“Pseudowinterreifen” mit M+S-Markierung beim ÖAMTC im Test

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In Österreich dürfen Pkw seit 1. November bei winterlichen Fahrbedingungen nur mit Winterausrüstung unterwegs sein – also mit Sommerreifen und Schneeketten oder mit Winterreifen. Die spannende Frage lautet angesichts dessen nun, woran ein Winterreifen zu erkennen ist. „In Österreich gilt ein Reifen als Winterreifen, wenn er die Kennzeichnung M+S (Matsch+Schnee) und mindestens vier Millimeter Profiltiefe aufweist“, erklärt der beim Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touringclub (ÖAMTC) auf das Thema Reifen spezialisierte Friedrich Eppel. Wer sich nur darauf verlässt, kann seinen Worten zufolge allerdings ziemlich ins Schleudern kommen.

Denn weder in Österreich noch international gebe es ausreichend definierte Standards, wofür die Bezeichnung M+S verwendet werden darf. Laut internationaler ECE-Regelung sind M+S-Reifen solche, bei denen Laufflächenprofil und Struktur „so konzipiert sind, dass sie vor allem in Matsch und frischem oder schmelzendem Schnee bessere Fahreigenschaften gewährleisten als normale Reifen“. Ergänzend zu dieser recht schwammigen Charakterisierung ist in dem ECE-Regelwerk darüber hinaus zwar noch die Rede davon, dass das Laufflächenprofil von M+S-Reifen im Allgemeinen durch „größere Profilrillen und/oder Stollen“ gekennzeichnet ist, die voneinander durch „größere Zwischenräume getrennt sind, als dies bei normalen Reifen der Fall ist“. Doch vielmehr Klarheit bringt auch das nicht, und deshalb kritisiert der ÖAMTC denn auch, dass damit weder die Eigenschaften exakt definiert werden, die ein M+S-Reifen aufweisen muss, noch diejenigen, die einen „normalen Reifen“ charakterisieren.

„Die fehlenden Standards führen nun dazu, dass schon reinrassige Sommerreifen mit der M+S-Kennzeichnung auf dem Markt sind“, warnt Eppel vor den möglichen Folgen für die Fahrsicherheit eines damit ausgerüsteten Autos. Das Schlimme daran: Zumindest in Österreich gelten solche Produkte vor dem Gesetz, das ja lediglich nach dem M+S-Symbol und mehr als vier Millimetern Profiltiefe verlangt, als Winterreifen. Mit Blick auf Deutschland könnte man zwar argumentieren, dass hierzulande eine „geeignete Bereifung“ vorgeschrieben wird, doch ob ein Verbraucher erkennen/wissen muss, dass ein lediglich mit M+S-Symbol versehenes Sommerprofil eben keine ausreichenden Wintereigenschaften bietet und damit eher keine geeignete Bereifung in der kalten Jahreszeit darstellt, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Wie dem auch sei: Um zu demonstrieren, welche Folgen eine fehlende Winterreifendefinition haben kann, hat der ÖAMTC einen Spezialreifentest „M+S-Sommerreifen“ gegen Winterreifen durchgeführt. Dabei mussten die vier M+S-markierten und als Hochgeschwindigkeitssommerreifen bezeichneten Modelle GT Radial „Champiro 128“, Westlake „R-VH 680“, Achilles „ATR Sport“ und Triangle „Talon GLS TR928“ gegen den im jüngsten Winterreifenvergleich der europäischen Automobilklubs als „sehr empfehlenswert“ eingestuften Continental „WinterContact TS 830“ antreten. Stellen mussten sich die – so der ÖAMTC – „aus dem Billigsortiment fernöstlicher Hersteller“ stammenden Reifen Tests der Traktionskraft sowie in den Disziplinen ABS-Bremsen und Anfahren mit Traktionskontrolle auf Schnee.

Beim Anfahren auf Schneefahrbahn sollen die „M+S-Sommerreifen“ teilweise nur bis zu einem Drittel der Traktionskraft des mit Winterreifen ausgestatteten Fahrzeugs auf den Boden gebracht haben. Um aus dem Stand weg auf eine Geschwindigkeit von 30 km/h zu beschleunigen, habe das Testfahrzeug mit dem Winterreifen eineinhalb Sekunden benötigt, der schlechteste „Pseudowinterreifen“ allerdings fast fünf Sekunden. „Gefährlich wird es beim Bremsen auf Schnee: Aus 50 km/h steht das mit Winterreifen ausgestattete Fahrzeug auf Schneefahrbahn nach 29,5 Metern, das gleiche Auto mit den schlechtesten ‚M+S-Sommerreifen’ braucht mehr als doppelt so lange bis zum Stillstand (69,4 m)“, erklärt Friedrich Eppel. Beim ebenfalls getesteten Nassbremsen mit ABS hätten alle Sommerreifen, wenn auch teils „nur äußerst knapp“, und natürlich der Premiumwinterreifen die geringen Anforderungen der ECE-Norm erfüllt.

Der ÖAMTC sieht diese Ergebnisse als Bestätigung dafür, dass keiner der getesteten „M+S-Sommerreifen“ auch nur annähernd mit dem Winterreifen mithalten kann. „Winterreifen sollte man nur mit Fachberatung kaufen. Sonst kann es schon sein, dass am Ende teuer bezahlt, wer billig gekauft hat“, rät Eppel abschließend.

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