Teams aus sechs Nationen im Kampf um die Fulda-Challenge-Tickets
Bereits während des ersten gemeinsamen Briefings war klar geworden, dass die Veranstalter und Organisatoren des Suldener Auswahl-Wettstreits um die Fulda-Challenge-Tickets 2005 ihre aus sechs Staaten angereisten Teilnehmer mit weit mehr als einer leicht zu nehmenden Generalprobe für den Polarkreis empfangen würden. Erste Ernüchterung allenthalben, Abschied von illusionären Erwartungen, wechselnde Vorgefühle, wachsende Anspannung. – 14 Sportler waren schließlich am Ziel: erlöst von einer dreitägigen Belastungsprobe, entlassen aus einem harten Konkurrenzkampf, verabschiedet in die Herausforderung „Extreme Arctic Adventure 2005“.
„Ich bin ohne irgendwelche Erwartungen in die Qualifikation gegangen. Es war ein schwerer Wettkampf und mit einem Sieg hatte ich niemals gerechnet. Das muss ich jetzt erstmal verarbeiten …“ Die Freude stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Die Erschöpfung auch – doch der einzigartige Glücksmoment am Ende eines beschwerlichen Wettbewerbs ließ die vormals erlittenen Strapazen schnell in weite Ferne rücken.
Qualifikationsdebüt: Physische Extremtortur im Schatten des Südtiroler Alpenidylls
Sulden würde hart werden, ohne Frage. Kein müßiger Wander-Ausmarsch, kein genussvoller Panorama-Streifzug – wenngleich das sonnenreiche, frühherbstliche Südtiroler Alpenland während der drei Qualifikationstage zum Fulda-Challenge-Vorentscheid durchaus dazu eingeladen hätte. Tatsächlich wurde manch einem in den Reihen der voreinst noch motivierten Athleten bereits die Luft reichlich dünn angesichts des ersten – und zugegebenermaßen nicht gerade einfachsten – sportiven Auftrags in alpinen Höhen. Denn der auf 15 Kilometer Wegstrecke angesetzte Halbmarathon von Prad am Stilfserjoch zurück nach Sulden sollte zeigen, wer von den 68 der insgesamt 30.000 Bewerber zu Recht sein Ticket für den diesjährigen Ausscheidungswettkampf zur 5. Fulda-Challenge 2005 hatte lösen können. Dabei hätten die Voraussetzungen für einen optimalen Lauf günstiger kaum sein können – kühle Temperaturen, trockener Untergrund, dazu blauer Himmel und eine atemberaubende Naturkulisse. Einzig 1.150 Meter zu bewältigende Höhendifferenz lagen zwischen Sportlertraum und Hochleistungskampf. Eine gnadenlose Vertikaldistanz, die – obgleich aus sportmedizinischer Sicht ideal gewählt – das Gros der Starter bis an ihre Konditionsgrenzen provozierte. Am Ende zollten sechs Teilnehmer mit frühzeitigem Laufabbruch der Erhabenheit des Hochgebirges und einer strapaziösen körperlichen Kräftezehr ihren Tribut. Indes gingen mit einer respektablen Gesamtzeit von 1:44:32 Stunden zwei Sportsfreunde mit beispielhafter Kollegialität gemeinsam durch die Zielgerade: Ein Mitglied vom Team AutoBild und ein Italiener teilten sich nach einer erstklassigen Langstrecken-Performance den Jubel der Teilnehmer und die Anerkennung ihrer prominenten Betreuer und Begleiter Hans-Joachim Stuck und Rallye-Champion Isolde Holderied.
Die Regenerationszeit war knapp und viele Beinpaare entsprechend schwer, als kurz nach Mittagszeit Runde 2 im Kampf um das goldene Ticket nach Kanada eingeläutet wurde. Diesmal in vier gemischte Gruppen aufgeteilt, mussten die Wettstreiter nun nach der vormittäglichen Konditionsdemonstration vor allem Kraft und Geschicklichkeit unter Beweis stellen. Unter fachkundiger Anleitung von Extrembergsteiger Olaf Reinstadler galt es, beim Tree-Climbing den perfekten Griff und eine ausgefeilte Steigtechnik anzulegen, um in einer Maximalzeit von zwei Minuten beachtliche zehn Meter Baumstamm senkrecht zurückzulegen. Nicht einmal für Profisportler ein leichtes Unterfangen, wie Ski-Olympiasieger Markus Wasmeier und Extremsportler Joey Kelly beim Testklettern über die grobe Rinde an Händen und Füßen erfahren mussten. Nichtsdestotrotz konnten Anwesende den Klang der in Zielhöhe befestigten Signalglocke gleich vielfach vernehmen, denn im Gegensatz zum Vorjahr fand die anspruchsvolle Kletterpartie diesmal unter leicht vereinfachten Bedingungen bei Tageslicht statt. Erstklassige Top-Zeiten bis unter die 40-Sekunden-Marke konnten so bei der Zeitabnahme zu Papier gebracht und damit eindrucksvolle sportliche Höchstleistungen in der Wertungsstatistik festgehalten werden.
Spitzenresultate auch in der ATV-Prüfung, die ihre Starter mit 21-PS-starken Quads im wahrsten Sinne über Stock und Stein führte. Doch, dass ein erfolgreiches Handling der imposanten Rennmaschinen seinen Fahrern deutlich mehr abverlangt als einen starken Gasfuß und erhöhte Risikobereitschaft, zeigte sich spätestens, als die rasante Schotterfahrt zweier Starterinnen an Baum und Grenzstein ihr jähes Ende nahm. Zu Schaden kam – nicht zuletzt durch die professionellen Instruktionen der engagierten Racing-Spezialisten Stuck und Holderied – glücklicherweise niemand, und so entließ auch der Offroad-Parcours seine Piloten unversehrt, aber erschöpft in den absolut verdienten Feierabend am Ende eines kampf- und schweißreichen ersten Qualifikationstages.
Zwischen Adrenalin-Kick und Erschöpfungs-Aus
Der Kampf wurde zäher, die Stimmung bei den Challenge-Aspiranten hingegen deutlich ausgelassener: Am zweiten Wettkampftag wurden die aufgefahrenen Geschütze im Fight um Bestzeiten und Höchstleistungen deutlich schwerer. Gleichzeitig wuchsen Solidarität und Teamgeist zusehends in den Reihen der Athleten, die in aufreibenden Wettläufen gegen die Uhr und gegen die eigenen körperlichen Erschöpfungserscheinungen sportliche Spitzenklasse demonstrierten. Das Laufmartyrium des Vortages noch in den Knochen, war zähe Beharrlichkeit das Gebot der Stunde – und dies insbesondere bei jenen Wettkämpfern, die den neuen Qualifikationstag erneut mit einer erbarmungslosen Langstreckenprüfung auf dem Mountainbike angehen mussten. 30 Kilometer (22 Kilometer für die Starterinnen) anspruchsvoll gewählter Rundkurs durch Suldens Straßen und Berghänge sowie eine Höhendifferenz von 400 Metern pro Runde hatten die Radler im Sattel zu bezwingen. Gefahren, geschultert, geschoben – kräftezehrende Passagen durch die Suldener Unwegsamkeit forderten den Bikern gleichermaßen gute Kondition wie technische Flexibilität ab, und manch einem wurden angesichts gleich mehrfach abgesprungener Radketten die Tücken des Materials zusätzlich zur Zerreißprobe.
Kurz, doch kaum weniger schmerzlich im Vergleich zur Ausdaueretappe Mountainbiking gestaltete sich das Climbing an der freien Felswand. Analog zur Wertungsprüfung des Tree-Climbing am Vortag lud die zweite Kraftdisziplin diesmal dazu ein, ein 20 Meter hohes Felsmassiv des Schwierigkeitsgrades 4 in weniger als vier Minuten zu erklimmen. Climbing-Premiere übrigens auch für Hochleistungssportler Joey Kelly, der seinen Einstand an der Wand mit günstiger Technik und einer exzellenten Zeit von 1:31 Minuten zelebrierte. Zur selben Zeit schickten Rallyeprofi Isolde Holderied und Fulda-Produktmanager Rolf-Dieter Stohrer ihre Athletengruppe in einen eigens angelegten 500 Meter langen Offroad-Parcours, den es am Steuer eines Toyota Landcruiser mit Geschick und Mut zur Geschwindigkeit im Schotterhang zu durchfahren galt. Scharfe 180-Grad-Kehrtwendungen, gekonntes Hindernishandling und mutige Wildwasserfahrt durch den nahe gelegenen Gebirgsbach brachten begehrte Punkte in der Wertung und Adrenalin ins Blut. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Offroad-Gelände indes mussten die Wettstreiter im so genannten „Tire-Parcours“ den Massengehalt eines straßentauglichen Fulda Tramp 4×4 Tour ohne Hilfsmittel über eine steigungsreiche Kies- und Geröllpiste transportieren – und trugen dabei reichlich schwer an ihrer Last. 28 Kilogramm Pneu einschließlich Felgengewicht (Frauen: 14-Kilogramm-Reifen ohne Felge) ließen die gerade Haltung durchtrainierter Wettkämpfer binnen weniger Sekunden sichtliche Ermüdungsanzeichen annehmen. Für den abschließenden und entscheidenden Wettkampftag hieß es also noch einmal letzte Kraftreserven mobilisieren für den finalen Weg aufs Sulden-Treppchen …
„Ready. Steady. Go!“ auf dem Weg zur Fulda-Challenge 2005
Finaltag: Fünf Kilometer noch trennten die Top-Liga der Sulden-Qualifikanten vom hart erkämpften Einzug in den Challenge-Entscheid 2005 im kanadischen Yukon. Ein letztes „Ready. Steady. Go!“ von Wettbewerbsleiter „Strietzel“ Stuck verabschiedete die seit dem Vortag um einige Teilnehmer verringerte Startergruppe in den großen Finallauf des „Mountain Run“. Ein gleichermaßen schwieriges wie spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, das aus knappen Resultaten und zeitlich eng aufeinander folgenden Zwischenplatzierungen die 14 Besten der ursprünglich 68 angetretenen Athleten herauskristallisieren sollte. Der von der Südtiroler Bergrettung abgesicherte Extrem-Trail führte die vom finalen Ehrgeiz gepackten Sportler auf einer erbarmungslosen Steilroute vom Startpunkt Talstation Seilbahn Sulden aus Richtung Mittelstation bis zur Hintergrad-Hütte bis auf 2.661 Höhenmeter über Meeresspiegel. In einer vorgegebenen maximalen Zwischenzeit von 50 Minuten bei Streckenhälfte ging es über mitunter gefährlich schmalen, rutschigen und äußerst steilen Zickzackwegen dem Berggipfel entgegen. Mit Biss kämpfte sich die Gruppe über die engen Pfade ins Bergmassiv, um nach mühevollem Aufstieg mit letzten Konditionsreserven den entscheidenden Schlusssprint des Suldener Qualifikationsgefechts anzugehen.
Der kanadische Traum
„In meinem Zimmer liegt seit vier Jahren ein Bericht über das Yukon Territory. Bisher war es nur ein Traum, die Kälte, den Schnee, die Tiere und die Nordlichter Kanadas zu erleben. Jetzt darf ich ihn verwirklichen und meine sportlichen Grenzen austesten. Es ist eine einzigartige Erfahrung, die uns dort oben bevorstehen wird“, meinte zum Abschluss Deutschlands Top-Favoritin Meike Pittius vom Team AutoBild.
Fürs Finale qualifiziert sind Team AutoBild (Meike Pittius und Dirk Ostertag), Team Toyota (Kerstin Wohllebe und Frank Ockenfeld), Team Schweiz (Paloma Sommer und Brian Duthiers), Team Österreich (Anita Krenn und Markus Feichtner), Team Niederlande (Helga Vuur und Pieter Groen), Team England (Emily Gribble und Richard M. Jackson) und Team Italien (Judith Lanthaler und Werner Haller).
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