Studie prophezeit Autoindustrie „beispiellose Konsolidierungswelle“
Der Automobilindustrie in Europa steht zur Bewältigung der Krise ein weiterer Umbau bevor: 54 Prozent der europäischen Zulieferer sind den Zahlen für 2009 zufolge finanziell schwer angeschlagen. Die Branche kämpfe weiterhin mit deutlichen Überkapazitäten und einem hohen Verschuldungsgrad. Liquiden Investoren bieten sich dadurch einmalige Wachstumschancen. Für die schwächeren Unternehmen hingegen wird die Luft immer dünner. Dies ist zumindest das Ergebnis, zu dem die Unternehmensberatung AlixPartners in ihrer Studie „Automotive Review 2010“ kommt.
Nach dem „Schreckensjahr 2009“ für die Automobilindustrie mit weltweit nur noch 63,3 Millionen abgesetzten neuen Pkw (2007: 69,5 Millionen) seien nun zwar wieder steigende Absatzzahlen zu erwarten – in diesem Jahr sollen es rund 68 Millionen Autos sein, 2014 dann sogar schon 87 Millionen Pkw. Doch das erwartete Wachstum sei dabei zunehmend asymmetrisch verteilt. Während der Absatz in China über die nächsten fünf Jahre bis auf 20 Millionen Autos und damit das Zweieinhalbfache des Jahres 2007 steigen könne, würden die traditionellen Märkte – vor allem Japan und Westeuropa – bis 2014 nicht einmal die Verluste seit 2007 ausgleichen können. Die insbesondere in Europa vergebenen „Abwrackprämien“ konnten den Absatzeinbruch zwar abfedern, verzögerten nun aber auch die Markterholung. Während sich Nordamerika laut AlixPartners beispielsweise längst wieder im Wachstumsmodus befindet (es wird von einem Plus von zwölf Prozent für dieses Jahr ausgegangen), herrsche in Europa mit einem Minus von zehn Prozent nach wie vor die Abschwungphase vor.
Gegensätze postuliert die Studie auch in Sachen Restrukturierungen: Bei den nordamerikanischen Zulieferunternehmen seien sie im Gegensatz zur europäischen Industrie erfolgreich gelungen. „In den USA ist der Autoindustrie ein insgesamt erfolgreicher Turnaround gelungen. Produktivitätsvolumina wurden angepasst, die Profitabilität der Unternehmen wieder hergestellt. Die europäische Autoindustrie hat sich indessen mithilfe der ‚Abwrackprämie’ und kurzfristiger Freisetzung von Liquidität über die Krise gerettet, die strukturellen Probleme aber bisher nicht gelöst. Eine grundlegende Konsolidierung der Automobilindustrie steht in Europa noch aus. Sie ist unbedingt notwendig, wenn die Unternehmen der Autoindustrie nicht weiterhin in besonderem Maße krisenanfällig bleiben sollen“, sagt Vinzenz Schwegmann, Managing Director bei AlixPartners und Leiter des European Automotive Teams. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass insbesondere die Zulieferer „Schwierigkeiten von ungekanntem Ausmaß“ gegenüberstehen. Demnach befanden sich 2009 rund 54 Prozent (2008: 22 Prozent) aller europäischen Automobilzulieferer im finanziellen Risikobereich, während die Unternehmensberatung nur sieben Prozent der europäischen Zulieferer als finanziell gesund bezeichnet.
Eine hohe Anzahl finanziell angeschlagener Unternehmen biete allerdings einen fruchtbaren Boden für Übernahmen. „Gerade die starken und liquiden Zulieferer können die Marktentwicklung nutzen, um die Konsolidierung aktiv zu gestalten“, glaubt Schwegmann. „Selten bot der Markt eine solche Chance für Topzulieferer, Konkurrenten vom Markt zu nehmen oder über interessante Ergänzungen nachzudenken. Wenn es die Liquidität erlaubt, bietet sich jetzt die seltene Chance das zukünftige Wettbewerbsfeld mitzugestalten“, geht man seitens AlixPartners offenbar davon aus, dass es vor diesem Hintergrund zu der als notwendig erachteten Konsolidierung der Branche tatsächlich auch kommen wird. cm
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