Alles Scheiße oder was? (Update)
Zehn Investmentbanken haben sich mit Staatsanwalt Spitzer auf die Zahlung von 1,4 Milliarden US-Dollar geeinigt, darunter auch die Deutsche Bank. Mehr als 900 Millionen US-Dollar davon sind reine Strafgebühren für Missbräuche des Aktien-Researchs. Mit dieser Aktion soll das Vertrauen der Anleger wiederhergestellt werden. Das ganze Verfahren zeigt aber auch, dass man sich in New York freikaufen kann von Sünden der Vergangenheit, sofern man über genug Geld verfügt und es einsetzt. Wie in ähnlich gelagerten früheren Fällen gibt es keinen Schuldigen im strafrechtlichen Sinne. Die Strafgebühren helfen den vielen Kleinaktionären, die im Vertrauen auf faire Aktien-Analysen investierten natürlich überhaupt nicht. Bereits im Mai 2002 berichteten wir, dass die Staatsanwaltschaft New York im Zuge ihrer Ermittlungen gegen Henry Blodget, der als der “Star-Analyst” von Merril Lynch gilt, dessen 30.000 E-Mails beschlagnahmt hatte. Blodget hatte, das warf ihm die Staatsanwaltschaft vor, Aktien Investoren zum Kauf empfohlen und mit dem bestmöglichen Rating versehen, obwohl er diese in internen Mails als “piece of shit” (Stück Scheiße) und “powder keg” (Pulverfass) einschätzte. Mit diesem üblen Spiel habe er die Anleger wissentlich getäuscht. Während die Staatsanwaltschaft von der Spitze eine Eisbergs ausgeht, wies Merril Lynch inzwischen alle Vorwürfe zurück, da sie aus dem Zusammenhang genommen worden seien. Die Staatsanwaltschaft stützt sich auch auf eine Aussage eines ungenannten Merril-Lynch-Analysten: “Die ganze Idee, dass wir von der Banking-Abteilung unabhängig seien, ist eine große Lüge.” Nun hat sich Merrill Lynch mit der Staatsanwaltschaft geeinigt und bezahlt 100 Millionen US-Dollar Bußgeld. Um ein Schuldeingeständnis handele es sich aber nicht, meint die Investmentbank. Die Staatsanwaltschaft führt derzeit auch gegen andere Investmentbanken Untersuchungen durch, so bei Suisse Boston, Goldman Sachs, Morgan Stanley und Salomon Smith Barney. Merril Lynch wird vorgeworfen, von seinen Analysten Gefälligkeitsempfehlungen für Internet-Unternehmen, die die Investmentbank an die Börse bringen wollten, verlangt bzw. erwartet zu haben. Nun zahlt die Bank zwar 100 Millionen US-Dollar an Strafe, entschuldigt sich auch öffentlich “für unangebrachtes Vorgehen” sowie “unprofessionelles Verhalten.” Von einem Verstoß gegen Gesetze könne aber nicht die Rede sein; das meint jedenfalls die Bank, die allerdings Sammelklagen sich betrogen fühlender Anleger entgegen sieht. Alle hier genannten Investmentbanken beurteilen in regelmäßigen Abständen auch die Aktien von Automobilherstellern, Zulieferern und Reifenherstellern. Die jetzt in Rede stehenden Ausfälle finden eine Erklärung, wenn überhaupt, einzig und allein in der zurückliegenden Internet-Hysterie.Und trotz der Milliardenzahlung kann, siehe weiter oben, “von einem Verstoß gegen Gesetze nicht die Rede sein.”
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