ARS will 100 Aktionäre (Update)

Die neu gegründete ARS AG will bis zum Jahresende 2005 bis zu 100 Aktionäre gewonnen haben, die über ein Einkaufsvolumen auf Nettobasis von deutlich mehr als 100 Millionen Euro verfügen; das erklärte der Vorstandsvorsitzende Theo Pecher im Gespräch mit Neue Reifenzeitung. Nicht allein das dem der VRG nachempfundene Firmenlogo unterstreicht die Vermutung, dass es sich bei der ARS um eine Nachfolgegesellschaft der VRG handelt. Zu dieser zählt -wie bereits berichtet- das Reifenhandelsunternehmen Straub mit allen Niederlassungen. ARS wird auch mit Partnern zusammenarbeiten und nicht alles allein entwickeln. So wird das Leasinggeschäft mit der zur Goodyear Dunlop-Gruppe gehörenden GDHS abgewickelt.
„Geplant war das alles nicht, es kollidiert einiges mit meiner persönlichen Lebensplanung. Nach meinen Vorstellungen hätte es einen mittelfristig geplanten Übergang gegeben. Doch dann wurden wir ja Anfang des Jahres ein wenig überrascht mit der Verjüngung der Geschäftsführerebene und der Tatsache, dass Herr Knörnschild zum 1. September 2004 in das neue Amt wechseln sollte und die Einarbeitung der neuen, jüngeren Geschäftsführer nicht mehr durch die noch im Amt befindlichen Geschäftsführer, sondern durch den Gesellschafterrat erfolgen sollte. Und da ich zu dieser Zeit ohnehin durch einen schmerzhaften Bandscheibenvorfall gehandikapt war, stand meinerseits einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zum 31. Mai nicht viel im Wege. Die Zusammenarbeit mit Herrn Knörnschild, über die öffentlich spekuliert wurde, war jedenfalls zu jeder Zeit gut und spannungsfrei.“ Auf diese Feststellung legt Theo Pecher wert. Und dann habe man ihn im Sommer angesprochen. Ehemalige VRG-Gesellschafter seien mit Vorgängen und Bedingungen innerhalb der point S so unzufrieden gewesen, dass deren Austritt unvermeidlich werde. Und in dieser Situation haben diese Händler ihn erneut angesprochen, „weil jemand mit Connections und Erfahrung gebraucht wurde.“ Heinz-Theo Pecher ist nun bis zum 31.12.2007 vertraglich an die ARS AG gebunden, und will dann endgültig das Ruder in jüngere Hände übergeben.

Rückblickend findet Heinz-Theo Pecher gegenüber seinem Vorgänger im Amt, Klaus Heymann, durchaus anerkennende Worte. Die Gesellschafterstruktur sei stets schwierig gewesen und die Vermittlung zwischen den Interessen sehr großer Betriebe auf der einen und vielen relativ kleinen Betrieben auf der anderen Seite habe gelegentlich viel Kraft gekostet. Heymann sei es gelungen, die VRG auf ein gesundes Fundament zu stellen, doch die Größe sei kritisch geblieben. Somit habe er die Aufgabe übernommen, einen Hafen zu suchen bzw. Strukturen zu schaffen, die den Gesellschaftern eine relative Sicherheit versprach. Die Idee und sich daran anknüpfende Theorien seien gut gewesen, aber die Umsetzung habe nicht so funktioniert wie man sich das vorgestellt habe. Pecher geht nicht zu sehr in Details, will auch nicht nachtreten, sondern er spricht von unterschiedlichen Streitkulturen, von (aus Sicht ehemaliger VRG-Betriebe) „mangelhafter Transparenz der Overhead-Abrechnungen.“ Gemeint ist nicht, dass etwa zu wenig ausgezahlt worden sei oder man Zweifel hinsichtlich der Abrechnungen habe hegen müssen, sondern den selbstbewussten VRG-Händlern habe es nicht gefallen, dass die Geschäftsführung meint, aus Wettbewerbsgründen ausgehandelte Konditionen mit ausgesuchten Industriepartnern nicht vollständig offen legen zu müssen. Pecher spricht von „unterschiedlicher Streitkultur“ mit der Folge, „dass zuletzt zwei Meinungen auf dem Tisch lagen. Einige VRG’ler gehen, andere werden bleiben.“

Wohin aber gehen die, die sich point S nicht länger wohl fühlen? Braucht man als mittelständischer Reifenhändler eine Kooperation oder gibt es auch ein erfolgreiches Leben als Einzelkämpfer? Abgesehen davon, dass sich Kooperationen als eine Art Heimat für Einzelkämpfer bewährt haben, wächst die Bedeutung von Autoflotten und Leasinggesellschaften stark. Wer von diesem Geschäft nicht direkt ausgeschlossen werden will, muss einem „Netz“ angehören. Damit ist die Notwendigkeit für die Wiederbelebung der VRG gegeben, die dieses Mal unter dem Namen ASR AG, Aktiv Reifen-Service firmiert. Doch selbst für eine Kooperation ist es ja nicht so ganz einfach, über Nacht die dafür erforderlichen Strukturen zu schaffen, völlig davon abgesehen, dass man ja auch ein halbwegs flächendeckendes Netz bieten müsste. Deshalb ist die oben bereits erwähnte Zusammenarbeit mit GDHS zumindest eine vorübergehende gute Lösung eines Problems. Übrigens: Die VRG steht immer noch im Handelsregister und kann aus rechtlichen Gründen auch erst in diesen Wochen ausgetragen werden. Wenn man überhaupt einmal einen Gedanken an eine Wiederauferstehung unter altem Namen verschwendete, so hat man diesen jedenfalls schnell verworfen, weil man mit dem Namen auch den Gesellschaftervertrag übernommen hätte. Doch bei der Neugründung soll es ja dieses Mal anders laufen, Fehler der Vergangenheit sollen sich nicht wiederholen.

So kann Aktionär der ASR nur werden, wer über ein Einkaufsvolumen von mindestens einer Million Euro verfügt. Mindestens 75 Prozent seines Einkaufsvolumens muss der Aktionär über die ARS abwickeln. Das ist gegenüber den sonstigen Gepflogenheiten anderer Kooperationen eine erhebliche Unterscheidung. Damit sind auch kleine Betriebe, deren Interessen sich mit denen der mittelständischen Reifenhandlungen nur schwer koordinieren lassen, außen vorgeblieben.
Ferner wird Exklusivität gewährt. Ein ARS-Aktionär ist in einem Umkreis von 30 Kilometern allein. Einen zweiten Betrieb kann die ARS dann nur mit Zustimmung des betreffenden Aktionärs aufnehmen. In Ballungszentren strebt man eine andere Regelung an, Einzelheiten wollte Pecher jetzt aber noch nicht nennen.

Man darf nun einigermaßen gespannt auf die Bekanntgabe der ersten Namen warten. Pecher tut sich damit aus nahe liegenden Gründen noch schwer, denn die meisten Händler dürften derzeit noch bei der point S sein und wollen erst mal das Wintergeschäft hinter sich bringen und in den Genuss aller Abrechnungen kommen. Vor diesem Hintergrund dürfte auch die Entscheidung für die Rechtsform einer Aktiengesellschaft gefallen sein. Die Aktionäre bleiben anonym, während Gesellschafter in ein Handelsregister einzutragen sind, das jederzeit einzusehen ist. Doch die Zeit drängt. Wenn es in die von der ARS zu führenden Gespräche mit der Reifenindustrie geht, muss in dieser Hinsicht Klarheit herrschen. Ob die von Heinz-Theo Pecher genannte Zahl von 100 Aktionären zum Jahresende 2005 eine realistische Größe ist, kann ein Außenstehender nicht beurteilen.

Zum Marken-Portfolio lässt sich Pecher wenig herauslocken. Goodyear werde mit allen anderen Konzernmarken eine Rolle spielen und wohl auch Continental. Aber, wie bereits gesagt, konkret seien die Gespräche alle noch nicht. Man habe zunächst nur auf informeller Ebene Kontakte gehabt.

Dass letztlich alle Reifenhersteller die neue Kooperation anerkennen werden, ist ziemlich unbestritten. Warum auch sollten Reifenhersteller sich verweigern. Ob sich alle Ansprüche erfüllen lassen, wird man sehen. In jedem Fall versprechen die nächsten Wochen interessant
zu werden, denn nach und nach müssen die Namen der ARS-Aktionäre ans Licht kommen und es ist anzunehmen, dass der point S-Zentrale, die nach außen hin doch ziemliche Gelassenheit ausstrahlt, noch ein paar Überraschungen, kaum aber Erschütterungen, ins Haus stehen könnten.
klaus.haddenbrock@reifenpresse.de

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