Nokians „giftfreier“ Sommerreifen
Der erste giftfreie Sommerreifen der Welt in der Geschwindigkeitskategorie H bis 210 km/h ist der Nokian NRHi, meldet der finnische Herstellerer. Er enthalte keine schädlichen hocharomatischen Öle (HA-Öle), sondern nur ungefährliche gereinigte, niedrigaromatische Öle (siehe detailliert weiter hinten in diesem Beitrag). Schon seit mehr als zehn Jahren hat Nokian Tyres verschiedene Alternativen untersucht und getestet, damit die als giftig eingestuften Öle durch saubere Alternativen ersetzt werden können. Besonders die Produktion von leistungsstarken Sommerreifen ohne HA-Öle erfordert modernes chemisches Know-how. Als Ergebnis seiner langen Forschungs- und Entwicklungsarbeit sei es Nokian Tyres als weltweit erstem Reifenhersteller gelungen, einen sauberen Reifen zu fertigen, dessen Nassgriff und sonstige Sicherheitseigenschaften wie Bremsweg und Richtungsstabilität trotzdem hervorragend seien. Grüne Längsrillen signalisieren seine Umweltfreundlichkeit. Der NRHi kommt im Frühjahr 2004 in den Handel.
Sicher und leise auch auf nassen Fahrbahnen
Die größte Herausforderung bei der Entwicklung des Nokian NRHi bestand darin, einen guten Nassgriff auch ohne die für den chemischen Prozess idealen HA-Öle zu erzielen. Dies gelang durch die Verwendung von sauberen Ölen sowie neuen Polymeren und Silica.
Einen wirkungsvollen Griff auf nasser Fahrbahn hat der neue Reifen laut Unternehmensangaben. Gewöhnlich lässt der Griff von leistungsstarken Reifenbei kühlen Temperaturen nach. Bei allen Sommertemperaturen läuft der Nokian NRHi problemlos. Die Nassbremstests wurden sowohl bei kühlen Temperaturen (unter 10 Grad) als auch bei Hitze (über 25 Grad) durchgeführt und brachten überzeugende Ergebnisse. Im Vergleich zum Vorgänger war der Nassgriff sechs Prozent besser.
Der laufrichtungsgebundene Nokian NRHi besitzt ein „federförmiges“ Profil, dessen sich zu den Seiten hin öffnende Querrillen für eine wirkungsvolle Wasserdrainage sorgen sollen.
Dank seiner leichten Konstruktion, Profilgestaltung und Gummimischung rollt er leicht. Sein Rollwiderstand sei – so der Anbieter – sogar sieben Prozent besser als bei seinem Vorgänger, dem Nokian NRH2.
Das Reifengeräusch konnte mit Hilfe verschiedener Lösungen gedämpft werden. Neben einer neuen Blockverteilung und diversen Konstruktionslösungen befinden sich an den Hauptrillenböden Erhöhungen und neben den Blöcken Einbuchtungen. So wird der hohe Ton gebrochen, der auf einer glatten Fahrbahn in den geraden Rillen entsteht (Orgelpfeifeneffekt).
Als leise und angenehm wird das Innenraum- und Vorbeifahrgeräusch bezeichnet. Der Dezibelwert des Vorbeifahrgeräusches des Nokian NRHi liegt unter dem Grenzwert der EU-Richtlinie, die Anfang August 2003 in Kraft getreten ist.
Hohe Richtungsstabilität und Abriebfestigkeit werden ferner als Vorzüge des Nokian NRHi hervorgehoben. Sein Bodenkontakt sei weich und präzise, wodurch Bremsleistung und Abriebbild optimiert würden. Zur Verbesserung der Kurveneigenschaften tragen die symmetrischen Schultern bei.
Das Infofeld gibt den richtigen Luftdruck an
Der Wulstbereich des Nokian NRHi wurde neu geformt und mit einem Mudstopper-Ring ausgestattet, um die Felge vor dem Eindringen von Sand und Schmutz zu schützen.
An der Seitenwand befindet sich ein Infofeld zur Erleichterung der Reifenwartung und Erhöhung des Komforts. Am Infofeld ist eine Reihe von Reifendruckempfehlungen angegeben. Der Monteur trägt den korrekten Reifendruck im Infofeld ein. Beim Überprüfen des Luftdrucks kann man den richtigen Wert am Infofeld ablesen.
Neben den Luftdruckkennzeichnungen befindet sich ein Schema, in dem die Position des Reifens am Auto markiert wird. Die Positionsanzeige bietet sich vor allem für die Saisoneinlagerung an und erleichtert den Wechsel der Reifen von einer Achse auf die andere, was die Laufleistung erhöht.
Mindestens vier Millimeter Profiltiefe verleihen dem Reifen seine Drainageeigenschaften. Der Nokian NRHi ist mit der von anderen Produkten dieses Herstellers her bekannten Profilabnutzungsanzeige ausgestattet, die deutlich die jeweils aktuelle Restprofiltiefe der Hauptrillen in Millimetern anzeigt. So kann der Fahrer immer sichergehen, dass er mit guten und sicheren Reifen fährt.
Der Nokian NRHi ist für alle Märkte von Nokian Tyres entwickelt worden. Die wichtigsten Absatzgebiete sind Skandinavien, Mitteleuropa und Russland.
Reifen und gefährliche PAH-Verbindungen
Zum Weichmachen der Gummimischungen werden bisher hocharomatische (HA) Öle verwendet. Noch in den 50er Jahren benutzte man u. a. Teer und Kiefernöl. Damals stellten die Fahrzeuge allerdings noch nicht so hohe Ansprüche an die Reifen.
HA-Öle entstehen als Nebenprodukt in der Ölraffination. Weichmacheröl unterstützt das Vermischen der verschiedenen Gummiarten untereinander und lenkt die Eigenschaften der Gummimischungen so, dass der Reifen einen guten Griff bei Nässe und wechselnden Bedingungen erhält, leicht rollt und verschleißfest ist.
Die Verwendung von hocharomatischen, gut löslichen Öle für die Reifenlauffläche ist im Hinblick auf Funktionstüchtigkeit und gute Eigenschaften, speziell Nassgriff, wichtig.
PAH-Verbindungen entstehen beim unvollständigen Verbrennen
Polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) sind Verbindungen von zwei oder mehreren Benzenringen, die nur Kohlenstoff und Wasserstoff enthalten. Sie bilden eine Gruppe von mehr als hundert Stoffen. Einige HA-Öle enthalten krebserregende PAH-Verbindungen, die in das EU-Reglement aufgenommen worden sind.
Bei HA-Ölen wurden acht krebserregende bzw. möglicherweise krebserregende PAH-Verbindungen festgestellt, die Schmutzrückstände aus der Herstellung von HA-Ölen sind. Diese Verbindungen können in hoher Konzentration und wenn man ihnen lange ausgesetzt ist Krebs auslösen.
PAH-Verbindungen entstehen durch unvollständiges Verbrennen von organischen Stoffen in der Natur und in Industrieprozessen. Die Verbindungen sind in der Luft, im Wasser und im Boden enthalten.
PAH-Verbindungen werden an die Atmosphäre u. a. bei der Verbrennung von Steinkohle, Brennöl oder Holz abgegeben. Sie kommen in Abgasen von Benzin- und Dieselfahrzeugen, beim Metallschmelzen und bei Waldbränden vor. Polyaromatische Verbindungen gelangen mit den Luftemissionen in die Gewässer und dadurch in das Trinkwasser.
Der PAH-Gehalt von Luft wird gewöhnlich in Nanogramm pro Kubikmeter und von Wasser in Nanogramm pro Liter gemessen. Straßenstaub und verschmutzter Gewässerboden können mehrere hundert Nanogramm pro Kilogramm enthalten. PAH-Verbindungen sind umweltschädlich, weil sie aufgrund ihrer stabilen Konsistenz eine lange Lebensdauer in der Natur haben.
Die größten Quellen von PAH-Verbindungen in Straßengebieten sind Verkehrskraftstoffe, vor allem Dieselöl von Lastwagen. Ein Diesel-Pkw in schlechtem Zustand kann hundert Mal so viele Schadstoffe abgeben wie ein Auto in gutem Zustand.
In den Reifen haften PAH-Verbindungen am Gummi. Wenn der Reifen verschleißt, werden Gummipartikel freigesetzt, die auch PAH-Verbindungen enthalten. Die Anzahl der freigesetzten PAH-Verbindungen ist im Vergleich zu anderen Quellen allerdings sehr gering.
In den Werken von Nokian Tyres werden Öle und Lösungen in Tanks aufbewahrt. Bei der Reifenherstellung laufen die Öle durch ein geschlossenes System, sodass im Hinblick auf Arbeitsschutz und Umwelt keine Schäden verursacht werden. In einem Teil der von Nokian Tyres gekauften Gummimaterialien sind aromatische Öle schon fertig mit dem Gummi vermischt.
Gereinigtes Öl und bessere Reifen
PAH-Verbindungen können durch Extraktion (Herauslösung einzelner Bestandteile) fast vollständig von hocharomatischen Ölen getrennt werden. Gleichzeitig wird die Löslichkeit der Öle im Gummi geringer. Damit die Reifeneigenschaften erhalten bleiben oder verbessert werden können, muss der Hersteller die Gummimischungen immer wieder erneuern und testen.
Als Ergebnis seiner mehr als zehnjährigen Produktentwicklung ist es Nokian Tyres gelungen, funktionsfähige Gummimischungen aus gereinigten Ölen herzustellen. Trotzdem konnten dank der Verwendung völlig neuer Polymere u. a. gute Nasseigenschaften erzielt werden.
Weltweit gibt es erst sehr wenige Hersteller von gereinigten, niedrigaromatischen Ölen sowie von Gummiarten mit niedrigaromatischen Ölen. Deshalb ist die Produktion von umweltfreundlicheren Reifen eine Herausforderung. Dank einer sorgfältigen Beschaffungspolitik und guten Lieferantenbeziehungen kann Nokian Tyres noch sauberere Produkte fertigen.
Präzise Mess- und Untersuchungsverfahren sowie die Konzentration des Herstellungsprozesses in einem Werk ermöglichen es Nokian Tyres, noch umweltfreundlichere und sicherere Reifen mit noch besseren Eigenschaften zu fertigen.
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!