KPMG-Umfrage: Kfz-Zulieferer unterschätzen Standortmanagement
Nur wenige Kfz-Zulieferer verfügen über ein gezieltes Standortmanagement, obwohl die Investition in neue Standorte bei einem Scheitern insbesondere für mittelständische Unternehmen gravierende wirtschaftliche Folgen haben kann. Das hat eine Umfrage der Unternehmensberatung KPMG bei 131 Automobilzulieferern in Europa, Nordamerika und Asien ergeben. Demzufolge hat nur jeder sechste Zulieferer (16 Prozent) einen Spezialisten, der unterschiedliche Standortfaktoren auf ihre Chancen und Risiken hin bewertet, bevor eine Investitionsentscheidung gefällt wird. „Dabei folgen die meisten Automobilzulieferer schon seit zehn Jahren den Herstellern ins Ausland und haben die Anzahl der internationalen Produktionsstätten kontinuierlich erhöht“, so die Unternehmensberatungsgesellschaft.
Fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) hat im Rahmen der Umfrage angegeben, in den letzten fünf Jahren eine Betriebsstätte geschlossen zu haben. Als Hauptgründe hierfür wurden Änderungen in der lokalen Auftragslage, eine Veränderung der Lohn- und Lohnnebenkosten sowie ein Produktivitätsvergleich zwischen verschiedenen Standorten genannt. „Der mit einer Betriebsschließung verbundene Zeit- und Arbeitsaufwand wird allerdings häufig unterschätzt“, so Andreas Dressler, KPMG-Manager und spezialisiert auf Standortfragen. Bei der Standortentscheidung – so seine Empfehlung – sollten Unternehmen deshalb Faktoren in ihre Überlegungen einbeziehen, die die künftige Flexibilität sowie eventuelle Schließungen beeinflussen können. Dazu gehören beispielsweise die Klärung arbeitsrechtlicher Fragen, das Wiederverkaufspotenzial der neuen Produktionsstätte oder Bindungsklauseln in Miet-, Service- und Fördermittelverträgen.
Über die Hälfte der Zulieferer (60 Prozent) bewerteten in der KPMG-Studie den Einfluss der Autohersteller auf die eigenen Standortentscheidungen als hoch oder sehr hoch. „Sowohl die Hersteller als auch die großen Systemlieferanten erwarten heute von ihren Zulieferern, dass diese zumindest in den wichtigsten Weltmärkten Nordamerika, Asien und Europa präsent sind. Viele Unternehmen wünschen zudem eine Präsenz in unmittelbarer Umgebung ihrer eigenen Standorte“, so Dressler. Um Abhängigkeiten von den Autoherstellern zu reduzieren und eine gewisse Flexibilität zu bewahren, würden jeweils zwei von drei Zulieferern der „Möglichkeit, Kapazitäten schnell aus- und abbauen“ zu können und einer „zentralen Lage zur Belieferung mehrerer Kunden“ die höchste Bedeutung beimessen. Die Möglichkeit Kapazitäten auszubauen ist laut KPMG durch die richtige Standortwahl zu beeinflussen.
Der Druck, in unmittelbarer Nähe der Kunden produzieren zu müssen, hat der Studie zufolge in den letzten Jahren offenbar abgenommen. Sofern Versorgungssicherheit, Qualität und konkurrenzfähige Kosten gewährleistet werden können, seien die Unternehmen in ihrer Entscheidung eigenen Angaben zufolge frei, von wo aus sie den Kunden beliefern. „Das ist unter anderem auf verbesserte Supply-Chain-Managementsysteme zurückzuführen, die über optimierte Prozessabläufe und einen verbesserten Informationsaustausch zwischen Hersteller, Lieferant und Logistikdienstleister die Versorgungssicherheit und -flexibilität erhöht haben“, sagt Andreas Dressler. Dennoch würden die Hersteller indirekten Druck auf die Zulieferer ausüben, die dann oftmals aufgrund des steigenden Preiswettbewerbs den Schritt in Billiglohnländer wählten, um die Preiswünsche der Hersteller zu realisieren.
In der Vergangenheit hätten zudem viele Zulieferunternehmen Werke errichtet, die nur einen einzelnen Kunden bedienten, während heute viele Automobilzulieferunternehmen mehr Freiheiten haben, aus einem Werk heraus mehrere Kunden zu beliefern, um höhere Volumina je Werk und damit Kosteneinsparungen zu ermöglichen. „Die Anforderungen an Vertraulichkeit scheinen etwas abgenommen zu haben. Eine strikte Abschottung und Exklusivität weicht zunehmend einer Kooperation zur Kosteneinsparung. Viele Hersteller haben erkannt, dass Zulieferunternehmen über eine stärker konsolidierte Standortstruktur Kosteneinsparungen erzielen und weitergeben können“, meint Dressler. Eine weitere Herausforderung ergebe sich jedoch mit der steigenden Zahl weltweit zu koordinierender Produktionsstätten, denn hierdurch stiegen die Anforderungen an das Standortcontrolling bzw. -monitoring. „Eine hohe Dynamik der Markt- und Wettbewerbsveränderungen erfordert eine Früherkennung von Standortrisiken. Um ein vorausschauendes Handeln zu ermöglichen, müssen Ursache-Wirkungszusammenhänge besser erforscht, Sensitivitäten ermittelt und standortspezifische Umfeldentwicklungen beobachtet werden“, heißt es vonseiten der KPMG.
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