Rädermarkt „so lala“
Überwiegend „mittelmäßig“ stufen die Teilnehmer des von der Unternehmensberatung BBE Automotive (Köln) realisierten Räder-Sell-in-Panels die Lage auf dem Ersatzmarkt für Autoräder ein. So ein Ergebnis der kürzlich im Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV, Bonn) vorgelegten Marktforschungsergebnisse. Das Panel erhebt zweimal jährlich Entwicklungen und Trends zum Verkauf von Alu- und Stahlrädern (Hersteller an Handel) und wird im Auftrag des beim BRV angesiedelten Arbeitskreises Felgenhersteller erstellt.
Nach rückläufiger Marktentwicklung in den Jahren 2012 und 2013 hat sich im vergangenen Jahr das Ersatzmarktgeschäft für Räder in Deutschland leicht erholt. Deshalb beurteilen die Panelteilnehmer ihre aktuelle Situation im Schnitt mit der Schulnote 3,13 und damit etwas positiver als in den Vorjahren (2012: 3,33, 2013: 3,36).
Im Segment Aluminiumräder legte der Sell-in-Absatz der Panel- plus Marktteilnehmer insgesamt um mehr als ein Prozent auf viereinhalb Millionen Stück gegenüber dem Vorjahreswert zu. Dieses Ergebnis beruht auf der Auswertung der Daten, die die Panelteilnehmer an die BBE Automotive gemeldet hatten ergänzt um Expertenschätzungen zum Sell-in-Absatz der sonstigen Unternehmen. Somit hat sich die im vergangenen Herbst gehegte Hoffnung auf ein stagnierendes bis leicht wachsendes Marktvolumen im Gesamtjahr 2014 diesmal erfüllt.
Im Hinblick auf 2015 sind die Panelteilnehmer für dieses Segment erneut verhalten optimistisch. Trotz negativer Aspekte – die aus verändertem Kauf- und Umrüstverhalten der Kunden (gerade der jüngeren) sowie den neu hinzukommenden Kosten für Reifendruckkontrollsysteme resultieren – nähren die Investitionen in eine veränderte Produktpalette und die Anpassung des Marktprogramms die Hoffnung, dass im laufenden Jahr im Ersatzgeschäft mit Alurädern (ohne Verkäufe an Fahrzeughersteller und -importeure) ein 2,4-prozentiges Plus realisiert werden könnte. Nach Beobachtung der Panelteilnehmer hätten Autohäuser Marktanteile gewonnen und auch die ansteigende Penetrationsquote mit Aluminiumrädern in der Erstausrüstung setze dem Aftermarkt zu.
Mittelfristig (das heißt in einem Zeitraum von etwa drei bis vier Jahren) sehen die Panelteilnehmer – wie das ja auch bei anderen Produkten der Fall ist („Verlust-der-Mitte-Phänomen“) – das mittelpreisige Segment unter Druck, was auch damit zu tun hat, dass sogar bei der automobilaffinen Zielgruppe die Markenbekanntheit von Aluminiumrädern ganz allgemein schwach ist. Während mehrteilige Räder in der Bedeutungslosigkeit versinken, scheint der Trend zu farbigen Rädern seinen Peak inzwischen überschritten zu haben. Der beim BRV zusammengekommene Kreis glaubt auch an rückläufige Zahlen bei exklusiven und teuren bzw. Tunerrädern im Aftermarkt, steht damit allerdings im Gegensatz zu den Zahlen einiger exklusiver Räder- und Tuningmarken. Allerdings sei an dieser Stelle eingeräumt, dass diese exklusive Klientel bezogen auf Stückzahlen von einer sehr schwachen Basis kommt. Die Teilnehmer des Arbeitskreises gehen davon aus, dass seriennahe Räder den Markt künftig beherrschen werden.
Anhaltend und unübersehbar ist der Trend insgesamt hin zu größeren Räderdimensionierungen. Während sich 13-Zöller längst im Nullkommabereich bewegen, haben 14-Zöller ihren Status als Kleinwagengröße an 15 Zoll (insgesamt stagnierend und mit unter 20 Prozent Marktanteil die drittwichtigste Rädergröße) verloren. 16 Zoll ist hingegen auch aufgrund der hohen Erstausrüstungsquote zur Standardgröße geworden; jedes vierte im Nachrüstmarkt verkaufte Aluminiumrad misst 16 Zoll. Das zweitwichtigste und wie auch 18 und 19 Zoll wachsende Dimensionssegment ist das der 17-Zöller. 17 Zoll ist einerseits nach wie vor eine „Aufrüstungsgröße“ (von 15 oder 16 Zoll kommend), wird andererseits aber auch von den Automobilherstellern immer häufiger auch auf den höherwertigeren Modellvarianten von Kompaktautos verbaut und fällt damit bereits in die Kategorie der seriennahen Rädermodelle. Während 18 Zoll (Mittel- bis Oberklasse) von der zunehmenden Montage auch am Band der Premiumautomobilhersteller profitiert, gilt 19 Zoll als typische SUV-Größe. Der Marktanteil Aluminiumräder größer als 19 Zoll liegt insgesamt lediglich bei gut einem Prozent, die Panelteilnehmer erwarten hier Stagnation. Denkbar allerdings, dass der Erstausrüstungstrend hin zu sparsameren Elektroautos und Hybriden, der bei den Reifenherstellern bereits angekommen ist (tall and narrow), sich auch in der Entwicklung von zwar schmaleren (Maulweite), aber von großen Durchmessern charakterisierten Aluminiumrädern niederschlägt in der Zukunft.
Abschließend an dieser Stelle noch einige Anmerkungen zur Jahresverteilung des Absatzes bei Aluminiumrädern. Die Panelteilnehmer bestätigen, dass auf die zweite Jahreshälfte (Umrüstperiode von Sommer- auf Winterreifen) knapp zwei Drittel der Stückzahlen entfallen. Das hat einerseits zu tun mit der bereits hohen Ausstattungsquote von Neufahrzeugen mit Aluminiumrädern und andererseits mit dem in den letzten Jahren insgesamt gewachsenen Anteil des M+S-Geschäftes. „Wertmäßig“ bzw. bezogen auf den Preis des einzelnen Rades allerdings schneidet das Frühjahrs-/Sommergeschäft signifikant besser ab. Darüber hinaus sei der „Feind“ des zweiten Satzes Aluminiumräder genannt: der Ganzjahresreifen. Wer Ganzjahresreifen fährt – dieses Reifensegment verzeichnet Zuwächse und liegt inzwischen bereits knapp im zweistelligen Prozentbereich nach Markteinschätzungen –, der fährt auch Ganzjahresräder. Und alle Experten gehen davon aus, dass durch die Penetration von Reifendruckkontrollsystemen auch der Ganzjahresreifen einen weiteren Push bekommt und sich sein Anteil am Reifenmarkt in den nächsten fünf Jahren verdoppeln wird. „Weniger Umrüstungen = weniger Chancen, Aluminiumräder zu verkaufen“ lautet die ebenso einfache wie für die Branche unangenehme Quintessenz.
Rückläufig war im vergangenen Jahr erneut und wie erwartet die Entwicklung im Segment Stahlräder. Der Sell-in-Absatz (in Stück) der Panelteilnehmer lag um 14 Prozent unter Vorjahr und damit erstmalig unterhalb der 2-Millionen-Einheiten-Grenze. Obwohl die gegenüber Aluminiumrädern (zumeist, aber eben nicht immer) preisgünstigeren Stahlräder aufgrund der Zusatzkosten, die das Handling der für Neufahrzeuge neuerdings verpflichtend vorgeschriebenen Reifendruckkontrollsysteme verursacht, an Attraktivität gewinnen könnten, rechnen die Marktteilnehmer für 2015 erneut mit einem 2,6-prozentigen Minus der Absatzzahlen im Stahlsegment. Der Anteil in der ersten Jahreshälfte verkaufter Stahlräder liegt gerade mal im zweistelligen Prozentbereich, was belegt, dass Stahlräder zwar einerseits die preisgünstigere Lösung für den Verbraucher sind, andererseits aber auch nach wie vor eher den Status als Winterräder haben.
Mittelfristig sind die Erwartungen an das Räderersatzgeschäft für die Teilnehmer des BRV-Arbeitskreises insgesamt eher verhalten: Bezogen auf das Basisjahr 2014 erwarten die Panelteilnehmer für die kommenden drei bis vier Jahre stagnierende bis rückläufige Absatzzahlen und Stagnation auf der Wertebene. dv
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