Michelin will in Le Mans mehr als „nur“ gewinnen
Reifenhersteller Michelin peilt bei den diesjährigen „24 Stunden von Le Mans“ am kommenden Wochenende seinen 13. Sieg in Folge an. Mit den Werksteams von Titelverteidiger Peugeot und Seriensieger Audi vertrauen die Top-Favoriten erneut auf die seit 1998 an der Sarthe ungeschlagene Premiummarke. Für die 2010er-Ausgabe des berühmtesten Langstreckenrennens der Welt haben sich die Spezialisten aus Clermont-Ferrand neben dem Gesamtsieg jedoch noch weitere hohe Ziele gesteckt: Allen voran soll die Laufleistung zwischen zwei Reifenwechseln nochmals erhöht werden. Die längere Lebensdauer der Pneus erspart den Partnerteams nicht nur wertvolle Zeit an den Boxen, sie verringert auch den Ressourcenverbrauch und überträgt damit die Umweltphilosophie von Michelin von der Straße in den Spitzenrennsport.
Nie zuvor hat sich Michelin die Messlatte selbst so hoch gelegt: Bei den „24 Stunden von Le Mans“ will die französische Weltmarke nicht nur den 19. Sieg insgesamt und den 13. Triumph in Folge erzielen, sondern nach 2008 und 2009 erneut in allen vier Wertungsklassen siegen. Und weil den Ingenieuren, Chemikern, Entwicklern und Technikern aus Clermont-Ferrand diese Herausforderung anscheinend nicht genügt, wollen sie auch in puncto Performance, Dauerhaltbarkeit, Vielfalt und Umweltverträglichkeit ihrer Rennreifen neue Maßstäbe setzen.Stichwort Performance: „Von 2007 bis 2010 haben sich die Prototypen-Rennreifen stärker verändert als in den zehn Jahren zuvor“, erklärt Serge Grisin, Leiter der Automobilsportaktivitäten bei Michelin Competition. „Allein von 2007 auf 2008 stieg die Durchschnittsgeschwindigkeit im Qualifying um zehn km/h, der aerodynamische Abtrieb der LMP1-Prototypen nahm seit 2000 im Schnitt um rund zehn Prozent pro Jahr zu. Während die Top-Speeds in etwa gleich blieben, stiegen die Kurvengeschwindigkeiten enorm an. Und gerade dort spielt sich die größte Belastung für die Reifen ab.“ Durch Änderungen des Technischen Reglements – wie kleinere Restriktoren oder beschnittene Aerodynamik – stabilisierten sich zwar die Rundenzeiten, gleichzeitig wünschten sich die Fahrzeughersteller aber längere Stints, das heißt größere Distanzen zwischen zwei Tankstopps. Ergebnis: Michelin stellt seinen Partnern heute Reifen zur Verfügung, die nicht nur über die gesamten 24 Stunden volle Attacke ermöglichen, sondern diese Performance auch noch über einen deutlich längeren Zeitraum bieten.
Stichwort Dauerhaltbarkeit: „Würden die LMP1-Prototypen seit Jahren mit den gleichen Reifenspezifikationen an den Start gehen, würden die Pneus wegen der laufend gestiegenen Performance der Boliden jedes Jahr einen Stint kürzer halten. Theoretisch wäre die Lebensdauer eines Le-Mans-Reifens also nach drei oder vier Jahren bei Null angekommen“, beschreibt Serge Grisin die Herausforderung etwas humorvoll. Realistischer ausgedrückt: „Ein Reifen, der 2005 in Le Mans noch über drei Stints tadellos funktionierte, würde dieses Jahr auf den besten Prototypen nicht einmal einen Stint durchhalten.“ Michelin will mit den steigenden Anforderungen jedoch nicht nur Schritt halten: 2010 sollen die Rennreifen aus Clermont-Ferrand in der LMP1-Kategorie sogar durchgehend Vierfach-Stints ermöglichen. Das entspricht einer Laufleistung von rund 650 Kilometern. „Seit 2009 dürfen noch weniger Mechaniker gleichzeitig am Auto arbeiten, ein Reifenwechsel kostet also mehr Zeit. Die Ausdauerqualitäten unserer Reifen gewinnen dadurch noch deutlicher an Bedeutung“, so Grisin. Im vergangenen Jahr absolvierten die Spitzenautos bei kühleren Temperaturen in der Nacht bereits einzelne Vierfach-Stints, 2010 soll diese Laufleistung bei den Partnerteams von Michelin zum Standard werden. „Wir haben eine völlig neue Palette noch haltbarerer Reifen, die zugleich dieselbe Spitzenleistung, Konstanz und Sicherheit bieten, die unsere Partner von uns kennen.“Stichwort Vielfalt: Erstmals in seiner Le-Mans-Historie wird Michelin seinen Partnern in der Top-Kategorie LMP1 unterschiedliche Slickspezifikationen zur Verfügung stellen. „Es geht dabei nicht um große Abweichungen. Unsere Reifenköche fügen nur je nach individuellem Geschmack des Kunden sozusagen eine Prise Salz oder Pfeffer hinzu“, schränkt Serge Grisin ein. Bislang nutzen Peugeot und Audi, seit 2007 die Protagonisten des Langstreckenklassikers, dieselben Reifentypen für ihre Turbodiesel-Boliden. „Die passten perfekt zu den Autos. Außerdem legten beide Wert darauf, mit identischem Material gegeneinander anzutreten. Mittlerweile haben Audi und Peugeot die Motorcharakteristik, die Aerodynamik oder die Traktionskontrollen ihrer Prototypen jedoch so spezifisch weiterentwickelt, dass sie etwas abweichende Wünsche an uns hatten.“
Die Reaktion von Michelin: „Wir haben allen unseren Partnern – Audi, Peugeot, Aston Martin und weitere – eine große Palette an Trockenreifen angeboten. Daraus wählen sie jetzt die Spezifikationen, die zu ihren Zielen in puncto Laufleistung und Rundenzeit sowie zu den persönlichen Fahrstilen ihrer Piloten passen.“ Michelin entwickelte rund 60 verschiedene Optionen – „Bausteine“ genannt – und verglich sie Ende 2009 in Misano bei unabhängigen Testfahrten. Die besten Bausteine bildeten daraufhin die Basis für zehn Reifentypen, die von den Le-Mans-Partnerteams getestet wurden. Abhängig von Parametern wie Fahrzeugbalance, Gewichtsverteilung, mechanischer und aerodynamischer Abstimmung sowie dem erwünschten Ansprechen auf Lenkbefehle (progressiv oder unmittelbar) wählten die Partner daraus ihre Trockenreifen für die 24-Stunden-Distanz. „Die Unterschiede zwischen den einzelnen Spezifikationen sind relativ klein und manchmal nur subjektiv“, betont Serge Grisin. „Unsere LMP1-Partner Aston Martin und Rebellion beispielsweise haben sich für abweichende Reifenpaletten entschieden, obwohl sie das gleiche Lola-B10/60-Chassis benutzen.“Stichwort Umweltverträglichkeit: Die längere Haltbarkeit der Rennreifen stellt auch aus Umweltsicht einen weiteren Fortschritt dar. 2009 beispielsweise verbrauchten die Partnerteams von Michelin rund 25 Prozent weniger Reifen als 2006. Und je weniger Pneus für die 24-Stunden-Distanz benötigt werden, desto weniger müssen produziert und transportiert werden. Beides schont natürliche Ressourcen und entlastet die Umwelt. Diesen Trend will der Premiumhersteller mit seinen Neuentwicklungen für 2010 fortsetzen. Am kommenden Wochenende stattet Michelin 34 der 55 gemeldeten Fahrzeuge aus. Trotzdem reicht ein Kontingent von 6.500 Reifen – inklusive Regenreifen – für alle Partnerteams in den vier Kategorien.
Michelin ist Partner der Sieganwärter in allen vier Klassen
Mit 19 Siegen bei den berühmten „24 Stunden von Le Mans“ gilt Michelin längst als das Maß der Dinge im Langstreckenrennensport. Bei der 78. Auflage des Klassikers auf dem Circuit de la Sarthe vertrauen in allen vier Kategorien die Favoriten auf die französischen Pneus. Die „große“ Prototypen-Klasse LMP1 steht erneut im Zeichen des Duells zwischen den Werksteams von Audi und Peugeot. Die im Vorjahr siegreichen „Löwen aus Sochaux“ setzen drei Peugeot 908 HDI FAP mit den Besatzungen Alexander Wurz/Marc Gené/Anthony Davidson, Nicolas Minassian/Stéphane Sarrazin/Franck Montagny sowie Sébastien Bourdais/Pedro Lamy/Simon Pagenaud ein. Einen weiteren 5,5-Liter-Turbodiesel bringt das Oreca-Team für Olivier Panis/Nicolas Lapierre/Loïc Duval ein. Audi hält mit drei werksseitig eingesetzten Audi R15 TDI dagegen. Die Startnummer 7 wird von der „All-Star-Besetzung“ aus Dindo Capello, Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen und Allan McNish pilotiert. Ihnen zur Seite stehen die Teams Marcel Fässler/André Lotterer/Benoît Treluyer und Timo Bernhard/Romain Dumas/Mike Rockenfeller. Für Überraschungen im Kampf der Giganten wollen die beiden Werks-Aston Martin sowie die zwei Audi R10 TDI des Teams Kolles sorgen – auch sie auf Rennreifen von Michelin. In der LMP2-Kategorie versorgt Michelin zwar nur zwei der zwölf gemeldeten Rennställe, hat mit den beiden HPD-ARX 01c von Highcroft Racing und Strakka Racing aber zwei heiße Eisen im Feuer. Bei den spektakulären LMGT1-Fahrzeugen ist der französische Reifenhersteller auf einem Saleen S7R, drei Ford GT sowie dem Aston Martin DBR9 des Teams Young Driver AMR vertreten. In der LMGT2, wo sich 2010 die Traumautomarken Porsche, Ferrari, BMW, Corvette, Jaguar, Aston Martin und Spyker einen epischen Kampf liefern werden, rüstet Michelin 13 der 18 Teams aus. dv
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