Stöcken-Mitarbeiter lassen sich gerne abfinden – Hoffnung bleibt
Das Abfindungsprogramm im Continental-Reifenwerk in Hannover-Stöcken wird von den verbliebenen Mitarbeitern offenbar unerwartet gut aufgenommen. Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung unter Berufung auf Betriebsratschef Michael Deister schreibt, habe der Hersteller sogar manchen, der wollte, nicht ins Programm aufnehmen können. Bis zum Ende des Jahres werden rund 170 Beschäftigte den freiwilligen Wechsel in eine Transfergesellschaft vereinbart haben. Die Abfindungen dafür liegen bei bis zu 190.000 Euro brutto. Auch Continental bewertet die Resonanz als „besser als erwartet“, wie eine Sprecherin erklärte.
Conti hatte im Frühjahr die Schließung der Reifenproduktion angekündigt, so die HAZ weiter, entschied sich aber nach starkem Widerstand aus der Belegschaft und der Ausdehnung der Kurzarbeit durch die Bundesregierung auf 24 Monate für ein mehrstufiges Abbaumodell. Es sieht im ersten Schritt das Abfindungsprogramm einschließlich 10.000 Euro Bonus für Schnellentschlossene bis Ende des Jahres vor. Vom kommenden Jahr an wird die Produktion zunächst still stehen, für die verbliebenen 600 Beschäftigten gilt Kurzarbeit null. Bis zu zwei Drittel ihres letzten Nettolohns bekommen sie von der Arbeitsagentur. Ein gewaltiger Unterschied zur aktuellen Arbeitszeit ist das Modell für die Betroffenen nicht: Derzeit sind sie auch nur zwei, drei Tage pro Woche im Werk.
Erst im Mai entscheidet sich anhand der dann vorliegenden Absatzprognosen, ob wenigstens eine Produktionszelle mit Arbeit für 300 Beschäftigte Anfang 2011 wieder angefahren wird, heißt es weiter in der Zeitung. Mit anderen Worten: Im „besten“ Fall muss im Sommer jeder Zweite gehen, im schlechtesten bleibt keiner der einst 780 Mitarbeiter an Bord. Die Hängepartie macht vielen Betroffenen zu schaffen. „So mancher will für sich klare Verhältnisse haben“ und schon jetzt mit Abfindung in die Transfergesellschaft wechseln, so Michael Deister.
Allerdings habe man nicht mit jedem Interessenten ein Abfindungsangebot machen können. Schließlich gelte es, alle nötigen Kompetenzen und Fertigkeiten für den Fall vorzuhalten, dass die Fabrik deutlich verkleinert neu startet. „Die Chance dafür ist da, aber sie ist klein“, räumte der Arbeitnehmervertreter ein. Zwar gingen die Absatzzahlen seit August wieder bergauf, aber mit einer minimalen Steigung und aus einem sehr tiefen Tal kommend. In diesem Jahr werde das Werk, das auf 1,4 Millionen Reifen ausgelegt ist, vielleicht ein Fünftel davon, also rund 280.000 Reifen, herstellen.
Selbst für die eine Produktionszelle reicht das noch nicht. Sie kann 500.000 Reifen jährlich auswerfen. Allerdings habe man sich darauf geeinigt, die Produktion anzufahren, wenn ein Absatz von mindestens 350.000 Stück absehbar sei, berichtete Deister weiter laut HAZ. Inzwischen seien die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, dass selbst diese Kleinfabrik wirtschaftlich betrieben werden kann. Dafür musste sie von Kosten der Infrastruktur auf dem 70 Fußballfelder großen Werksgelände, das auch die Reifenentwicklung, Vormaterialien- und Maschinenfabrik sowie Produktionen von ContiTech und Teves umfasst, befreit werden – etwa dadurch, dass gut 50 Beschäftigte der konzernweiten Entgeltabrechnung von Vahrenwald nach Stöcken wechseln. Insgesamt arbeiten mehr als 3.000 Menschen bei Conti im Nordwesten Hannovers.
Die Betriebsräte haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich das Geschäft bis zum Frühjahr noch ausreichend erholt. Derzeit erhole sich das Ersatzgeschäft bei Nutzfahrzeugreifen deutlich schneller als die Erstausrüstung. Continental komme dabei zugute, dass die Hannoveraner traditionell gut zwei Drittel ihres Umsatzes jenseits der Hersteller erwirtschaften.
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