NEUE-REIFENZEITUNG-Leser wollen keinen Formel-1-Einheitsreifen
Ginge es nach den Lesern der NEUE REIFENZEITUNG, dann würde es auch über die Saison 2007 hinaus mehr als nur einen einzigen Reifenlieferanten für die Formel 1 geben. Denn im Rahmen unserer Onlineumfrage unter www.reifenpresse.de/umfrage haben sich während des Erhebungszeitraumes von Mitte September bis Ende Oktober lediglich knapp ein Drittel (29,5 Prozent) der Teilnehmer den FIA-Standpunkt zu eigen gemacht, wonach sich mit Einheitsreifen die Kosten der Rennserie reduzieren lassen. „Klappt doch auch in der DTM (Dunlop)“, so die Anmerkung eines Antwortenden. Neben dem Kostenargument wird vonseiten der Befürworter eines Reifenalleinausrüsters aber auch die damit einhergehende Chancengleichheit angeführt. „Die besten Beispiele sind DTM, Tourenwagenweltmeisterschaft usw. – dort herrscht Chancengleichheit in Bezug auf die Reifen, denn jeder fährt das gleiche Gummi“, meint ein Umfrageteilnehmer. „Das Beste ist der Einheitsreifen, weil man dadurch jedem Team die gleichen Chancen ermöglicht. Wie zum Beispiel in der DTM. Da wird es nicht passieren, dass plötzlich nur sechs Autos an den Start gehen wie beim diesjährigen USA-Grand-Prix“, pflichtet ihm ein anderer bei.
Allerdings müsse sichergestellt werden, dass dann tatsächlich auch jeder Fahrer die gleiche Spezifikation bekomme und der Reifen „wirklich ein Einheitsreifen“ sei, gibt ein anderer zu bedenken. Außerdem – so eine weitere Meinung – sollte geregelt sein, dass jedes Jahr ein anderer Hersteller die Reifen liefert. Dass der Einheitsreifen im Hinblick auf die Kosten oder die wieder stärker in den Vordergrund rückenden Fahrzeuge bzw. fahrerischen Fähigkeiten der Piloten eine gute Idee ist, findet zwar auch unser Leser Hans-D. Häuber. Trotzdem macht er sich so seine Gedanken, was daraus resultieren könnte. „Bleiben dann gegebenenfalls alle Autos stehen?“, fragt er sich vor dem Hintergrund des diesjährigen Indianapolis-Grand-Prix. „Und rechnet sich der Einsatz für den zum Zuge kommenden Reifenhersteller überhaupt noch?“, wirft Häuber eine weitere Frage auf. Denn eines dürfte klar sein: Ohne Wettbewerbssituation steht die Reifenthematik sicherlich wesentlich weniger im Rampenlicht als es beispielsweise in dieser Saison der Fall war. Nicht umsonst wurde in den Medien des Öfteren von einem „Reifenkrieg“ gesprochen.
Wenn die Reifen dank Alleinausrüsterstatus eines Herstellers aber nicht mehr so im Mittelpunkt des Interesses stehen, tut sich dieses Unternehmen sicherlich schwerer, sein Rennengagement aufseiten des Marketings gewinnbringend dem Endverbraucher zu vermitteln. „Die Formel 1 ist vom Markterfolg her für Bridgestone wohl kaum in Gold aufzuwiegen – natürlich muss man auch anderes ‚richtig’ machen“, lautet daher eine Anmerkung zur Antwort auf unserer Frage des Monats. Aber unabhängig davon, welche Marke denn nun siegt oder nicht, wird im Zuge der jüngsten Reglementsänderung ab 2008 zwangsläufig das Thema Reifen und ihr Einfluss auf die Fahreigenschaften eines Autos – zumal ansonsten dank TV-Berichtestattung nahezu alle 14 Tage am Sonntag in viele deutsche Wohnzimmer transportiert – wieder aus dem Bewusstsein so manchen Verbrauchers verschwinden. Insofern verwundert es nicht, dass 14,7 Prozent der Teilnehmer an unserer Umfrage nicht viel von einem Einheitsreifen in der Formel 1 halten, weil dadurch eine Möglichkeit verschenkt wird, die Autofahrer für das Thema Reifen zu sensibilisieren. „Endlich ist mal die Wichtigkeit guter Reifen im Gespräch und auch Verkaufsargument“, bringt ein Händler die Sichtweise stellvertretend für verschiedene andere auf den Punkt.
„Sicher favorisieren Fahrer und Teams den Einheitsreifen – damit steht allein ihre ‚Performance’ zur Debatte und entscheidet über Sieg oder Niederlage. Das verkennt aber, dass Reifen ganz wesentlich zu den Eigenschaften eines Fahrzeuges beitragen – egal ob Top-Rundenzeiten oder ein lebensrettend kurzer Bremsweg auf nasser Straße bei einem ‚normalen’ Pkw. Insofern haben beide Ansichten – Einheitsreifen bzw. Wettbewerb – sicher durchaus stichhaltige Pros und Cons. Aus Sicht des ‚auch Reifeninteressierten’ und der Sensibilisierung von ‚Ottonormalverbraucher’ ist der Wettbewerb aber eindeutig zu bevorzugen“, so eine weitere Meinung. Zusammen mit den 55,8 Prozent unserer Leser, die gar nichts von der Einheitsreifenregel halten und sich stattdessen weiterhin einen Wettbewerb auf allen Ebenen in der Formel 1 wünschen, ergibt sich eine breite Mehrheit von 70,5 Prozent der Umfrageteilnehmer, die der Entscheidung der FIA kritisch gegenübersteht. „Kosten spart nur einer – nämlich der Reifenhersteller, der aus dem Rennen ist“, entgegnet ein Leser darüber hinaus dem von dem Automobilweltverband angeführten Argument der Kosteneinsparmöglichkeiten durch das ab 2008 gültige neue Reifenreglement. Doch obwohl unsere Umfrage im Gegensatz zur Bundestagswahl ein ganz eindeutiges Ergebnis hatte, wird sich die FIA wahrscheinlich nicht von dem klaren Votum der NEUE-REIFENZEITUNG-Leser umstimmen lassen – eigentlich schade.
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