Rallye-WM: Einzelsieg für Pirelli, Teamerfolg für Michelin
Spannung pur bis zum Finale der Rallye-WM in Wales: Beim 14. und letzten Lauf – der Rallye Großbritannien – siegte Subaru-Pilot Petter Solberg, setzte sich an die Spitze der Einzelwertung und machte so auch Reifenlieferant Pirelli zum Weltmeister. Anders in der Teamwertung: Hier siegte Citroën vor Peugeot, beide mit Michelin-Reifen. Zweiter wurde bei der RAC-Rallye Sebastien Loeb auf Citroën/Michelin, Dritter Tommi Mäkinen auf Subaru/Pirelli, der sich mit diesem Rennen vom aktiven Spitzensport verabschiedete.
Die neuen Konstrukteurs-Weltmeister der Rallye-Saison 2003 heißen: Citroën und Michelin. Mit dem zweiten Platz beim Finallauf in England sicherte Xsara WRC-Pilot Sébastien Loeb seinem Arbeitgeber den ersten Titel seit der Rückkehr der Franzosen in die Rallye-WM, steckte dafür im Kampf um die Fahrer-Krone jedoch auf Wunsch seines Teams zurück. Für Michelin-Partner Carlos Sainz endete der Traum vom dritten WM-Titel bereits auf der ersten Etappe, als der Spanier nach einem Fahrfehler von der Strecke abkam und aufgeben musste. Für Michelin bedeutet der erneute Gewinn der Marken-WM den zehnten Rallye-Titel in den vergangenen Jahren.
Wenn Carlos Sainz die Rallye England bei der Auswahl seiner Lieblingsveranstaltungen im WM-Kalender geflissentlich übergeht, dann beruht diese Antipathie ganz offensichtlich auf Gegenseitigkeit: Bereits 1998 büßte der Spanier hier seinen bereits sicher geglaubten dritten WM-Titel ein – nur wenige hundert Meter vor dem Ziel der letzten Wertungsprüfung versagte vor laufenden Fernsehkameras der Motor seines Toyota. Fünf Jahre später reiste der heute 41-jährige Madrilene erneut als Titelkandidat gen Wales – und wurde wieder auf dramatische Weise enttäuscht.
Dieses Mal war es eine Inboard-Kamera, die eine tragische Rolle übernahm: Auf der Startlinie der ersten Wertungsprüfung am Freitagmorgen entzündete sich die Elektronik der Video-Einheit und musste gelöscht werden – ein Problem, dass sich prompt vor der darauffolgenden WP „Trawscoed“ wiederholte. Erst als Sainz das Stromkabel kappte, kehrte Ruhe ein. Oder doch nicht? „Dieses ganze Durcheinander hat mich um meine Konzentration gebracht“, klagte „El Matador“ später: „Deswegen habe ich die Ansage meines Beifahrers überhört, dass sich die schnelle Linkskurve zuziehen wird.“ Einziger Trost für den Spanier: Die TV-Sequenz, wie der Xsara WRC seine wichtigsten technischen Eigenschaften im Unterholz einbüßt, bleibt der Nachwelt mangels funktionierender Kamera erspart…
Paradoxerweise sollte das Missgeschick des Grand Seigneurs auch seinen 29-jährigen Teamkollegen Sébastien Loeb um alle Titelchancen bringen: Citroën-Sportchef Guy Fréquelin wollte im Kampf um die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft keine Risiken mehr eingehen und bat sein fahrendes Personal – Loeb und Colin McRae – um eine vorsichtigere Arbeitsweise. „Das ist eine ganz schwierige Entscheidung“, gestand Fréquelin. „Aber ich muss Rücksicht nehmen auf die Interessen von Citroën.“
WM-Favorit Loeb stellte seine Professionalität unter Beweis und fügte sich. Hatte der Franzose noch die ersten beiden Prüfungen am Freitagmorgen für sich entschieden, so schaltete er fortan einen Gang zurück. „Ich stelle sicher, dass ich auf der Straße bleibe“, so das Riesentalent aus Oberhoffen. „Das ist mein Job, und den werde ich so gut ich kann erfüllen.“
Schnell übernahm Petter Solberg die Führung, die er mit einer ganzen Serie von Bestzeiten peu à peu ausbaute – doch Michelin-Partner Loeb blieb auf Schlagdistanz und hoffte darauf, den Norweger in einen Fehler treiben zu können. Ganze acht Sekunden trennten die beiden Titelkandidaten am Ende der ersten Etappe, 41,2 Sekunden nach WP 15, der letzten Prüfung des Rallye-Sonnabends. So sehr der Subaru-Pilot den heißen Atem des Citroën-Stars auch im Nacken spürte: Einen Patzer erlaubte er sich nicht einmal, als Loeb auf der dritt- und vorletzten Prüfung noch einmal attackierte und Bestzeiten fuhr.
Während mit Petter Solberg erstmals ein Vertreter der „Jungen Wilden“ den Fahrertitel an Land ziehen konnte, gingen mit Tommi Mäkinen und Colin McRae zwei verdiente Veteranen in England voraussichtlich das letzte Mal an den Start einer WM-Rallye. Subaru-Werkspilot Petter Solberg läutete mit dem Gewinn seines ersten Weltmeistertitels beim Finale zur Rallye-Weltmeisterschaft 2003 in Großbritannien einen Generationenwechsel ein. Genau neun Tage vor seinem 29. Geburtstag feierte der Norweger mit Subaru und Pirelli an jenem Ort seinen vierten Saisonsieg, an dem ihm exakt vor Jahresfrist sein erster Sieg bei einem WM-Lauf gelungen war. Zum ersten Mal seit Colin McRae im Jahr 1995 gewann damit wieder ein Pilot, der jünger als 30 Jahre ist, den begehrten Titel. Eine entscheidende Rolle in der Reifen-Strategie spielte dabei Solbergs Teamkollege Tommi Mäkinen. Der vierfache Weltmeister, der in Großbritannien mit seinem letzten WM-Einsatz eine an Titelsiegen unübertroffene Karriere beendete, hat sich am zweiten Tag der Veranstaltung trotz des Kampfes um Platz drei voll in den Dienst des Teams gestellt. „Tommi hat erheblichen Anteil am Erfolg von Petter“, betont Subaru-Teamchef David Lapworth. „Er hat mehrfach Chancen auf gute Zeiten in den einzelnen Wertungsprüfungen geopfert, um einige der technischen Optionen zu evaluieren, die uns Pirelli angeboten hat. Die Ergebnisse, die er dabei erzielt hat, halfen uns zweifellos bei der Reifenwahl.“ Die Strategie zahlte sich aus: Solberg gewann alle acht Wertungsprüfungen des zweiten Tages. Für Pirelli ist der WM-Titel von Solberg die Fortsetzung einer langen Erfolgsserie seit Beginn der Rallye-Weltmeisterschaft. Neben elf Titeln in der seit 1973 ausgetragenen Markenwertung war Pirelli nun auch am achten Titelsieg eines Piloten in der seit 1979 ausgeschriebenen Fahrerwertung beteiligt.
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