Reifen John baut Marktpräsenz weiter aus
Ein Reifenhandelsunternehmen, dass die europäische Einigung bereits seit über 40 Jahren lebt, ist Reifen John. Das Unternehmen beschäftigt heute über 400 Mitarbeiter beiderseits der deutsch-österreichischen Grenze und vermarktet erfolgreich Reifen in den derzeit 32 Filialen. Obwohl die Keimzelle des Unternehmens – nach der Vertreibung aus dem Sudetenland nach dem Krieg – eigentlich in Bayern liegt, könnte man Reifen John heute eher als österreichisches denn als deutsches Unternehmen bezeichnen, müsste man sich denn entscheiden, wobei die Verantwortlichen einen solchen Vergleich nicht machen: „In unserer Brust schlagen eben zwei Herzen, eins für Bayern und eins für Österreich.“ Im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erklären Peter John und Walter John jun., wie sich das Unternehmen bisher entwickelt hat und wie es sich in naher Zukunft weiterentwickeln soll getreu dem Motto: „Stillstand ist Rückstand“.
Endverbraucher, die in Österreich Reifen kaufen wollen, haben in allen Landesteilen die Gelenheit, dies bei Reifen John zu tun. In der Alpenrepublik gehört das eigenständige und industrieunabhängige Unternehmen mit seinen derzeit 21 Niederlassungen klar zu den Marktführern. Diese flächendeckende Marktpräsenz erlaubt es dem Unternehmen, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Peter John, die eigene Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu wahren. Während dies für den österreichischen Teil des Unternehmens gilt, dessen Zentrale in Salzburg angesiedelt ist, gelten für den deutschen Teil des Unternehmens, der nur einige Kilometer weiter auf der anderen Seite der Grenze im deutschen Freilassing niedergelassen ist, wiederum andere Voraussetzungen. Dort siedelte sich der Betrieb zwar nach dem Krieg an und fertigt dort auch heute ausschließlich die runderneuerten Reifen, die Reifen John – auch für einen Reifenkonzern wie etwa Bridgestone (und bald auch Goodyear) fertigt – regional und teilweise landesweit vermarktet. Dennoch sieht Peter John den deutschen Teil des Unternehmens als eigentlich bayerischen Teil. Einzig und allein in dem Bundesland ist das Unternehmen mit gegenwärtig elf Niederlassungen vertreten: „In Deutschland sind wir eine regionaler Marktteilnehmer.“ Folglich, fährt der geschäftsführende Gesellschafter fort, mache in Deutschland die Einbindung in eine größere Organisation auch eher Sinn. Bereits 1983 trat folglich Walter John sen., Vater von Peter und Walter John jun., „Top Service Team“ als Gesellschafter bei. In Österreich sei man kein Mitglieder der 13 Unternehmer zählenden Kooperation „Top Reifen Team“; Reifen John sei aber so genannter „Service Provider“ für die deutsche Top Service Team in Österreich, was das Flottengeschäft betrifft.
Dasss sich das ursprünglich deutsche Unternehmen im Laufe der vergangenen Jahrzehnte mehr und mehr zu einem Unternehmen mit Schwerpunkt in Österreich gewandelt hat, sei dabei nicht unbedingt Ergebnis eines konsequent verfolgten Geschäftsplanes. Pragmatiker mit Geschäftssinn wie die Familie John legen als oberstes Ziel einer wie auch immer gearteten Expansion vor allem Wert auf den finanziellen Beitrag einer neu übernommenen Filiale: „Es muss leicht gehen und es muss sich vor allem lohnen“, so das nachvollziehbare Credo von Peter John. „Das war nicht bewusst so gesteuert.“ Wenn sich eine Gelegenheit bot, so etwa nach dem Konkurs von Reifen Schwarz 2004, als fünf Filialen übernommen wurden, oder bei fehlendem Nachfolger, finanzieller Probleme oder Betriebsaufgaben von Reifenhändlern – stets treffen die Verantwortlichen bei Reifen John ihre Entscheidung von Fall zu Fall. Für die nähere Zukunft, erläutert Peter John, sind drei weitere Filialeröffnungen in Planung. Noch im Juli wird eine übernommene Filiale in Salzburg den geschwungenen John-Schriftzug an der Fassade haben. Einen Monat später wird eine in der Steiermark neugebaute Reifen-John-Filiale eröffnet. Im September dann sollen die ersten Reifen in einer ebenfalls neugebauten Filiale im bayerischen Rosenheim verkauft werden. Zum Herbst wird das John-Imperium dann also 35 Niederlassungen diesseits und jenseits der Salzach haben, des Grenzflusses zwischen Deutschland und Österreich.
Die Unternehmensgruppe erzielt zwar einen Großteil ihres Umsätze, den Peter John mit „über 100 Millionen Euro“ angibt, mit Pkw-Reifen. Dennoch seien „Lkw-Reifen mit Sicherheit ein sehr wichtiger Faktor für uns“. In fast jeder der derzeit 32 Niederlassungen – es gibt eine einzige Ausnahme – seien Lkw-Montagestationen sowie ein mobiler Service vorhanden; dieser Service wird dabei nicht nur – wie oben erwähnt – im Rahmen des Top-Service-Team-Flottengeschäftes angeboten, sondern man bedient gleichfalls eine beträchtliche Anzahl regionaler und lokaler Flotten und Fuhrparks direkt. Es gibt beinahe keinen Winkel Österreichs, den die gelb-rot-blauen Fahrzeuge nicht in kürzester Zeit ansteuern könnten. Knapp ein Drittel des Geschäftes entfällt heute auf Lkw-Reifen.
Dabei ist Reifen John insbesondere in der Runderneuerung von Lkw-Reifen aktiv, vermarktet also nicht nur zugekaufte Neuware, sondern tritt selber als Hersteller auf. Im Mittelpunkt der eigenen Runderneuerung, die 2001 am Standort in Freilassing zusammengefasst wurde, steht die eigene Marke „RJ“, die für die Heißrunderneuerung im Hause „Reifen John“ steht. Der überwiegende Anteil der jährlich gut 20.000 runderneuerten Lkw-Reifen sind Reifen der Marke RJ. Ursprünglich betrieb Reifen John noch eine Kaltrunderneuerungsanlage nach dem Bandag-Verfahren am Standort in Salzburg. Vor drei Jahren habe John den Lizenzvertrag – 20 Jahre hatte man kooperiert – mit dem amerikanischen Runderneuerungskonzern nicht erneuert. Ebenfalls betrieb das Unternehmen bis Mitte der 1990er Jahre am Standort in Freilassing noch eine Pkw-Reifenrunderneuerung. Zu Spitzenzeiten seien dort über 30.000 runderneuerte Pkw-Reifen pro Jahr gefertigt worden. Die Schließung „hat wehgetan, war aber die richtige Entscheidung“, so Peter John gegenüber dieser Zeitschrift, zumal Firmengründer Albin John bereits 1935 – damals noch im sudetenländischen Tetschen-Bodenbach – mit der Runderneuerung von Pkw-Reifen begann.
Heute konzentriert sich die Gruppe ausnahmslos auf das Geschäft mit runderneuerten Lkw-Reifen. In der auf dem aktuellen Stand der Technik gehaltenen Produktionsstätte in Freilassing hat Reifen John in der jüngsten Vergangenheit umfassend investiert. Es sind zwei neue Lagerhallen entstanden, eine neue Raumaschine wurde angeschafft, zwei neue Heizpressen für die Heißerneuerung kommen kurzfristig hinzu, um Kapazitätsengpässe aufzulösen, und die Karkasskontrolle mittels Shearografie gehört zum Alltag. In naher Zukunft stehen darüber hinaus keine weiteren Investitionen an. Eigentlicher Hersteller ist die „Reifen John Produktions GmbH“, die ausnahmslos die beiden Kunden Reifen John Österreich und Reifen John Deutschland beliefert.
Wie oben bereits erwähnt, macht die Runderneuerungsmarke „RJ“ den Löwenanteil an den gefertigten Lkw-Reifen aus. Gleichzeitig ist das Unternehmen aber auch Partner von Bridgestone und Goodyear. Reifen John fertigt für Bridgestone etwa kaltrunderneuerte „Qualitread“-Reifen, die allerdings nur in Deutschland vermarktet werden – entweder über das eigene Filialnetz oder eben über den Reifenhersteller. In Österreich werden diese Reifen nicht vermarktet. Gleichzeitig fertigt John aber auch „Retrac“-Reifen. Das ist die Heißrunderneuerungsmarke aus dem Hause Bridgestone, die wiederum nur in Österreich, nicht aber in Deutschland vermarktet wird. John ist seit drei Jahren Retrac-Partner von Bridgestone Austria und darf Reifen dieser Marke exklusiv in Österreich vermarkten.
Reifen John wird ebenfalls Lizennehmer für Goodyears Runderneuerungsmarke „Next Tread“. Die Kooperation mit dem amerikanischen Neureifenkonzern sei derzeit im Aufbau befindlich; noch im August sollen die ersten Next-Tread-Reifen in Freilassing entstehen, die dann wiederum in Österreich und Deutschland vertrieben werden. Darüber hinaus ist John einer von Kraiburgs zwei K-Plus-Partnern in Österreich (neben Reifenhaus Plankenauer) und bezieht heute den überwiegenden Anteil der eingesetzen Materialien aus Geretsberg von Kraiburg. „Wir sind Premiumvermarkter“, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter, folglich befasse man sich auch nicht wirklich mit den Materialien, die preislich im Budgetsegment einzuordnen seien. Dies ist im übrigen auch die Erklärung, warum sich Reifen John, was die Runderneuerung betrifft, nicht in Osteuropa engagieren will. Dort, so weiß Peter John, seien einerseits brauchbare und runderneuerungsfähige Karkassen äußerst rar, andererseits finde man dort als Premiumanbieter kaum einen Markt. Der eigene Output könne zwar grundsätzlich noch gesteigert werden, indem im Runderneuerungswerk in Freilassung von gegenwärtig zwei Schichten pro Tag (exklusive Wochenende) auf drei Schichten erweitert würde, nur: „Wir wollen Geld verdienen als Premiumvermarkter“, folglich bleibe man „unseren Märkten“ treu.
Kompetenz, die sich die John-Gruppe über Jahrzehnte im Nutzfahrzeugreifengeschäft aufgebaut hat, soll nun auch bei dem neuesten Projekt helfen, ist man in Salzburg und in Freilassing – an den beiden Hauptstandorten des Unternehmens – überzeugt. So hat Reifen John seit kurzem den Exklusivvertrieb für EM- und Kranreifen des holländischen Unternehmens Magna Tyres B.V. Mit Magna kooperiere man bereits seit zehn Jahren, was die Vermarktung von Industrie- und Vollgummireifen betrifft. Während das Know-how und die Technologie dieser Reifen „europäisch“ sei, so Peter John, würden die Reifen bei einem Offtake-Partner in China gefertigt. Das Unternehmen verspricht sich durchaus viel von diesem neuerlichen Engagement, auch Lieferungen an Erstausrüstungskunden werden gegenwärtig verhandelt. Reifen John hat für die Märkte Österreich, Deutschland und Italien die exklusiven Vertriebsrechte für EM- und Kranreifen von Magna Tyres; Anfang dieses Jahres wurden die ersten Reifen geliefert, die Peter John von der Qualität und der Preisstellung her deutlich als „Premiumprodukt“ identifiziert. Eine eigene Runderneuerung von EM-Reifen findet in Freilassing nicht statt, stattdessen beziehe man entsprechende Produkte von einem spezialisierten italienischen Runderneuerer.
Dass Unternehmen von dieser Größenordnung automatisch auch im Großhandels- bzw. Wiederverkäufergeschäft aktiv sind, trifft auch auf Reifen John zu. Dabei sei der klassische Großhandel „kein Unternehmensschwerpunkt“. Vielmehr werden im lokalen und regionalen Umfeld Reifenhändler, Autohäuser und andere Geschäftskunden beliefert. Aber: „Unser Ziel ist der Endverbraucher“, ergänzt Geschäftsführer Walter John jun. Konsequenterweise sehe man sich auch nicht als „Großhändler, sondern als aktiver Wiederverkäufer im Einzugsgebiet unserer Filialen“, so der Diplom-Betriebswirt weiter. Dabei werden entsprechende Lieferungen in der Regel über die Filialen, nicht aber über das Freilassinger Zentrallager abgewickelt.
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