“Elder Statesman” des Reifenhandels zur Lage der Branche
Hans Emigholz, ehemals u.a. Vizepräsident des ADAC und Präsident des vormaligen Reifenhandelsverbandes DRV (später aufgegangen in den BRV), äußert sich in einem Interview in den Verbandsmitteilungen Trends & Facts vom Dezember 2000 zur Lage des Reifenfachhandels. Der Seniorchef des mittelständischen Bremer Reifenhandelshauses “Emigholz – Der Reifentreff” wirkt im Tagesgeschäft zwar nicht mehr mit, gilt aber nach wie vor als profunder Kenner der Branche, wird vom BRV-Organ als “elder statesman” bezeichnet, dessen Wort in der Branche nach wie vor Gewicht hat. Emigholz zeigte sich besorgt über die Abhängigkeit vom Pkw-Winterreifengeschäft, die sich im letzten November leider nur allzu deutlich gezeigt hat: Pkw-Fahrer warten trotz Vorsorgebereitschaft einfach das schlechte Wetter ab, der Handel werde als Folge die Investitionen ins Personal am Kostenblock spüren, andererseits bei einsetzendem “Run” nicht genügend Kapazitäten haben. Sorgen bereitet ihm auch das Lkw-Geschäft, in dem die maßgeblichen Reifenhersteller den Reifenfachhandel als Servicedienstleister “missbrauchen” und keine Rücksicht auf Personal, Lagerhaltung und Finanzierung von Außenständen nehmen würden. Aus aktuellem Anlass geißelt der “lange Hans”, wie er in der Branche auch gelegentlich genannt wird, die aktuellen Winterreifenpreise der Autohäuser, deren “Kampfpreise” seien vor dem Hintergrund einer unterschiedlichen Behandlung der Marktteilnehmer zu sehen: “Ich kann heute keinem Reifenhersteller mehr trauen, denn ihre Abhängigkeit von Automobilherstellern scheint doch sehr groß zu sein.” ATU, Pit-Stop und die “sattsam bekannten Reifengroßhändler aus dem Euro-Land” mit Spitzenkonditionen lassen ihn vermuten, dass die Reifenindustrie eine “Zerrüttung des Preisniveaus im Endverbrauchermarkt” in Kauf nehme und weniger “erpressbar” gegenüber Kooperationen werden wolle. Dennoch ist Hans Emigholz nicht pessimistisch, was die Zukunft des Reifenfachhandels anbelangt, erteilt aber “purer Besitzstandswahrung” eine Absage. Vielmehr müsse sich der Handel einer Veränderung aller Facetten des Marktes anpassen. Der Handel müsse sich als “der kompetente Partner für den sensiblen Verbraucher” darstellen. Dass E-Business zunehme, glaubt auch Emigholz, schränkt aber ein: “Sobald es sich allerdings um extreme Anforderungen handelt, wird der Verbraucher auf eine Beratung vor Ort kaum verzichten können.” Auf die Frage nach der Michelin-Direktvermarktung von Pkw-Reifen über ALD/Car-Professional fordert Hans Emigholz seine Fachhandelskollegen unverblümt zur Reaktion auf: “Es war schon immer hilfreich, jemanden einmal hungrig vor der Tür stehen zu lassen.” Dass Michelin den Reifenfachhändlern jegliche Vermarktungseigenschaften aberkenne sei ein Stück aus dem Tollhaus.
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