Neue REACH-Verordnung tritt am 1. Juni in Kraft
Chemikalien gehören zum Alltag. Ob als Haushaltsreiniger, als Bestandteil von Babywindeln oder als Weichmacher im Reifen – immer hat der Mensch als Verbraucher wie auch in der Fertigung von Produkten Kontakt zu Chemikalien. Über die Atemluft, die Nahrung oder die Haut gelangen chemische Verbindungen in den Körper. In den meisten Fällen ist dies unproblematisch, manchmal jedoch nicht. Die neue europäische Chemikalien-Verordnung „REACH“, die am 30. Dezember im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde und nun am 1. Juni 2007 in Kraft tritt, soll Verbraucher und Umwelt wie auch Arbeiter in den Fertigungsstätten besser vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen schützen. Für die europäische Chemieindustrie bedeutet dies eine regulatorische Umwälzung.
„REACH“ steht für die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals). Von der neuen Verordnung werden sowohl Verbraucher profitieren als auch Beschäftigte in der Industrie und im Handel, die Chemikalien ausgesetzt sind. REACH überträgt der Industrie deutlich mehr Verantwortung für den sicheren Umgang mit ihren Produkten, schreibt etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Zwischen 2007 und 2018 müssen Hersteller und Importeure stufenweise rund 30.000 seit vielen Jahren auf dem Markt befindliche Chemikalien und deren Verwendungsbereiche bei der neu gegründeten „Europäischen Agentur für chemische Stoffe“ in Helsinki registrieren lassen.
Dafür müssen die Hersteller bzw. diejenigen Unternehmen, die außerhalb der EU produzierte Stoffe hierzulande in Verkehr bringen, die Risiken der Chemikalien bewerten. Hierzu müssen sie erstmals die Sicherheit von gefährlichen Stoffen beurteilen und ihre Untersuchungen dokumentieren. Besonders gefährliche Stoffe unterliegen einem Zulassungsverfahren. Es wird erwartet, dass solche Stoffe deshalb langfristig durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden. Außerdem müssen Hersteller künftig nachweisen, dass die Stoffe, die sie verwenden, die Gesundheit von Verbrauchern nicht gefährden, und dazu umfangreiches Datenmaterial vorlegen.
Nach dem Prinzip der Beweislastumkehr überträgt REACH also nun die Verantwortung für die Überprüfung der Chemikaliensicherheit von den nationalen Behörden auf die Hersteller und Importeure. Diese müssen künftig überzeugend darstellen, dass ihre Produkte sicher zu handhaben sind und weder die Gesundheit der Weiterverarbeiter oder Verbraucher, noch die Umwelt über Gebühr belasten. Hersteller in diesem Zusammenhang sind allerdings nicht die Reifenhersteller oder Hersteller von Runderneuerungsmaterialien, denn diese kaufen die chemischen Substanzen, die für die Reifenproduktion genutzt werden, in der Regel nur zu. Sondern direkt von den Registrierungskosten betroffen werden die Unternehmen der chemischen Industrie sein.
Beim Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (WdK) geht man davon aus, dass rund 400 chemische Stoffe aus der Reifenproduktion registriert, evaluiert und analysiert werden müssen. Die Kosten für die Registrierung der einzelnen Stoffe, die – so heißt es – bis zu 250.000 Euro betragen könne, wird demnach im Regelfall nicht die Reifenindustrie zu tragen haben, jedenfalls nicht direkt. Außerdem stelle die Reifenindustrie keine chemischen Stoffe sondern lediglich Zubereitungen – also Verbindungen verschiedener Stoffe – her. Da REACH als stoffbezogenes System angelegt ist, gilt auch eine Zubereitung als angemeldet, sofern dies auf alle ihre Komponenten zutrifft.
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