Werner Flebbe: Ein Arbeitsleben für Conti-Reifen
Werner Flebbe (63) ist nach eigenem Bekunden „von Haus aus Mathematiker. Als solcher trat er 1970 in die Dienste der Continental AG und beschäftigte sich dort anfangs mit Grundlagenforschung und später mit der Pkw-Reifenentwicklung. Nach weiteren Zwischenstationen wurde Flebbe dann 1996 die Leitung der Business Unit Landwirtschaftsreifen übertragen. Was er nicht ahnte, jedenfalls nicht wissen konnte: Damit war der Abschied aus dem Continental-Konzern vorgezeichnet. Traurig brauchte er dennoch nicht zu sein, weil insbesondere die letzten Jahre noch einmal eine große berufliche Herausforderung darstellten.
Continental gehörte Mitte der 90er Jahre nicht zu den wirklich führenden Anbietern im Bereich Landwirtschaftsreifen. Die Wettbewerbsfähigkeit war dennoch durch die Konzentration der Produktion dieser Reifen auf Otrokovice gegeben. Nun hätte es aufwärts gehen können, wenn, ja wenn dasConti-Management es gewollt hätte. Dann aber wären Investitionen in Produkte erforderlich gewesen, der gesamte Radialsektor stand erst mehr oder weniger am Anfang. Die Sache mit den Investitionen klappte allerdings unter der Führung des sehr anspruchsvollen „Sparfuchses“ Wennemer nicht so recht. Flebbe erinnert sich, dass Investitionsanfragen und Investitionsanträge zunächst mal zwischen sieben bis zehn Unterschriften aus dem Konzern benötigten, um Aussicht auf Erfolg haben zu können und wenn andere Geschäftsfelder einen schnelleren „Return“ versprachen, war für Landwirtschaftsreifen auch nichts zu gewinnen. Spezialitäten dieser Art waren zwar noch Reifen, sollten aber dennoch nicht mehr zum Kerngeschäft des Conti-Konzerns gezählt werden. Der Verkauf an Trelleborg war mehr oder weniger bereits beschlossene Sache bis Wennemer sich in beinah letzter Minute im Jahr 2004 doch für CGS bzw. Mitas entschied.
Werner Flebbe wechselte von der Conti zu seinem neuen tschechischen Arbeitgeber, der erst nach dem Zusammenbruch des Ostblocks entstanden war. Er leitete von Hannover aus nicht allein das Deutschland-Geschäft der Firma CGS und die Ersatzmärkte für Landwirtschaftsreifen, sondern er wurde in dieser Schlüsselrolle auch stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Muttergesellschaft Mitas AS in Prag. Diese Unternehmensgruppe konzentriert sich auf Landwirtschafts-, Industrie- und sonstige Spezialreifen. Allerdings machen Landwirtschaftsreifen den weitaus größten Teil des Geschäfts aus.
Es fiel Außenstehenden nicht immer leicht, Werner Flebbe zu glauben, dass die Welt für seinen geschäftlichen Bereich nun wesentlich besser geworden sei. Doch das erklärt sich aus den neuen Strukturen. Die Nähe des Eigentümers habe sich stets nachhaltig und positiv bemerkbar gemacht. Für diesen war und ist Kerngeschäft was für einen großen Konzern eher stiefmütterlich am Rande geführt wurde.
Werner Flebbe hat diesen Übergang vollzogen. Leicht war es wohl nicht immer, aber der Erfolg gibt ihm recht. Unter allen Fabrikaten war und ist die Marke Continental bis heute die mit dem besten Klang, die bekannteste, eine Marke mit Inhalten und mit gutem Image. Allerdings verfügt Mitas nicht über die Namensrechte, sondern ist Lizenznehmer. Wie das endet, kann man bei Trelleborg/Pirelli sehen. Das Recht zur Markennutzung ist ausgelaufen und zu den Gründen kursieren unterschiedliche Begründungen. Umso nachhaltiger wird Mitas versuchen, einen möglichst guten Übergang von „Conti-Marken“ auf die Marke Mitas zu finden.
Flebbe hat hier im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mitgeholfen. Dabei ging es ja nicht allein darum, einen Übergang von einer Marke auf eine andere zu beschleunigen, weil zugleich auch mit Mitas eine Verankerung im obersten Segment des Marktes erfolgen soll. Dabei geht es nicht um die Qualität, Mitas ist selbstredend so gut wie Continental, sondern es geht darum, den Markt und die Landwirte von Mitas vollständig zu überzeugen. Ein solches Vorhaben gelingt nicht binnen weniger Jahre, aber es gelingt sehr wohl von Jahr zu Jahr besser.
Im Gespräch mit der Neue Reifenzeitung erinnert sich Werner Flebbe an die unterschiedlichen Kulturen. Das, was er bei Conti gewohnt war, unterschied sich in wesentlichen Bereichen sehr von dem, was er in Prag vorfand. Da es ging nicht darum etwas als besser oder schlechter zu erkennen, sondern es stellte sich heraus, dass beide Seiten sehr voneinander lernen konnten. In mittelständischen Betrieben, dazu in einem tschechischen, spielen die zwischenmenschlichen Beziehungen und Beziehungsgeflechte eine sehr große Rolle.
Flebbe ist auch rückwirkend sehr angetan von allem, was er bei Mitas vorfand. Das Expansionstempo hätte manches Mal schneller sein können. Doch das lag weniger an den Abläufen innerhalb der Unternehmensgruppe Mitas als daran, dass Zulieferer, Maschinen- und Werkzeugbauer zum Beispiel mit dem Tempo einfach nicht mehr mitkommen konnten.
Mit dem, was erreicht worden ist, zeigt sich Werner Flebbe dennoch sehr zufrieden. Mitas ist derzeit bereits Europas zweitgrößter Anbieter von radialen Treibradreifen und auf diesem Gebiet soll es schnell weiter vorangehen. Kürzlich haben die Tschechien Rumaguma gekauft und damit ein Werk, in dem fast ausschließlich diagonale Reifen hergestellt werden. Das ist aber dennoch kein Widerspruch zu dem Vorhergesagten. Zwar werden dort auch in absehbarer Zeit mehr und mehr Radialreifen produziert werden, derzeit aber geht es auch noch darum, diagonale Reifen im Programm halten zu können, die insbesondere auf vielen osteuropäischen Märkten, auf die sich auch die Mitas-Interessen richten, doch noch eine nicht unwesentliche Rolle spielen.
Die Unternehmensgruppe Mitas sieht Flebbe nunmehr viel internationaler aufgestellt als dies noch 2004 der Fall gewesen sei. Man habe die Hausaufgaben gut erledigt und zum Beispiel die Betriebsstätten in Prag und Szlin, in Otrokovice sowieso, modernisiert und auf Vordermann gebracht. Flebbe sieht für die Unternehmensgruppe noch ein sehr großes Potenzial. Dabei seien Sättigungsgrenzen durchaus in einer Reihe westeuropäischer Länder zu sehen oder zu ahnen, dafür gebe es aber in anderen Ländern im Osten, die sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen, unglaublich viele Chancen, allerdings treffe man sicher auch dort auf immer besser werdende Wettbewerber.
Man merkt durchaus ein Stück Genugtuung, wenn Flebbe über die Akzeptanz durch die Erstausrüstung spricht. Hier zeigt es sich, wo ein Anbieter steht, welchen Draht er zu den wichtigsten Erstausrüstern entwickelt hat und wie stark er als Entwicklungspartner akzeptiert ist. Die richtigen Reifen zu haben, ist Voraussetzung, auch in Ersatzmärkten erfolgreich bleiben zu können. Und da ist es ihm gelungen, mit nahezu allen Erstausrüstern wie John Deere, Deutz, Argo und anderen ins Geschäft zu kommen und die Geschäftsbeziehungen ausgebaut zu haben. Bis jetzt fragen alle diese Erstausrüster allerdings gezielt nach Continental und auch dies zeigt, wie lang der Weg noch ist, der von Prag aus zurückzulegen sein wird. So ganz und gar erfolglos waren die tschechischen Manager ja auch dabei nicht, wenngleich man relativierend hinzufügen muss, dass es natürlich immer dann sehr viel einfacher ist, jemanden auf eine andere Marke umsteigen zu lassen, wenn die Nachfrage stark und das Angebot knapp ist. Das war im Jahr 2008 für radiale Treibradreifen ja hin und wieder zu beobachten.
Man kennt Werner Flebbe nicht als dynamischen Haudrauf, sondern als ruhigen und sachlichen Manager, der nun mit sich und der Welt im Großen und Ganzen zufrieden ist. Langweilig soll es ihm nicht werden, dafür hat er sich zu viele Aufgaben gesetzt, die er erfüllen will, einfach weil es ihm Spaß macht. Er will sich im politisch-sozialen Bereich engagieren, sich auch im sportlichen Feld tummeln, seine Segelkünste „ausbauen“ und sich auf den Rücken der Pferde wagen. Die Frage, wie gut seine Fähigkeiten auf dem Pferderücken einzuschätzen seien beantwortet er kurz und knapp: Begrenzt.
Zu Flebbes Nachfolger als CGS-Geschäftsführer wurde Gerd Schulterobben ernannt. Der 56-jährige Manager war bereits zu Conti-Zeiten im Vertrieb für Landwirtschaftsreifen tätig und ist seit 2006Leiter des Ersatzgeschäfts Deutschland gewesen. Neben Deutschland gehören nunmehr die Länder Niederlande, Belgien und Dänemark zu Schulterobbens Verantwortungsgebiet, der im Übrigen auch seine Funktion Leiter Ersatzgeschäft beibehalten wird. Schulterobben will den unter Flebbe begonnenen Wachstumskurs unbedingt fortsetzen. „Unsere Investitionen und die Akquisition von Rumaguma geben uns die Chance, einer gesteigerten Marktnachfrage gerecht werden zu können und unsere Zuverlässigkeit als Handels- und Entwicklungspartner unter Beweis zu stellen. Damit werden wir den von Werner Flebbe eingeschlagenen und erfolgreichen Weg fortsetzen“ sagt Schulterobben.
Mit der Ernennung von Schulterobben wurde den Managern Helmut Müller (Logistics) und Andreas Schael (Finanzen) Prokura erteilt.
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