Russen wollen Vredestein
Die Amtel-Gruppe, größter Reifenhersteller Russlands, will die Reifensparte von Vredestein übernehmen, die Gespräche seien sogar schon weit fortgeschritten, bestätigt Vredestein-Chef Rob Oudshoorn auf Nachfrage der NEUE REIFENZEITUNG, das Geschäft könne bereits Anfang 2005 über die Bühne gehen.
Es entsteht eine so genannte „Win-win-Situation“ oder – wie Oudshoorn sagt – ein „Eins plus Eins = Drei“. Der Vredestein-Chef hat seit Sommer diesen Jahres die russischen Werke des (wahrscheinlichen) Partners besucht und war positiv überrascht, modernstes Equipment vorzufinden, das teilweise mit dem im Vredestein-Werk Enschede übereinstimmte.
Die dort hergestellten Produkte seien wirklich gut, wenn auch zwischen importierten modernen Reifen in Russland und dort hergestellten noch eine gewisse Lücke klaffe. Die kann durch Reifen der Marke Vredestein geschlossen werden. Die Holländer sind zwar bereits heute durch einen Importeur im russischen Markt vertreten, aber durch die Marktmacht Amtels (die laut Oudshoorn für 28 Prozent Marktanteil steht) könne die Verbreitung der von ihm verantworteten Marke deutlich ausgebaut werden.
Die russischen Partner – laut Oudshoorn äußerst seriöse Geschäftsleute – seien aber auch von der Vredestein-Idee der Partnerschaft mit Designer Giugiaro begeistert. Sie erwarten von der Partnerschaft mit Vredestein auch Zugang zu den europäischen und nordamerikanischen Märkten. Laut Rob Oudshoorn seien Amtel-Reifen von solch respektabler Qualität, dass er sehr wohl davon ausgeht, diese Reifen auch über die Vredestein-Vertriebsschienen mitvermarkten zu können.
Ein Verkauf der Reifensparte Vredestein Banden ist relativ unproblematisch, nachdem die Vredestein-Aktie im Sommer 2003 von der Amsterdamer Börse genommen worden war und fast alle Anteile in die Hand der Vredestein Investment Consortium N.V. („Vico“) gelangt waren.
Vico ist bereits seit 1991 Großaktionär von Vredestein (vor der Börsenauslistung mit ca. 61,2 Prozent), Großaktionäre von Vico wiederum sind A. F. van Vemde und S. F. Vis. Van Vemde ist (indirekt) Aktionär von Vico, S. F. Vis Geschäftsführer der Janivo Holding B.V., die ebenfalls Mitgesellschafter von Vico ist. Sowohl van Vemde als auch Vis waren während der Übernahme Vredesteins durch Vico Mitglieder des Aufsichtsrats von Vredestein.
Ein Verkauf würde das Reifenwerk Enschede betreffen, aber auch die Tochtergesellschaften im Vertrieb. Sämtliche Marken- und Patentrechte von Vredestein Reifen würden an Amtel gehen, die Russen haben darüber hinaus zugesagt, auch in sämtliche Offtake-Vereinbarungen einsteigen zu wollen. So hat Vredestein eine in einigen Märkten gut eingeführte Zweitmarke Maloya und lässt Fahrrad-, Agrar- und Industriereifen sowie selbst einige Pkw-Reifentypen in Indonesien herstellen. Die Partnerschaft mit dem malaysischen Unternehmen Fung Keong Rubber, mit dem Vredestein sogar ein Gemeinschaftsunternehmen hatte, ist allerdings mittlerweile gescheitert. Kompensation fand Vredestein bei der P. T. Industri Karet Deli (Medang), deren professionelle Einstellung Oudshoorn ausdrücklich lobt.
Auch Amtel selbst bestätigt gegenüber russischen Medien, dass die Verhandlungen weit fortgeschritten und im Februar 2005 zum Abschluss kommen können. Mit der Akquisition würde ein Unternehmen mit einem Umsatzvolumen im Reifengeschäft in Höhe von knapp einer Milliarde Euro entstehen. Amtel unterhält in Russland drei Reifenfabriken in Voronesz, Krasnoyarsk sowie Kirov und hat ein eigenes Werk für Reifenruß in Wolgograd. Darüber hinaus ist Amtel in der Ukraine maßgeblich am Reifenwerk Rosava beteiligt und hat eine eigene Produktionsstätte für Reifencord. Mehrheitsaktionär und Präsident der Gesellschaft ist Sudhir Gupta, ein Geschäftsmann aus Singapur. Derzeit werden Anteile von Amtel an der Börse Moskau offeriert und Investoren schmackhaft gemacht.
Das derzeitig diskutierte Übernahmemodell sieht nach Informationen russischer Agenturen vor, dass eine Amtel Holdings Holland gegründet wird, die Vredestein Banden übernimmt.
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