212.900 Einheiten gegenüber dem Vorjahr erhöht und damit unseren Marktanteil in den USA um 0,3 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent gesteigert. Der Light Truck-Markt insgesamt hat um gut 18 Prozent auf 5,9 Millionen Einheiten zugelegt. Wir sind also schneller gewachsen als unsere US-amerikanischen und asiatischen Wettbewerber.

Eine Erklärung hierfür ist, dass die deutschen Hersteller bei den Light Trucks mit zahlreichen Modellen vor allem in dem Segment vertreten sind, das seinen Anteil an den Gesamtzulassungen in den letzten fünf Jahren auf rund 25 Prozent verdoppelt hat (2010: 24,5 Prozent; 2005: 13 Prozent): den Cross Utility Vehicles (CUV). Die Deutschen punkten hier mit ihren attraktiven und kraftstoffeffizienten Modellen, die zunehmend auch als Hybridfahrzeuge angeboten werden, wie z. B. BMW ActiveHybrid X6, ML 450 Hybrid von Mercedes-Benz, Porsche Cayenne S Hybrid oder Volkswagen Touareg V6 TSI Hybrid. Es ist – neben dem Pick-up-Segment – das Wachstum des CUV-Segments, das dafür gesorgt hat, dass der Light-Truck-Bereich im abgelaufenen Jahr seinen Anteil an allen Light-Vehicles-Verkäufen auf 51,2 Prozent ausbauen konnte (2010: 47,5 Prozent).

Auch bei Diesel-Light-Trucks gehen die deutschen Marken auf die Überholspur und bieten immer mehr Modelle an, die vom Markt sehr gut aufgenommen werden. Ihr Anteil am gesamten Diesel-Light-Truck-Markt hat sich innerhalb von nur zwei Jahren mehr als verdreifacht und beträgt nun zehn Prozent (2009: 7,3 Prozent; 2008: 3,1 Prozent). Zu diesem Anstieg beigetragen haben beispielsweise die Clean-Diesel-Modelle Audi Q7, BMW X5, VW Touareg sowie die GL-, ML- und R-Klasse von Mercedes-Benz.

Auf dem gesamten Light-Vehicles-Diesel-Markt (265.000 Einheiten) – also Cars und Light Trucks gemeinsam – haben die deutschen Hersteller mit 76.650 Fahrzeugen damit ihren Marktanteil innerhalb von lediglich zwei Jahren vervierfacht – von sieben auf 29 Prozent. Gegenüber 2009 ist unser Anteil am Light-Vehicles-Diesel-Markt um vier Prozentpunkte gestiegen.

Die deutschen Hersteller haben Clean-Diesel-Modelle im Markt, die die anspruchsvollsten Abgasnormen (BIN 5) in allen 50 US-Bundesstaaten erfüllen. Im vergangenen Jahr hat sich der Dieselanteil an allen Light-Vehicles-Verkäufen leicht auf 2,2 Prozent erhöht (2009: 2,0 Prozent). Wir gehen davon aus, der Clean Diesel auch auf dem US-Markt weiterhin erhebliche Wachstumschancen hat. Eines hat auch das Jahr 2010 gezeigt: Die deutschen Hersteller werden an diesem Wachstum überproportional teilhaben.

Allerdings setzen die deutschen Hersteller nicht alles auf eine Karte, sondern verfolgen auf dem US-Markt – ebenso wie in Europa – ihre „Fächerstrategie“ bei den Antrieben: also Optimierung der klassischen Antriebe sowie Entwicklung alternativer Antriebe. Neben dem Clean Diesel und direkt einspritzenden Benzinern sind das hier in den USA vor allem die erwähnten neuen Modelle mit Hybridantrieb, die vom Markt bereits gut angenommen werden.

Zwei-Säulen-Strategie

Die deutschen Hersteller haben den Anteil der Light Vehicles, die in nordamerikanischen Produktionsstätten (Nafta-Raum) gefertigt und in den USA verkauft werden, im letzten Jahr leicht auf 29 Prozent ihres US-Absatzes erhöht (251.300 Fahrzeuge). Weitere 629.400 Einheiten oder 71 Prozent kommen aus europäischen Werken.

Die Zwei-Säulen-Strategie bei der Produktion, die unsere Hersteller auf dem US-Markt verfolgen, zahlt sich aus: So erhöhte sich der US-Absatz von im Nafta-Raum gefertigten Fahrzeugen um 18 Prozent, der der Importe aus Europa in die USA um 14 Prozent. Schritt für Schritt macht sich damit die deutsche Automobilindustrie unabhängiger von Währungsschwankungen. Zugleich unterstreicht diese Entwicklung die große Bedeutung Nordamerikas im globalen Produktionsverbund und als Exportdrehscheibe.

Im Nafta-Raum haben die deutschen Hersteller im vergangenen Jahr ihre Fertigung um 35 Prozent auf 722.000 Light Vehicles erhöht (435.000 Einheiten in Mexiko, 287.000 in den USA). Der Großteil davon ging in den Export; ein gutes Drittel wurde in den USA abgesetzt. Wir erwarten, dass der Anteil der Fertigung in den USA weiter zunehmen wird, vor allem aufgrund des noch für dieses Jahr vorgesehenen Produktionsstarts des VW-Werkes in Chattanooga, Tennessee. Auch die anderen deutschen Hersteller bauen ihre Präsenz auf dem US-Markt weiter aus. Insgesamt entfielen im vergangenen Jahr zwölf Prozent der gesamten Auslandsproduktion deutscher Hersteller auf den Nafta-Raum.

Wie stark der anziehende US-Markt sich auf den Produktionsstandort Deutschland auswirkt, zeigen die Exportzahlen: Im Jahr 2010 steigerten die deutschen Hersteller die Ausfuhr von in Deutschland gefertigten Pkw in die USA um 44 Prozent auf 516.000 Einheiten. Weitere 113.400 Fahrzeuge aus anderen europäischen Fertigungsstandorten wurden ebenfalls in die USA exportiert.

Die USA sind damit für die deutsche Automobilindustrie wieder das zweitwichtigste Exportland (nach Großbritannien und immer noch vor China): Der Anteil der USA am gesamten Pkw-Export der deutschen Marken beträgt zwölf Prozent. Wertmäßig betrachtet ist für die deutschen Hersteller der Export in die USA sogar auf Platz 1 (mit rund 13 Milliarden Euro).

Jeder sechste Mitarbeiter bei deutschen Herstellern beschäftigt

Die deutschen Hersteller beschäftigen in ihren Werken in den USA rund 25.000 Mitarbeiter. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein leichter Anstieg um etwa tausend Beschäftigte. Damit ist jeder sechste Mitarbeiter, der in den USA bei Automobilherstellern arbeitet, für eine deutsche Marke tätig. Im Nafta-Raum – also inklusive Kanada und Mexiko – sind 43.000 Mitarbeiter bei deutschen Herstellern beschäftigt. Die Zahl der Mitarbeiter bei deutschen Zulieferunternehmen in den USA ist um 2.000 Beschäftigte auf 52.000 gestiegen – das ist jeder achte Beschäftigte aller Zulieferer-Mitarbeiter in den Vereinigten Staaten.

Wir erwarten, dass 2011 für die deutschen Hersteller ein gutes Automobiljahr wird – auch in den USA. Die Voraussetzungen für weiteres Wachstum sind gegeben: Wir bauen unsere Produktionskapazitäten in den USA aus und haben das Ziel, unseren Marktanteil auch in diesem Jahr zu erhöhen. Betrachten wir das Volumen des US-Light-Vehicles-Marktes in 2011 von 12,8 Millionen Einheiten in Relation zu unserem Marktanteil, dann können wir beim Absatz in diesem Jahr die 1-Million-Marke erreichen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ dv

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