Marangoni restrukturiert Bereich „Tyre Retreading“
„Unser Unternehmen – genau wie alle anderen Unternehmen der Reifenbranche auch – ist keine Insel, vollständig in sich selbst.“ Mit diesen klassischen Worten erläutert Brenno Benaglia die Tragweite der ökonomischen Auswirkungen der aktuellen Rezession, die weit mehr einer strukturellen als einer zyklischen Krise gleiche. Trotz eines deutlichen Rückgangs der Produktions- und Absatzzahlen bei runderneuerten Lkw- und Pkw-Reifen, bleibt der Sales & Marketing Director im Geschäftsbereich Marangoni Tyre Retreading zuversichtlich, gestärkt aus der Krise hervorzugehen und betont im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG, dass Marangoni weiter an der vor zwei Jahren offiziell verkündeten Wachstums- und Expansionsstrategie festhalten wolle.
Europaweit ist im vergangenen Jahr der Absatz runderneuerter Lkw-Reifen vermutlich zwischen zehn und 20 Prozent zurückgegangen, schätzt Brenno Benaglia. In Italien zum Beispiel, wo Marktführer Marangoni rund drei Viertel der im Hauptwerk in Rovereto gefertigten Runderneuerten vermarktet, habe man etwa einen Rückgang von 15 Prozent verzeichnet. Die Zahlen können allerdings in den einzelnen Märkten voneinander abweichen, so der Sales and Marketing Director. Obwohl auch Brenno Benaglia davon ausgeht, dass mittelfristig die Runderneuerung im Verhältnis zu den Neureifenherstellern wieder Marktanteile gewinnen wird, sieht die aktuelle Situation offenbar anders aus.
Europaweit müsse man also mit einem Rückgang bei den Absätzen von neuen Lkw-Reifen in der Größenordnung von zehn bis 15 Prozent rechnen. „Ich glaube aber, dass der Neureifensektor weniger verloren hat als die Runderneuerung“, betont er. Dies sei teilweise durch den Wettbewerb mit günstigen chinesischen Importreifen – gerade während der ersten Jahreshälfte – und durch die schlechtere Qualität der Karkassen zu erklären, die eben länger genutzt und zum Teil kaputtgefahren werden. Benaglia mache aber ein „zurückgehendes Interesse“ bei der Nachfrage nach China-Reifen aus.
„Diese Art Krise wird aber dem Runderneuerungsektor helfen“, so Benaglia, und betont dabei den azyklischen Charakter der gesamten Branche: In der Krise denken Leute eher über den Wieder- bzw. Weitergebrauch eines Produktes nach, in diesem Fall ihrer Reifen.
Dass Marangoni, entgegen einem allgemeinen Marktrückgang von rund 15 Prozent, beim Absatz von runderneuerten Lkw-Reifen auf seinem wichtigen Heimatmarkt Italien nur rund neun Prozent an Umsatz verloren hat, deutet darauf hin: der Geschäftsbereich Tyre Retreading steht trotz der Krise auf vergleichsweise sicheren Beinen. Dennoch sei es wichtig, weiterhin die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.
Eine dieser Maßnahmen etwa ist die Schließung der Fabrik in Feltre, wo Marangoni runderneuerte Pkw-Reifen produziert hat; die Produktion wird im Hauptwerk Rovereto fortgeführt. Brenno Benaglia führt die Maximierung von Synergien und Produktionseffizienzen an, die durch die Zusammenführung von Pkw-, Lkw- und EM-Reifenrunderneuerung im „Industriekomplex in Rovereto“ erzielt werden sollen.
Weitere „notwendige strukturelle Aktionen“, um die Wettbewerbsfähigkeit des Geschäftsbereiches und der gesamten Marangoni-Gruppe zu sichern, die rund 65 Prozent ihres Umsatzes mit der Runderneuerung erzielt (dazu zählt auch die Materialherstellung), sei nun etwa auch die direkte Entlassung von Mitarbeitern, nachdem der Abbau von Überstunden, etc. nicht mehr ausreiche, um das Produktionsniveau auf Nachfrageniveau zu bringen. Wie Brenno Benaglia betont, spreche man derzeit mit den Gewerkschaften über die Modalitäten. Auch solle die Verlagerung der Industriereifenfertigung von Italien nach Sri Lanka beschleunigt werden; bereits im März soll dort die erste Ausbaustufe eines neuen Werkes in Betrieb gehen. Insgesamt, so der Sales and Marketing Director weiter, werden durch diese Maßnahmen 150 Menschen im Geschäftsbereich ihre Arbeitsplätze verlieren.
Vor zwei Jahren hatte Marangoni Tyre Retreading eine Wachstums- und Expansionsstrategie verkündet, die den Geschäftsbereich stärker auch auf anderen europäischen Märkten mit seinen runderneuerten Lkw-Reifen verankern sollte. An dieser Strategie will man weiterhin festhalten, betont Benaglia. Während Marangoni eigener Aussage zufolge bei EM-Reifen bereits heute größter Runderneuerer in Europa ist und außer in Spanien und Portugal auf fast allen Märkten sehr gut vertreten, sollen die runderneuerten Lkw-Reifen aus dem Werk in Rovereto (jährliche Produktionskapazität von 200.000 Reifen, wobei die Auslastung bei über 70 Prozent liegt) künftig stärker auf strategischen Märkten wie Frankreich, Großbritannien oder Ungarn vermarktet werden. „Der Deutsche Markt“, so Benaglia weiter, „ist nicht Teil unserer unmittelbaren Planung.“
Die territoriale Ausdehnung soll dabei unterstützt werden durch ein weiter verbessertes Produktsortiment, das auf „ein halbes Jahrhundert langer Aktivität im Runderneuerungssektor“ und einer „besonderen Verpflichtung zur Forschung“ aufbauen kann, wie Benaglia weiter betont. Das Marangoni Group Research Centre sei aktuell dabei, die Serienproduktion von neuen Mischungen für die Heißrunderneuerung (macht rund 87 Prozent der Lkw-Reifenproduktion in Rovereto aus) vorzubereiten, die schließlich den Rollwiderstand des runderneuerten Lkw-Reifens verringern und somit kosequenterweise auch den Benziverbrauch. Dazu gehören etwa die Produktlinien „Ecoenergy“ und „Ecomaster“.
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