Agrartechnikindustrie im Aufschwung
Die europäischen Agrartechnikhersteller haben derzeit allen Grund für gute Laune. „Wir erleben seit einigen Monaten auf zahlreichen Märkten ein konjunkturelles Comeback“, sagte VDMA-Geschäftsführer Dr. Bernd Scherer auf der Vorpressekonferenz der weltgrößten Branchenmesse Agritechnica, die vom 12. bis 18. November in Hannover stattfinden wird. Zweistellige Zuwachsraten im Auftragseingang aus dem In- und Ausland seien „ein wichtiger Indikator für einen tragfähigen Aufschwung“. Für das Gesamtjahr 2017 erwartet der VDMA ein Umsatzvolumen aus deutscher Produktion von 7,5 Milliarden Euro. Dies entspräche einem Plus von vier Prozent zum Vorjahr. Dass sich diese positive Entwicklung auch 2018 fortsetzen werde, sei nicht unwahrscheinlich, sagte Scherer.
Sattes Halbjahresplus
Im ersten Halbjahr 2017 konnten die deutschen Landmaschinen- und Traktorenhersteller ihren Umsatz um sieben Prozent auf gut 4,5 Milliarden Euro steigern. Die Kapazitätsauslastung der Fabriken lag im Frühjahr bei nahezu drei Monaten, was einem Spitzenwert entspricht, wie er zuletzt im Ausnahmejahr 2013 gemessen wurde. Nachdem sich das Wachstum im ersten Quartal noch vorwiegend auf den deutschen Markt beschränkt hatte, haben die Auslandsumsätze im zweiten Quartal mit einem Plus von 14 Prozent deutlich nachgezogen. „Das ist genau das Signal, auf das wir gewartet haben“, sagte Scherer. Schließlich sei die deutsche Agrartechnikindustrie mit einer Exportquote von durchschnittlich 75 Prozent darauf angewiesen, „auch auf internationalem Parkett zu punkten“.
Maschinen um den Bereich Futterpflanzen besonders stark nachgefragt
Insgesamt fielen sowohl die Lieferungen an den deutschen Handel als auch an internationale Vertriebspartner spürbar höher aus als im Vorjahreszeitraum. Eine besondere Dynamik entfalteten Maschinen für die Ernte von Futterpflanzen, angefangen vom Mähwerk bis hin zum Feldhäcksler. Hochzufrieden zeigen sich auch die Hersteller von Geräten für die Fütterung sowie von Lade- und Erntewagen, die im abgelaufenen Halbjahr zweistellig gewachsen sind. Im Leitsegment der Ackerschlepper sieht das Bild noch etwas differenzierter aus: Insbesondere Traktoren der oberen Größenklassen mit Motorleistungen über 150 PS haben einen Boom erlebt. Der Umsatz mit Traktoren unter 50 PS war dagegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich rückläufig.
Konjunkturwende fast weltweit sichtbar
Wichtige Konjunkturimpulse kommen aktuell aus dem deutschen Markt, vor allem aber aus Osteuropa. Frankreich, das mit einem jährlichen Importvolumen von mehr als einer Milliarde Euro größtes Abnehmerland deutscher Landmaschinen und Traktoren ist, befindet sich dagegen noch in den Startlöchern. Schwach laufen die Geschäfte in den Vereinigten Staaten, wo die Investitionsbereitschaft der Landwirte aufgrund der immer noch unbefriedigenden Einkommenssituation anhaltend gering ist. Das bei weitem positivste Stimmungsbild lässt sich derzeit in den Agrarstaaten Russland und Ukraine einfangen, die von Rekordernten und ausgezeichneten Wachstumsbedingungen profitieren.
Auf dem chinesischen Landtechnikmarkt erwartet der VDMA im laufenden Jahr ebenfalls Wachstumssignale, zumal Profibetriebe zunehmend innovative Agrartechnik aus westlicher Produktion nachfragen. Ähnliches gilt für den südamerikanischen Teilkontinent, der angesichts restriktiver Importbedingungen jedoch kaum zum Umsatz der europäischen Landtechnikindustrie beiträgt. „Bei aller Bewegung, die in Schwellenländern und außereuropäischen Wachstumsmärkten liegt, darf die wertmäßig entscheidende Bedeutung der Europäischen Union nicht vergessen werden“, sagte Bernd Scherer. Schließlich werden nach wie vor mehr als zwei Drittel der Geschäfte auf den europäischen Traditionsmärkten abgewickelt.
Geschäftsklima auf Spitzenniveau
Auf Spitzenniveau bewegt sich momentan der CEMA-Geschäftsklimaindex, der auf einer monatlichen Befragung von Führungskräften der europäischen Agrartechnikindustrie beruht. Gut 84 Prozent der befragten Manager sehen die Branche klar auf Wachstumskurs. Damit erreicht der Index einen Spitzenwert, der dem des Boomjahres 2012 entspricht. „Um ein Strohfeuer handelt es sich ganz sicher nicht, fällt doch die Zukunftsprognose ebenso positiv aus wie die Bewertung der laufenden Geschäfte“, sagte Scherer. cs
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