Nokian-Chef hat „allerschlimmsten Tag“ – „Fragwürdige Aktivitäten in der Industrie“

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Ari Lehtoranta hatte am Freitag seinen „allerschlimmsten Tag“. Der President und CEO von Nokian Tyres bezog am Sonnabendmittag noch einmal Stellung zu den Vorwürfen, die ab Freitagmorgen kursierten. Danach habe Nokian Tyres über zehn Jahre hinweg Reifentests bewusst manipuliert, indem der Hersteller speziell auf die Tests hin optimierte hochwertige Reifen produziert und an die testenden Zeitschriften und Organisationen geliefert habe. Nachdem der Druck und die Beweislast im Laufe des Tages offenbar zu groß wurden, gestand der Nokian-Tyres-Chef, der seit Herbst 2014 das Unternehmen führt, noch am Freitagnachmittag gegenüber Reuters: „Die Reifen wurden speziell für Tests hergestellt und wiesen bessere Eigenschaften auf als die Reifen, die im Handel verfügbar sind.“ In seinem oben zitierten Beitrag auf Twitter vom Sonnabend konnte Lehtoranta den Vorgängen vom Vortag sogar schon wieder etwas Positives abgewinnen: „Trotzdem bin ich stolz, dass wir damit an die Öffentlichkeit gegangen sind. Das ganze Bild wird sich jetzt zusammenfügen und ich bin sicher, dass wir daraus als besseres Unternehmen hervorgehen.“ Zuvor hatte der Hersteller sogar offiziell per Pressemitteilung um Vergebung gebeten. „Wir entschuldigen uns und bedauern die Fehler, die wir in der Vergangenheit begangen haben“, heißt es dort, unterzeichnet von Antti-Jussi Tähtinen, Vice-President Marketing and Communications. Fragen bleiben indes, etwa nach den Motiven und den handelnden Personen, die Verantwortung zu tragen haben für den jahrelangen Testbetrug, und auch nach „fragwürdigen Aktivitäten in der Industrie“.

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In dem ursprünglichen Beitrag der finnischen Wirtschaftszeitung Kauppalehti vom Freitag, der Ari Lehtoranta seinen „allerschlimmsten Tag“ bescherte, wurde nicht wenig darüber spekuliert, wie sich ein solcher jahrelanger Testbetrug bei Nokian Tyres entfalten konnte. Begünstigt worden sei dies vor allem, so die Zeitung weiter, durch ein Bonus- und Aktienoptionsprogramm für verantwortliche Manager, das entsprechende Anreize gesetzt haben soll. Dies dementierte Nokian Tyres in seiner Pressemitteilung vom Freitag allerdings, zumindest – so liest man zwischen den Zeilen – dass ein entsprechendes Programm bewusst beschlossen wurde, um einen jahrelangen Testbetrug zu befördern. „Der Vorstand von Nokian Tyres hat niemals solche Aktienoptionspläne beschlossen, die zum Betrug bei Tests ermutigt hätten; das steht im Gegensatz zu dem, was in den Medien angedeutet wurde“, heißt es dort. Ob sich daraus aber dennoch entsprechende Motivationen aufseiten der Verantwortlichen ableiten ließen, bleibt zu klären, ist aber gegenwärtig reine Spekulation.

Ari Lehtoranta hat im Herbst 2014 die Führung von Nokian Tyres aus den Händen von Kim Gran übernommen, der den Hersteller zuvor 14 Jahre lang geführt hatte und bis April 2015 weiterhin im Board of Directors saß. „Im vergangenen Jahr haben wir unsere Arbeitsprozesse überprüft“, teilte das Unternehmen in der besagten Pressemitteilung von Freitag mit. „Gleich danach haben wir die Regeln in Bezug auf Reifentests klargestellt. Diese untersagen nun bewusst die Planung und die Herstellung von Reifen, die nur auf Automedientests abzielen.“ Dies habe der Vorstand „von sich aus“ betrieben, heißt es dort weiter, und der Vorstand habe die Informationen dazu auch entsprechend veröffentlicht.

Nokian Tyres Aktienkurs_tbGleichzeitig deutet Nokian Tyres auch an, dass Unregelmäßigkeiten, die dem finnischen Hersteller nun offenkundig nachgewiesen wurden, nicht unbedingt ein Einzelfall gewesen seien. „In den vergangenen Jahren, als testende Organisationen Reifenhersteller baten, ihnen Reifen für ihre Tests zu senden, gab es fragwürdige Aktivitäten in der Industrie.“ Weitere Hinweise dazu, was dies konkret bedeuten könnte, gab Nokian Tyres indes nicht. Der Eindruck entsteht allerdings, in Nokia ist man der Ansicht, auch andere Hersteller hätten sich für Ähnliches zu entschuldigen. Mittlerweile kaufen große testende Zeitschriften und Organisationen die Reifen für ihre Tests indes im Reifenhandel – eine spezielle „Testreifenabteilung“, auch wenn sie so sicherlich nicht im Organigramm des Hersteller zu finden ist oder war, lief seit einigen Jahren auch immer mehr ins Leere.

Kurz nachdem Nokian Tyres am Freitag den jahrelangen Testbetrug zugegeben hatte, brach der Börsenkurs des Hersteller entsprechend ein; innerhalb weniger Stunden gab er rund zehn Prozent nach; zum Handelsstart in der neuen Woche setzte sich die Talfahrt sogar noch weiter fort. arno.borchers@reifenpresse.de

 

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