„Triple Three“: Maxxis setzt auf „Qualität, Vertrauen und Service“
Der vor 45 Jahren gegründete taiwanesische Reifenhersteller Cheng Shin Rubber ist hierzulande selbst unter Reifenexperten weitgehend unbekannt; den Kennern des Reifenmarktes ist allerdings die Hauptmarke des Unternehmens Maxxis sehr geläufig. In Sachen Endverbraucherbekanntheit dürften die allermeisten hiesigen Reifenkäufer ebenfalls mit den Schultern zucken; in Fernost ist das schon anders, dort hat Maxxis den Status einer Premiummarke und ist als solche durchaus ein renommierter Erstausrüster.
Cheng Shin/Maxxis nimmt in der Weltrangliste der größten Reifenhersteller (je nach Lesart ob Stückzahlen, Tonnage oder Umsatz) in etwa den zehnten Rang ein. Das Unternehmen ist seit 1987 börsengelistet, wird aber gleichwohl von der Gründerfamilie beherrscht, die bis zum heutigen Tage die Majorität der Firmenanteile hält. Außer am Stammsitz in Yunlin fertigt das Unternehmen auch Reifen in Thailand (Rayong) und Vietnam (Dongnai), vor allem aber in gleich fünf Fabriken Festlandchinas (Kunshan, Chongqing, Xiamen, Zhangzhou, Tianjin) und ist aktuell äußerst rege beim weiteren Kapazitätsausbau.
Eine Maxxis-Präsentation des Konzerns beginnt mit dem und fehlt auch auf keiner weiteren Seite, was man im Unternehmen das „Triple Three“ (auch „t3“, d. Red.) nenne, sagt Dirk Rohmann, seit dem 1. Februar 2012 Geschäftsführer bei der„Maxxis International“ in Dägeling (Kreis Steinburg/Schleswig-Holstein). Und dieses dreifache Credo, dem sich Maxxis verschrieben hat, steht für „100% Qualität, 100% Vertrauen, 100% Service“ und sei für jedermann im Unternehmen gleichermaßen Verpflichtung und Ansporn.
Das wahrscheinlich diversifizierteste Programm aller Reifenhersteller
Außer bei Reifen für Flugzeuge und Erdbewegungsmaschinen hat das Unternehmen in jedem Segment des Marktes Produkte, die dann allerdings nicht allesamt in all den mehr als 170 Ländern, in denen das Unternehmen vertreten ist, angeboten werden. Das Spektrum beginnt beim kleinen 3-Zoll-Reifen, reicht über Spezialreifen für beispielsweise Golfcarts oder Rollstühle und Zweiradreifen jeglicher Couleur über ATV-, Pkw- sowie Lkw- bis hin zu ganz großvolumigen Vertretern der Branche. In drei Bereichen sieht sich das Unternehmen hinsichtlich Stückzahlen als Weltmarktführer: bei Fahrradreifen (mit mehr als 180 Millionen Stück jährlich), Motorradreifen (mehr als 54 Millionen) und ATV-Reifen (mehr als acht Millionen).
Der Konzern hat weltweit etwa 25.000 Mitarbeiter, von denen sich etwa 500 in einem modernen Forschungs- und Entwicklungszentrum mit künftigen Produkten beschäftigen, die bislang auf dem Proving Ground ARTC in Taiwan, künftig aber wohl vor allem auf einem neuen Testgelände bei Shanghai (CSTC in der Nähe der meisten OE-Kunden) erprobt werden, das in Südostasien einmalig sein soll: Im Herbst dieses Jahres soll es eingeweiht werden, dann wird man weitere Einzelheiten zu diesem neuesten Projekt wissen. Cheng Shin Tire und die Maxxis International Taiwan, so heißen Teile des Reifenkonglomerates, setzten im Jahre 2011 fast drei Milliarden Euro um, zu hundert Prozent mit dem Produkt Reifen.
In der Erstausrüstung ist der Reifenhersteller über nahezu alle angebotenen Produktsegmente ebenfalls bei den Herstellern der Fahrzeuge vertreten, egal ob diese nun motorisiert sind oder nicht. Das gilt auch für den Hauptumsatzträger Pkw-Reifen, in dem nicht nur die vielen hierzulande noch wenig bekannten chinesischen Autohersteller auf der Kundenliste stehen: Ob die deutschen Marken Volkswagen (Santana/China) oder Mercedes (Viano/China), aus Frankreich Renault oder Peugeot, aus den USA General Motors oder Ford, aus Japan Toyota, Nissan, Mazda oder Mitsubishi sowie Koreas Hyundai – vor allem, aber eben nicht nur bei deren fernöstlichen Autofabriken ist Maxxis ein Erstausrüstungslieferant wie all die anderen in der westlichen Hemisphere bekannteren Marken auch. Nehme man diverse Spezialfahrzeuge und das Zweiradsegment hinzu, so würde die Liste ellenlang. Im Pkw-Segment seien noch die sogenannten „Mini Spares“ genannt, bei denen das Unternehmen davon profitieren mag, dass die „Big Shots“ der Reifenindustrie lieber an Hochgeschwindigkeits- oder an Ultra-High-Performance-Reifen interessiert sind und diese Spezialität nicht in ihr Selbstverständnis passt. Bei Maxxis ist das eine lukrative Nische.
Natürlich drängt es das Unternehmen auch in die weite Welt hinaus und hat auch entsprechende „Tech Center“ vor allem mit Erstausrüstungsaufgaben in China (in Kunshan und Xiamen), den USA (Atlanta) und in Europa gegründet. Die zuständige Dependance, die das OE-Geschäft für Europa entwickeln soll, hat ihren Sitz im niederländischen Uden mit aktuell acht Mitarbeitern und trägt den Namen Maxxis Tech Center. Aktuell verbaut die französische PSA-Gruppe Maxxis-Reifen vom Typ MA510 in der Größe 175/65 R14 82T auf dem Peugeot-Modell 206 Plus.
Maxxis ist die Marke, die westlichen Marktteilnehmern leichter über die Lippen kommt. In Südostasien ist das anders, dort hat Cheng Shin natürlich keinen fremden Klang. Als drittes Label gibt es das Kürzel CST, das für Cheng Shin Tires steht. Im Heimatmarkt setzt das Unternehmen im Bereich Marketing vor allem auf motorsportliche Aktivitäten im Zweirad- und ATV-Bereich, vornehmlich bei rauen Geländeeinsätzen. Im internationalen Geschäft ragen Engagements bei den Australian Open im Tennis, als Partner beim britischen Tradionsfußballverein FC Liverpool sowie im Baseball bei den berühmten New York Yankees und den nicht bekannten Basketballern Houston Rockets hervor. Engagements bei der „Dakar“, bei diversen internationalen und nationalen Enduro-, Kart-, BMX-Veranstaltungen usw. – im Marketing erscheint Maxxis nicht weniger diversifiziert als im Produktprogramm.
Maxxis International hat den Sitz in Schleswig-Holstein
Angesichts solch eines bedeutenden Reifenkonzerns überrascht auf den ersten Blick, dass eine „Maxxis International“ ihren Sitz in der schleswig-holsteinischen Provinz hat. Aber das ist historisch bedingt und beinhaltet eine erstaunliche Parallele zwischen Großkonzern und der etwa 30 Personen (davon zehn im Lager) zählenden deutschen Vertriebsgesellschaft: Cheng Shin ist familiengeführt, die Dägelinger Firma durch die Familie Heinsmann/Reese ebenfalls. Genau genommen haben die Taiwanesen bei der deutschen Vertriebsdependance sogar den Status eines Juniorpartners. Denn hervorgegangen aus kleinsten Anfängen in Hamburg, als sich ansonsten noch keiner um solche „Exoten“ hierzulande kümmerte, hatte die Familie schließlich 1995 die Cheng Shin Deutschland gegründet, sich an dem ungleich größeren sowie weiter ausbaubaren Standort Dägeling niedergelassen und erst mit wachsender Bekanntheit der Hauptmarke im Jahre 2005 in Maxxis International GmbH umfirmiert.
Zwar dominiert mit einem Anteil von gut zwei Dritteln das Containergeschäft Reifen ab Werk direkt zum Kunden, aber das aktuelle „Pufferlager“ in Dägeling fasst etwa 150.000 bis 200.000 Pkw-Reifen. „Zu wenig“, wie der Vertriebsverantwortliche Michael Reese einräumt. Man habe schon begehrliche Blicke auf ein Nachbargrundstück geworfen, um die jetzige Behelfsmaßnahme eines externen Zusatzlagers beenden zu können.
Darüber hinaus findet sich in dem Reifenlager ein enormes Spektrum an Spezialreifen für alle erdenklichen Bereiche, in denen man Luftreifen benötigt. Ein besonders herauszuhebendes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Kooperation mit der Osnabrücker Firma Bohnenkamp bei Trailerreifen, die seit Jahren und vor allem für beide Seiten völlig reibungslos verläuft. Fahrradreifen sucht man im Dägelinger Lagerbereich für die Spezialitäten vergebens, dafür beschäftigt sich Maxxis auf ganz kleiner Flamme mit Lkw-Reifen erst einmal im Schweizer Markt. Für den deutschen Markt wäre ein Markteinstieg in dies Segment jetzt wohl ein völlig ungünstiger Zeitpunkt, zeigt sich der Vertriebsmanager zurückhaltend – ob Lkw-Reifen langfristig einmal kommen, sei derzeit Spekulation. In den Nischen des Marktes ist Maxxis schon aufgrund des enorm breit aufgestellten Sortiments weit überproportional vertreten. Das macht das Unternehmen auch weniger krisenanfällig, wenn mal beispielsweise eine Wintersaison wie die vergangene wenig erquicklich verläuft.
So etwas wie ein „24-Stunden-Service“ muss nicht gesondert hervorgehoben werden, das ist inzwischen Branchenstandard. Palettenlieferungen oder 4-stückweise? Die Zusammenarbeit mit den Speditionsexperten verläuft reibungslos.
Die Maxxis International GmbH ist für den deutschsprachigen Raum (plus das nahe gelegene Dänemark) zuständig, im nächsten Jahr wird der österreichische Reifenmarkt verschärft ins Visier genommen. Wenn der Fernosthersteller aber in einem europäischen Markt ein Problem habe, erinnert sich Reese beispielsweise an Polen und Bulgarien, dann sei man flexibel genug, um helfen zu können. Vom sogenannten „grauen Markt“ sei man fast gar nicht betroffen, vielmehr sei das Verhältnis zwischen den europäischen Maxxis-Distributeuren dermaßen gut und entspannt, dass man sich bei gelegentlich auftretenden Engpässen schnell und unbürokratisch helfen könne. Ganz frei von preislichen Problemen, die bei der Onlinevermarktung durch die bekannten Plattformen erwachsen, sei man nicht, räumt Geschäftsführer Rohmann ein. Aber man versuche gegenzusteuern und könne sich der Disziplin der langjährigen Partner doch sicher sein, sodass er eher von seltenen „Ausrutschern“ spricht.
In Deutschland, wo Maxxis für sich einen zwischen 1,5 und zwei Prozent schwankenden Marktanteil bei Pkw-Reifen reklamiert, arbeitet die Dägelinger Vertriebsfirma oftmals schon seit einer Reihe von Jahren mit einer ganzen Reihe überregionaler wie regionaler Grossisten zusammen, die zusammen für einen Anteil am Gesamtumsatz von etwa drei Vierteln stehen und bei denen man quasi „gesetzt“ sei. Die meisten davon betreut Reese seit Jahren, als langjährig markterfahren und verankert konnte Dirk Rohmann einige neue Adressen hinzufügen, schöpft aber bewusst nicht alles aus: „Die Zusammenarbeit mit den Händlern muss für beide Seiten passen.“ Er und Michael Reese haben sich abgesprochen, wer für wen im deutschen Reifenmarkt der richtige Ansprechpartner ist. Vorteil, wenn ein Unternehmen bereits seit Jahren „lean“ strukturiert ist und sich seit fast zwei Jahrzehnten vom eingeschlagenen Vermarktungsweg nicht hat abbringen lassen. Einen klassischen Außendienst hat Maxxis nicht.
Sprunghafte Gewinne bei den Marktanteilszahlen sind nicht als Unternehmensziel ausgegeben, vielmehr wolle man einfach nur – der hanseatische Kaufmann aus der Keimzelle Hamburg lässt grüßen – vernünftig wirtschaften und profitabel sein. Dass man sich eventuell neuen Herausforderungen stellen muss, je erfolgreicher die Kollegen aus der Erstausrüstungsdependance im niederländischen Uden sind, weiß man, steht aber nicht auf der aktuellen Tagesordnung.
Was Dirk Rohmann vielleicht am meisten fasziniert an seiner neuen Tätigkeit: Es gibt praktisch keinen Ärger mit Kunden wegen etwaiger Produktprobleme. In den Monaten seiner Unternehmenszugehörigkeit musste er sich mit dem Begriff Reklamationsquote nicht befassen: „Maxxis-Reifen funktionieren einfach.“ In diesem Sinne freut sich das Maxxis-Team übrigens auf das anstehende Labelling, sind doch erste Ergebnisse von der Muttergesellschaft übermittelt worden, bei denen man sich durchaus mit den hiesigen „großen Namen“ der Reifenbranche messen kann und diese in einigen Bereichen – genannt seien Ganzjahresreifen – sogar hinter sich lassen kann.
Hierzulande ist Maxxis beim Sponsoring zum Zwecke der Markenbekanntheit wie auch der Mutterkonzern durchaus breit aufgestellt. Nachdem das mehrjährige Engagement beim Hamburger SV aufgegeben worden ist, widmet sich Marketingleiter Tobias Landwehr vor allem zweirädrigen Spektakeln wie der auch europaweit beliebten „Night of the jumps“ oder dem vom ADAC unterstützten Supercross und den PS-Monstern des Drag-Racing. detlef.vogt@reifenpresse.de
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