Michelin hat in Nordamerika die Gunst der Stunde genutzt
Die Zeiten haben sich gewaltig geändert im US-Reifenmarkt. Den früher so bezeichneten One-Brand-Dealer gibt es so gut wie gar nicht mehr. Der unaufhaltbar scheinende Weg zu immer mehr Private Brands ist durch den Reifenrückruf von Firestone gestoppt worden, Reifen sind mehr als zuvor in das Bewusstsein der Verbraucher gedrungen. Man erhoffte sich einen „Flight to Quality“. Das ist ein wenig missverständlich, denn die von großen Reifenkonzernen gefertigten Hausmarken haben kein Qualitätsdefizit. Der erhoffte Trend richtet sich auf Marken, auf Markenimage, auf Markeninhalte. Womit man automatisch bei Michelin angekommen ist. Kein Reifenhersteller hat in wirtschaftlich guten wie in schlechten Zeiten so viel für den Aufbau seiner Reifenmarke getan wie Michelin. Michelin ist nicht der Erfinder des Stahlgürtelreifens gewesen, aber hat ihn mit bewunderungswürdiger Beharrlichkeit weltweit durchgesetzt. Zum Produkt Stahlgürtelreifen gibt es keine Alternative. Und erfunden haben die Franzosen die Mehr-Marken-Strategie auch nicht, aber sie haben eine solche mit Inhalten versehen und sie so in den Markt gebracht, dass es auch dazu keine Alternative mehr gibt. Sie drücken damit den Märkten dieser Welt, und ganz besonders dem amerikanischen, in gänzlich unverwechselbarer Form ihren Stempel auf.
Las Vegas ist für Michelin zwar ein guter und wichtiger Treffpunkt, aber die größeren Veranstaltungen und Treffen außerhalb der Messe halten sich in deutlich kleinerem Rahmen als zum Beispiel bei Bridgestone/Firestone. Michelin hat in den letzten drei Jahren im Markt klare Vorteile verbuchen können. Konnte der Michelin-Konzern schon signifikant Marktanteile gewinnen, geht es nun noch um deren Festigung. Marktanteil allein sagt nichts, gute Marktanteile sind entscheidend. Es bringt nichts, sich an einer großen Zahl gelieferter „Brot-und-Butter-Reifen“ zu berauschen, wenn mit den anspruchsvolleren High-Performance-Reifen das Geld verdient wird. Es ist ebenso wenig optimal, Marktanteile mit House Brands zu festigen, wenn die Flag Brands, für die Verbraucher bereit sind einen höheren Preis, also Premium, zu bezahlen, sich im Sinkflug befinden. Michelin hat den Spagat zwischen Verteidigung von Marktanteilen bei gleichzeitiger Anhebung der Verkaufspreise im nordamerikanischen Markt wohl am besten managen können.
Betrachtet man heute die Rolle des Reifenkonzerns Michelin auf dem US-Markt, so sind dessen strategischen Vorteile für jeden Betrachter offensichtlich: Michelin hat eine von der Überlegenheit des Produkts überzeugte Organisation. Das Produkt war der große Treiber über Jahrzehnte hinweg. Gleichzeitig wurde ständig der Markenname Michelin poliert, wurden die Werke auf Vordermann gebracht. Und irgendwann, vor rund zehn Jahren bereits, als Edouard Michelin mit Führungsaufgaben in Amerika seine berufliche Karriere begann, erhielt das Marketing einen weitaus höheren Stellenwert im Hause als je zuvor. Damals wurden die Weichen für einen Übergang zu einer stärker „market-driven organisation“ gestellt.
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