Studie zur Situation der Automobilzulieferer
Der Druck auf Automobilzulieferer hat in den vergangenen zwölf Monaten weiter zugenommen. So haben viele Fahrzeughersteller ihre Forderungen nach Preisreduzierungen für zugekaufte Teile und Systeme 2006 im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht. Zudem führen weltweit stark steigende Energie- und Rohstoffpreise bei Zulieferern zu höheren Kosten. Einerseits sind daher zahlreiche Zulieferer in jüngster Zeit in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Andererseits melden viele von Jahr zu Jahr Rekordzuwächse bei Umsatz und Ergebnis. 2007 und 2008 sind die Kapazitäten vieler Zulieferer ausgelastet und die Auftragsbücher gut gefüllt. Zu diesen Ergebnissen kommt die neueste Studie zur Automobilzulieferindustrie von Roland Berger Strategy Consultants und der Investmentbank Rothschild unter dem Titel „Stürmische Zeiten meistern – Erfolgsrezepte für globale Automobilzulieferer“. Die Untersuchung basiert auf einer Analyse der Finanz- und Leistungszahlen von rund 400 global agierenden Automobilzulieferern aus den Jahren 2000 bis 2007.
„Trotz hohen Wettbewerbsdrucks liegt die operative Rendite (EBIT-Marge) der Automobilzulieferindustrie 2006 weltweit auf konstant hohem Niveau – und nach ersten Schätzungen soll sie 2007 moderat steigen“, erklärt Marcus Berret, Partner im Kompetenzzentrum Automotive bei Roland Berger Strategy Consultants. Bezogen auf den Umsatz betrug sie 2006 5,3 Prozent, 2007 soll sie leicht weiter steigen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Kapitalrendite (ROCE), die über die operative Performance hinaus auch die Verzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt. „Hier liegen Automobilzulieferer seit Jahren konstant zwischen elf und zwölf Prozent. Im Jahr 2006 lag sie bei 11,5 Prozent“, sagt Thomas Kästele, Direktor im Bereich Industrie/Automotive bei der Investmentbank Rothschild.
Es gibt zahlreiche Gründe für die positive Lage vieler Zulieferer. Zum einen ist die weltweite Automobilkonjunktur mit einem jährlichen Absatzwachstum von etwa vier Prozent seit Jahren sehr stabil. Zum anderen haben Zulieferer in den vergangenen Jahren oft wesentlich konsequenter ihre Kosten reduziert als viele Fahrzeughersteller. Häufig haben Hersteller Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an Zulieferer ausgelagert. Daraus resultieren nun vielfach höhere Preise.
Allerdings gilt dieser positive Trend nicht für alle Zulieferer. Es gibt Unterschiede in der von Zulieferern erreichten Profitabilität, und zwar je nach Unternehmensgröße (vereinfachte Grundregel: je größer, desto profitabler), Produktschwerpunkt (Chassis und Antriebsstrang am profitabelsten) sowie regionalem Schwerpunkt des Zulieferers.
Profitabilität hängt von der Unternehmensgröße ab
Kleinere Zulieferer bis 500 Millionen Euro Jahresumsatz erreichten im Jahr 2006 eine durchschnittliche Kapitalrentabilität von 8,5 Prozent. Sie liegt damit drei bis vier Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der Industrie. Gegenüber dem Jahr 2000 sank die Kapitalrentabilität um rund drei Prozent. Deutlich verbessert haben sich Unternehmen mit fünf bis zehn Milliarden Euro Jahresumsatz. Deren Kapitalrendite lag 2006 durchschnittlich bei 16 Prozent (plus 4,8 Prozent gegenüber dem Jahr 2000).
Zulieferer aus Westeuropa erzielten in den vergangenen Jahren im Durchschnitt stabile Kapitalrenditen (2000: 11,2 Prozent; 2006: 11,8 Prozent) leicht über dem Industriedurchschnitt. Allerdings wuchsen sie dabei langsamer als der Markt. Die nordamerikanischen Zulieferer konnten hingegen ihr hohes Rentabilitätsniveau aus dem Jahr 2000 nicht halten und mussten durch die Krise der nordamerikanischen Autohersteller deutliche Einbußen hinnehmen (2000: 13,7 Prozent; 2006: 11,1 Prozent).
Anders sieht die Situation in Asien aus: Besonders japanische Zulieferer haben durch den Erfolg der heimischen Autohersteller ihre Kapitalrentabilitäten deutlich steigern können (2000: 8,4 Prozent; 2006: 11,2 Prozent).
Zulieferer aus Wachstumsmärkten sind die Gewinner
Ein weiterer klarer Trend ist die zunehmende Polarisierung bei Zulieferern: Eine Gruppe von rund 50 Top-Performern (Kriterien: überdurchschnittliches Umsatzwachstum bei überdurchschnittlicher Profitabilität in den vergangenen sechs Jahren) erwirtschaftet nachhaltig exzellente Ergebnisse und hat den Abstand zu den etwa 50 Low-Performern der Industrie in den vergangenen sechs Jahren nahezu verdoppelt.
Gewinner innerhalb der Gruppe der erfolgreichsten Zulieferer sind dabei Unternehmen aus asiatischen Wachstumsregionen wie China oder Indien. Ihr Anteil an der Gruppe der Top-Performer hat sich von 2005 auf 2006 deutlich auf nunmehr fast ein Drittel erhöht. Tendenz: weiter steigend.
Diese Unternehmen erwirtschaften jährliche Wachstumsraten von 40 bis hundert Prozent, bei überdurchschnittlicher und stark wachsender Profitabilität. Zudem sind sie bestrebt, nach ihren Erfolgen auf ihrem jeweiligen Heimatmarkt nun auch auf dem weltweiten Automobilmarkt mehr Gewicht zu erlangen. Zudem versuchen viele dieser Unternehmen, technologisches Know-how und Kundenkontakte zu erwerben, indem sie ausländische Zulieferer zukaufen.
Einheitliche Strategie der Top-Performer
Unabhängig von ihrer Heimatregion verfolgen Top-Performer eine verhältnismäßig einheitliche Strategie. Im Rahmen dieser Studie wurden zentrale Hebel für nachhaltigen Erfolg im Zulieferergeschäft identifiziert.
So weisen Top-Performer ein deutlich stärker fokussiertes Produktportfolio auf, bei gleichzeitig breitem Kundenportfolio und hohem Globalisierungsgrad. Zudem haben sie früher und konsequenter Standorte in Niedriglohnländern aufgebaut und managen ihre Bestände (Working Capital) deutlich effizienter als ihre Wettbewerber. Darüber hinaus liegt ihr Verschuldungsgrad etwa um den Faktor drei niedriger als bei Low-Performern. Dies bietet ihnen genügend Flexibilität für weiteres überdurchschnittliches und profitables Wachstum.
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