MDTs – Michelin Durable Technologies
Für Lkw-Reifen bricht eine neue Zeit an – zumindest im Hause des französischen Reifenherstellers, der in diesem Segment international Marktführer ist. „Michelin Durable Technologies“ (MDTs) lautet der Begriff, der hinter einer umwälzenden Weiterentwicklung der Reifentechnik steckt und einen deutlichen Bruch zum bisherigen Konzept von Lkw-Reifen vollziehen soll. Ca. 400 Millionen Euro investiert Michelin in den nächsten vier bis fünf Jahren in seinen Werken und will in dieser Zeit etwa vier Millionen Reifen bauen, die auf dieser Technologie basieren. Die technischen Lösungen sollen dem Reifen mehr Laufleistung bringen und so einen Beitrag zu Wirtschaftlichkeit und Mobilität leisten. Lebensdauer des Reifens, Haftung, Gewicht und Tragfähigkeit: Mit MTDs lassen sich diese Eigenschaften im Vergleich zu traditionellen Lösungen um bis zu 50 Prozent steigern, ist das Unternehmen überzeugt.
Michelin Durable Technologies – für Olaf Schütte (33), Vertriebsmarketing für die Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz, „die größte Errungenschaft in der Reifentechnologie seit Erfindung des Radialreifens“ – kommen beim Reifenprofil und bei der Reifenarchitektur zum Einsatz. Den Ingenieuren sei es einerseits gelungen, ein Profil zu entwickeln, das sich gewissermaßen selbst erneuert: Patentierte „Wassertropfen“-Lamellen sorgen dafür, dass sich das Profil dem steten Abrieb zum Trotz selbst regeneriert und über die gesamte Lebensdauer des Reifens ein hohes Maß an Haftung gewährleistet ist; und doppelt gewellte Lamellen (ein Profil mit dreidimensionalem Design) verleihen den Profilstollen höhere Steifigkeit. Erreicht werden damit eine Langlebigkeit des Pneus und lang anhaltender Grip gleichermaßen. Als jüngste Entwicklung in der Reifenarchitektur stellt Michelin andererseits Infinicoil vor – eine Technik, bei der ein etwa 400 Meter langer Stahlcordfaden „endlos“ gewickelt wird. Das ist zwar kein zusätzlicher „Null-Grad-Gürtel“, aber eine weitere Karkasslage nahe an null Grad. Die Neukonzeption der Reifenkarkasse ist die Voraussetzung für die Entwicklung ganz neuer Reifendimensionen.
Der dieser Tage in der Michelin-Zentrale von Clermont-Ferrand und auf dem nahe gelegenen Forschungsgelände von Ladoux vorgestellte Michelin XDN 2 Grip ist der erste Reifen, bei dem die Ingenieure die unter „Michelin Durable Technologies“ entwickelten Innovationen für die Lauffläche in die Praxis umgesetzt haben. Gegenüber dem Vorgänger erreicht dieser Reifen – laut Hersteller – nicht nur 25 Prozent mehr Laufleistung. Auch die Haftung sei im Vergleich zum Vorgängermodell auf Schnee und Eis um 15, bei Nässe sogar bis zu 30 Prozent gesteigert worden. Somit bildet der neue XDN 2 Grip den Auftakt zu einer ganz neuen Generation an Reifen, die auf „Michelin Durable Technologies“ basieren und als ebenfalls besonders leistungsfähige Lösungen in ihrem jeweiligen Segment im Lauf der Zeit folgen sollen. Michelin sieht damit das Tor zu noch mehr Sicherheit, Wirtschaftlichkeit sowie Produktivität und Umweltverträglichkeit des Reifens weit aufgestoßen.
Sich selbst erneuernde Profile
Die „Wassertropfen“-Lamellen bilden die Voraussetzung dafür, dass sich das Reifenprofil selbst erneuern kann. Die zylindrischen Kanäle sind wie Wassertropfen geformt und liegen in der Mitte des Profilstollens. Nachdem das Profil etwa auf zwei Drittel abgefahren ist, öffnen sich diese Kanäle nach und nach – so etwa zwischen 9 und 7,5 Millimeter Restprofil von einer Gesamtprofiltiefe von 23,5 Millimeter im Neuzustand beim XDN 2 Grip – und geben neue Rillen frei. Das dadurch neu entstehende Profil (zwei Profilstollen, wo vorher einer war) verleiht dem Reifen erneut gute Haftungseigenschaften. Die Vorteile für den XDN 2 Grip, der diese neue Technologie nutzt, seien im Vergleich zum Vorgängermodell XDN Grip eine um ca. 25 Prozent höhere Laufleistung und eine um 15 Prozent verbesserte Haftung beim Anfahren auf verschneiten und vereisten Straßen, nachdem das Profil bis auf zwei Drittel abgefahren ist. Bei Nässe sei die Haftung dank „Wassertropfen“-Lamellen an die 30 Prozent höher. Der Ansatz zielt also nicht primär auf eine Verbesserung des Rollwiderstandes, allerdings ist es für die Zukunft vorstellbar, dass Michelin die MDTs nutzt, um sie mit den Vorteilen der treibstoffsparenden Energy-Technik zu kombinieren.
Die doppelt gewellten Lamellen sollen bei Haftungseigenschaften und Langlebigkeit neue Maßstäbe setzen. Diese (patentierten) Lamellen haben eine dreidimensionale Struktur und üben eine selbst blockierende Funktion aus. Sie arbeiten in waagerechter und in senkrechter Richtung und verleihen dem Reifen so höhere Bodenhaftung und mehr Langlebigkeit als herkömmliche Reifen. Wobei diese Innovation auch Auswirkungen auf den Produktionsprozess hat, so musste Michelin bei der Konstruktion der Kochformen völlig neue Wege gehen. In der Aufstandsfläche sorgt die doppelt gewellte Lamelle dank der ausgeprägten Länge ihrer Profilkanten für den besonderen „Greifeffekt“, der sich (bei allen Fahrbahntypen) positiv auf die Haftung auswirkt. Die doppelt gewellte Lamelle trägt dazu bei, die Eigenbewegungen der Profilstollen zu blockieren und sorgt so für eine hohe Steifigkeit des Reifens: Der Abrieb wird reduziert, die Lebensdauer des Reifens erhöht.
Die „Ininicoil“-Technik für die Karkasse
Die neuartige Michelin-Karkasse basiert auf der so genannten „Infinicoil“-Technik und wurde mit einer Endlos-Wicklung ausgestattet. Wesentliches Merkmal ist ein bis zu 400 Meter langer Stahldraht, der fortlaufend in der Umfangsrichtung gewickelt ist. Diese neue Reifenarchitektur verleiht der Karkasse nicht nur zusätzliche Steifigkeit und besonders hohe Widerstandsfähigkeit. Da die Karkasse robuster ist, können auch neue, breitere Reifendimensionen mit kleinerem Außendurchmesser gebaut werden, die eine längere Lebensdauer haben. Übrigens findet sich dieses Konstruktionsprinzip auch bei einigen Motorradreifen wieder, dort aber sind die Fäden aus Kevlar oder Aramid. Die von Pkw-Reifen her bekannten Jointless-Bänder sind nicht nur wegen des Materials kaum mit Infinicoil vergleichbar, denn es handelt sich eben nicht um ein Band, sondern um einen einzelnen Stahlcordfaden. Produktionstechnisch liegt die Leistung wohl vor allem darin, dass es gelungen ist, eine über die gesamte Länge von 400 Metern gleich bleibende Spannung des Drahtes zu erreichen, erklärt Friedrich Berger (57), Produktverantwortlicher für Nutzfahrzeugreifen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Je nach Einsatz des Reifens ergeben sich laut Michelin folgende Vorteile: Die Lebensdauer des für Sattelauflieger vorgesehenen Reifens der Dimension 455/45 R 22.5 verlängert sich um bis zu 50 Prozent gegenüber der herkömmlichen Dimension 385/65 R 22.5. Die Technologie ermöglicht darüber hinaus die Entwicklung eines sehr breiten stabilen Gürtelbereichs. Die daraus resultierende besonders gleichmäßige Bodenaufstandsfläche sorgt für regelmäßigeren Abrieb und verlängert die Laufleistung des Reifens. Im Übrigen wird dank Infinicoil auch die Lebensdauer der Karkasse verlängert: Hatte Michelin bislang für die hauseigenen Karkassen die Formulierung gewählt „bis eine Million Kilometer“ – Neureifen, Nachschneiden, Heißrunderneuern gemäß Remix und dann erneutes Nachschneiden (NeNaReNa) –, so sind laut Berger jetzt bei sachgerechter Nutzung „mehr als eine Million Kilometer“ drin.
Beim Vorderachsreifen der Dimension 315/60 R 22.5 konnte die Lastkapazität auf 7.500 Kilogramm (zuvor 7.100 kg) gesteigert werden. Beim Michelin X One konnte, im Vergleich zur traditionellen Zwillingsbereifung, dank Infinicoil eine Gewichtseinsparung von rund 130 Kilogramm je Achse realisiert werden. Sämtliche X One übrigens, die auf den Straßen rollen, haben Inifinicoil. Darauf ist hinzuweisen, weil Michelin bei der Einführung des X One diese Innovation noch zurückgehalten hatte, wusste man doch noch nicht um alle Auswirkungen dieser Technologie und konnte noch nicht völlig erfassen, welche Vorteile sich in welcher Größenordnung für den Kunden ergeben.
Vorteile für den Kunden
Die Kombination von „doppelt gewellten“ und „Wassertropfen“-Lamellen verbessert bei wechselnden Witterungsbedingungen die Haftung und verlängert die Lebensdauer des Reifens. Sie wirkt sich günstig auf Fahrzeugkontrolle und Sicherheit aus. Mit der Technologie der „Wassertropfen“-Lamellen konnte die Haftung von Reifen, die bis zu zwei Dritteln abgefahren sind, beim Anfahren bei Nässe um 30, bei Schnee und Eis um 15 Prozent gesteigert werden (XDN 2 Grip im Vergleich zu XDN Grip). Die neue Reifenarchitektur erhöht die Tragfähigkeit des Reifens um 400 Kilogramm pro Achse (315/60 R 22.5) auf 7,5 Tonnen Vorderachslast, die Herstellung gänzlich neuer Reifendimensionen wird ermöglicht; auch das Ladevolumen kann potenziell erhöht werden. Obwohl die neuen Reifen einen geringeren Außendurchmesser haben, sind sie genauso tragfähig und langlebig wie herkömmliche Reifen. Die neue Reifengeneration hilft dem Unternehmer, Kosten zu sparen und seine Produktivität zu erhöhen.
XDN 2 Grip
Michelin präsentierte anlässlich einer Presseveranstaltung zu den neuen Technologien auch den ersten Reifen, bei dem die Innovationen von „Michelin Durable Technologies“ erstmals im Laufflächenbereich umgesetzt werden: den XDN 2 Grip, der jetzt sukzessive den XDN Grip ablösen wird und etwa drei Kilogramm schwerer als sein Vorgänger ist. Michelin XDN 2 Grip ist in den Dimensionen 315/80 R 22.5 und 315/70 R 22.5 erhältlich, ab 2006 wird auch die Dimension 295/80 R 22.5 verfügbar sein. Der XDN 2 Grip wird von Michelin als „Ganzjahresreifen“ beschrieben, das heißt er wird nach dem ersten Winter nicht demontiert, sondern auch im Sommer weitergefahren und kann einen zweiten Winter seine Fähigkeiten ausspielen.
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