Reifen Kiefer: Komplettradmontage für die Automobilindustrie
Der Name Kiefer ist im deutschen Reifenfachhandel seit vielen Jahren geläufig: ein mittelständisches Unternehmen, das sich – wie so vieles in der Branche – gewandelt hat. Neue Strukturen entstanden, eine neue Generation führt das operative Geschäft, neue Standbeine entwickelten sich dynamisch, andere Geschäftsfelder verharrten oder schwanden gar in ihrer Bedeutung. Ein inzwischen sehr maßgeblicher Unternehmensbereich ist die Rädermontage für die Automobilindustrie, wobei Kiefer nicht den klassischen Erstausrüstungsbereich abdeckt, sondern überwiegend das von den Zentralen der Autobauer gesteuerte Komplettradgeschäft ihrer jeweiligen Autohäuser – und das sind ganz überwiegend deren so genannte Winterräder. Weil die Montage in den gewünschten Stückzahlen und weitgehend in einem engen Zeitraum vor dem Wintergeschäft zu erfolgen hat, ist höchste Professionalität erforderlich und damit auch ein Equipment, das schnell, störungsarm und unkompliziert funktioniert. Kiefer setzt bei dieser Arbeit – und übrigens in steigendem Maße auch in den Reifenhandelsfilialen – ganz überwiegend Maschinen von Hofmann Werkstatt-Technik ein.
Vom klassischen Reifenhändler
zum Partner von Autoherstellern
Im Saarland und darüber hinaus auch im angrenzenden Rheinland-Pfalz hat das heutige Reifenfachhandelsunternehmen Reifen Kiefer GmbH derzeit acht Filialen. 1990 als Neugründung hervorgegangen aus der vormaligen und in den 70er und 80er Jahren sich bereits in der Region ausbreitenden Wallerius & Kiefer GmbH, ist das Unternehmen seit 1992 Mitglied der Kooperation team Reifen-Union bzw. heute „Top Service Team“. Stammhaus und Keimzelle des Unternehmens ist im saarländischen Mettlach-Orscholz, die Zentralverwaltung knapp jenseits der Grenze im luxemburgischen Schengen. Als Geschäftsführer des Familienunternehmens fungieren Hermann und Michael Kiefer, beschäftigt werden fest ca. 120 Mitarbeiter (in der Saison mit Teilzeitkräften bis zu 180), der Umsatz betrug im abgelaufenen Jahr ca. 35 Millionen Euro.
Soviel lässt sich mit acht, wenn auch noch so erfolgreichen Filialen kaum umsetzen. Reifen Kiefer ist darüber hinaus auch ein Lkw-Reifenrunderneuerer (Kapazität ca. 6.000 Einheiten jährlich, wird derzeit auf Recamic umgerüstet), vor allem aber das Komplettradgeschäft hat eine enorme Eigendynamik entwickelt. Denn ursprünglich hatte es sich für die in Saarbrücken ansässige Deutschland-Dependance des französischen Autoherstellers Peugeot angeboten, für das sich peu á peu entwickelnde Komplettradgeschäft in den eigenen Autohäusern einen kompetenten Montagepartner in der Region zu suchen und war vor etwa zwei Jahrzehnten auf Kiefer gekommen, wo man sich freute, ein zusätzliches Geschäftsfeld erschließen zu können. Mittlerweile ist Peugeot nicht mehr der einzige Kunde, und aus der vormals übersichtlichen Stückzahl montierter Räder sind in 2005 rund 350.000 Einheiten geworden, davon mehr als 320.000 Winterräder.
Für Michael Kiefer ist das Komplettradgeschäft die ideale Ergänzung zum klassischen Reifenfachhandelsbetrieb. Womit nicht nur gemeint ist, bei Bedarf einfach Personal rochieren zu lassen, sondern auch das will wohl bedacht sein. An die Montage schicker Aluminiumräder beispielsweise lässt er eine Aushilfskraft nicht, das macht der Kfz-Meister persönlich, der ansonsten in einer der Filialen seinen Dienst verrichtet. Auch eine Standardisierung hinsichtlich des Equipments findet statt: Was sich in der Komplettradmontage mit einem Durchlauf von vielleicht 200.000 Rädern bewährt hat, kann in der Reifenwerkstatt so falsch nicht sein. Mit Blick auf die Hofmann-Maschinen seine Erkenntnis: Es lohnt sich allemal, in hochwertige und damit zumeist auch teurere Maschinen zu investieren, langfristig, wahrscheinlich sogar bereits mittelfristig rentiert sich solch eine ursprünglich einmal höhere Investition.
Komplettradmontage ist Dienstleistung
Sein Unternehmen sei reiner Dienstleister, betont Kiefer. Er präferiert gar das Geschäftsmodell 1, das überwiegend Anwendung findet: Der jeweilige Fahrzeughersteller kauft Reifen und Felgen auf eigene Rechnung (und letzten Endes auch eigenes Risiko), so dass er gar nicht erst in den Verdacht geraten kann, in irgendeiner Form das klassische Hofgeschäft oder auch das Streckengeschäft mit der Komplettradmontage zu vermischen: „Das ist (bis auf den Personaleinsatz, siehe oben/d. Red.) konsequent getrennt.“ Die Trennung geht so weit, dass selbst Kompletträder für den Eigenbedarf hier nicht einfließen, sondern Sache der jeweiligen Filiale sind.
Darüber hinaus bietet Kiefer den Komplettradkunden zwar auch „Modell 2“ an, das heißt Kiefer kauft Reifen und gegebenenfalls auch die Felgen auf eigene Rechnung und eigenes Risiko. Dass allerdings die aktuellen Kunden Peugeot und Citroën Deutschland, Mazda Deutschland und Mazda Europa, Jaguar, Land Rover und Seat „Modell 1“ ganz überwiegend präferieren, kommt ihm durchaus entgegen.
Es kommt immer mal wieder ein neuer Kunde hinzu (Verhandlungen werden geführt, Namen noch nicht genannt), ein anderer springt ab (so im letzten Jahr Saab), auch für Reifenhersteller bzw. deren Autohausgeschäft werden Räder montiert. Dass ein Dienstleister für einen Autohersteller sich der Zertifizierung gemäß DIN/ISO 9001-2000 unterziehen muss, ist selbstverständlich und bei Kiefer durch den TÜV-Niederrhein schon vor vier Jahren erfolgt.
Mehrmals während der Entwicklung dieses Geschäftsbereiches waren die Gebäude zu klein geworden, so dass man gezwungen war umzuziehen. Aktuell und – so ist aufgrund der großzügigen Räumlichkeiten zu erwarten – auch für die nächsten Jahre dürften die in Konz bei Trier vor einigen Monaten bezogenen Räumlichkeiten mehr als ausreichend sein (hierher ist übrigens auch die bislang in Koblenz ansässige Runderneuerung umgezogen). Die Lagerfläche beträgt 15.000 Quadratmeter und ist bei Bedarf deutlich erweiterbar, die Lagerkapazität beträgt derzeit 500.000 Reifen und Räder und wäre bei Bedarf genauso deutlich erweiterbar. Wobei dem Unternehmen weniger an teurer Optik in den Hallen gelegen ist als an Funktionalität: Aufwändige Regalsysteme oder Hochregale? Fehlanzeige. Das rechnet sich gar nicht.
Die Montageleistung liegt bei 2.500 Kompletträdern pro Schicht und in zwei Schichten wird montiert. Eine dritte Schicht gibt es auch, in der aber kommissioniert wird, denn dem Dienstleistungsgedanken folgend versteht Michael Kiefer den Produktionsstandort gleichermaßen auch als Distributions- und Service-Center. So richtig brummt es in der Zeit von Mitte September bis Ende Oktober, wobei alle Beteiligten – also auch die Automobilhersteller – sehr wohl wissen, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, das Geschäft möglichst zu strecken, das heißt: So viel wie möglich bereits vor der Saison abzuarbeiten. Aber einerseits mögen viele Autohäuser im Hochsommer noch nicht an Winterkompletträder denken, andererseits herrscht stets die Furcht, in der Prognose auf die nächste Saison daneben zu liegen.
Und so werden knapp 95 Prozent des jährlichen Komplettrageschäftes in sechs bis sieben Wochen absolviert. Da geht es vor allem um die „Schlagzahl“, sagt Kiefer. Wenn ein 14-Zoll-Stahlrad nicht nach einer Minute „abgearbeitet“ ist, dann ist irgendwo Sand im Getriebe. Bei den Montage- und Auswuchtmaschinen hakt es selten und der Maschinenbau-Ingenieur in ihm staunt, dass die Maschinen von Hofmann klaglos so um die 200.000 Räder bewältigen, dann zwar immer noch ihren Dienst tun würden (und folglich weiterverkauft werden), aber er sie doch lieber nach etwa vier Jahren durch neues Equipment ersetze angesichts der Erkenntnis: Wenn jetzt eine Maschine ausfallen sollte, dann bestimmt zu einem Zeitpunkt, an dem man es am wenigsten gebrauchen kann, nämlich während des besagten Zeitraumes. Und noch ein Aspekt: Wo man mit Aushilfskräften arbeitet, da muss die Maschinenbedienung möglichst „narrensicher“ sein gemäß dem bekannten Gesetz, dass alles, was schief gehen kann, auch eines Tages schief gehen wird. Was Kiefer aber in diesem Zusammenhang als Lob loswerden möchte: Sein dominanter Maschinenausrüster („auch wir haben mal andere Maschinen getestet“) Hofmann bzw. der Außendienst des Werkstattausrüsters leiste einen vorbildlichen Service und wisse, dass es in der Saison nicht auf schnelle, sondern auf sofortige Reaktion ankomme, darum sei man inzwischen komplett zu diesem Unternehmen gewechselt.
Etwas überraschend einige Fakten beim Blick auf Kiefers Daten: Alle (Felgen-)Welt spricht von Winteralus, bei ihm sind 90 Prozent und mehr als Stahl – Tendenz steigend. Alle (Reifen-)Welt spricht von 17 und 18 Zoll, bei ihm geht es um das Klein- und Mittelklassesegment. Die erste Erkenntnis: Die in den letzten Jahren so erfreulich gestiegene Umrüstquote von Sommer- auf Winterreifen erfasst vor allem Fahrzeugsegmente, in denen früher zumeist versucht wurde, sich mit sommerlicher Bereifung durch die kalte Jahreszeit zu schummeln. Die zweite Erkenntnis: Hierbei handelt es sich oftmals um Zweit- oder bereits in die Jahre gekommene Autos, die weniger optischen Ansprüchen genügen sollen, als vielmehr als Transportmittel „von A nach B“ zu dienen haben. Und so ist es auch kein Wunder, dass das Thema „Runflats“ hier jedenfalls noch nicht angelangt ist angesichts einer gerade mal zweistelligen Stückzahl im letzten Jahr.
Sechs parallele Montagestraßen hat Reifen Kiefer installiert. Das Wort „Fließbandarbeit“ hat durchaus Berechtigung, wenn auch (siehe oben) mit der Ausnahme von Aluminiumrädern. Immer wieder wird überlegt, ob es Arbeitsschritte gibt, die man weiter automatisieren könnte, aber die „Von-Hand-Montage“ erscheint derzeit die beste Lösung. Automatisiert ist hingegen die Radbefüllung, wobei auf Kundenwunsch statt Luft auch Stickstoff möglich ist. Hofmann-Domäne ist natürlich der Wuchtbereich: Hier kommen Computer-Auswuchtgeräte zum Einsatz, mit zylindrischer Radaufnahme und -zentrierung.
Bei diesem auf einen so engen Zeitraum komprimierten Geschäft ist die Distribution von enormer Bedeutung – und Kiefer stellt sich darauf ein: Vom Versand eines einzelnen Rades per Paketdienst bis zur Speditionssendung auf Einwegpaletten ist alles möglich. Geliefert wird in der Regel im 24- oder wenigstens im 48-Stunden-Takt nach Auftragseingang. Aber das ist nur die eine Seite, die durchorganisiert sein muss. Auch die Warenbeschaffung und die Nachschubsteuerung müssen stimmig sein, denn es nutzt nichts, in der Lage zu sein die Räder schnell versenden zu können, wenn die gewünschten Reifen und Räder gar nicht vorrätig sind und daher leider gar nicht montiert werden können. Dazu heißt es in einer Unternehmenspräsentation „Priorität: Verfügbarkeit bei gleichzeitiger Straffung des Personaleinsatzes und Gesamtflächenbedarfes.“ – Das Komplettradgeschäft ist kein Selbstgänger – auch hier herrscht scharfer Wettbewerb durch sehr wohl kompetente Wettbewerber – und keine „Lizenz zum Gelddrucken“. Das Metier verlangt Professionalität und Erfahrung, immer wieder wird nach Optimierungen gefahndet, zum Beispiel die Steuerung der Abläufe durch neue Computerprogramme. Sollte jemand glauben, in dieses Geschäft „auf die Schnelle“ einsteigen zu können, so stünde er nicht nur vor einem beträchtlichen Investitionsbedarf, sondern es würde ihm auch an der Erfahrung mangeln, die Reifen Kiefer über Jahre mühsam aufgebaut hat. „Wir haben ja immer lieber im Verborgenen dieses Geschäft betrieben“, meint Michael Kiefer. Er weiß, wovon er redet.
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