ARCD äußert Vorbehalte gegen Giga-Lkw
Eine seit Jahren vom Bundesverband Groß- und Einzelhandel (BGA) und von Herstellerfirmen betriebene Kampagne für die Zulassung von 60-Tonnen-Lkw zeigt erste Erfolge. Seit Juli rollen einige dieser mehr als 25 Meter langen Ungetüme, bestehend aus Zugmaschine, Sattelauflieger und Anhänger, mit einer Sondergenehmigung auf ausgewählten niedersächsischen Straßen. Nach bisher geltenden EU-Vorschriften dürfen Sattelzüge höchstens 16,50 Meter und mit Anhänger 18,75 Meter lang sein. Viele Verkehrsexperten beurteilen diese neuen Mega-Lkw allerdings eher skeptisch. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee will erst überzeugende Antworten auf eine Reihe von Fragen zur Sicherheit, Umweltfreundlichkeit und Verträglichkeit für Verkehrsinfrastruktur und den Verkehr in Ballungsgebieten haben, bevor er an eine Genehmigung denkt, heißt es dazu in einer Veröffentlichung des ARCD.
Der SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer hält die Verheißung, dass viele kleine Fahrzeuge durch wenige Gigaliner ersetzt werden können, für eine „geschönte Fehleinschätzung“. Der ARCD kritisiert den Verweis des BGA auf den reibungslosen Einsatz von Riesen-Lkw in Finnland, Schweden und in den Niederlanden. Dort gebe es oft andere Verhältnisse bei Steigungs- und Gefällestrecken, Streckenverläufen und in den städtischen Großräumen als bei uns. Der Radius der meisten in Deutschland vorhandenen Kreisverkehre würde für das Befahren durch überlange Megaliner nicht ausreichen. Schon heute seien die rechten Fahrspuren auf unseren Autobahnen durch lange Lkw-Kolonnen verstopft und erschwerten dem Autoverkehr die Auf- und Abfahrt und das Erkennen von Hinweisschildern am Seitenstreifen, so der Auto- und Reiseclub Deutschland weiter. Zudem weist er darauf hin, dass bereits herkömmliche Lkw die Straßenoberflächen um ein Vielfaches mehr abnutzen als Pkw und dort kostspielige Schäden hinterlassen. Bevor an eine Zulassung der neuen 60-Tonner gedacht wird, sollte deshalb unbedingt von der BASt geprüft werden, welche Folgen dies für den Abrieb von Autobahnen und Bundesstraßen hätte.
Der Bundesverband für Güterverkehr und Logistik (BGL) befürchtet wegen der Riesendimension des 60-Tonners bei anderen Verkehrsteilnehmern Akzeptanzprobleme, vor allem wenn die Fahrzeuge die Autobahnen verlassen und auf nachrangigen Straßen rollen.
Der Verband bezweifelt auch die behaupteten ökonomischen Effizienzgewinne, weil vor dem Befahren vieler Streckenabschnitte auf Bundes- und Landstraßen und in den Ballungsgebieten der zweite Anhänger wegen der Überlänge abgehängt werden müsste, um passieren zu können. Auch dürften laut BGL die meisten Brückenkonstruktionen bei dicht fahrenden 60-Tonnern der Belastung auf Dauer nicht standhalten. Der ARCD erinnert an den „Toten Winkel“ bei Lkw, der schon vielen Radfahrern und Kindern bei Abbiegemanövern das Leben kostete. Durch Gigaliner würde das Problem noch verschärft.
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