Zölle gegen China-Importe scheitern in Europa am rechtlichen Rahmen
Vonseiten der Europäischen Union wird es vorerst wohl keine handelspolitischen Entscheidungen zu der immer höher ansteigenden Importwelle an billigen chinesischen Neureifen geben, die seit rund fünf Jahren über Europa schwappt. Über ein Jahr hat sich der europäische Runderneuerungsverband Bipaver bei der EU-Generaldirektion Handel für die Prüfung der Verbesserung der Situation der Runderneuerer in Europa eingesetzt und dabei technische und rechtliche Lösungsansätze vorgeschlagen. „Doch nun wird klar“, heißt es dazu in einem Statement des Verbands, „dass die EU-Kommission nicht in der Lage ist, die europäische Runderneuerungsindustrie zu schützen.“ Die Prüfung des vom Bipaver vorgeschlagenen Anti-Dumping-Verfahrens gegen Billigsteinfuhren aus China ist jetzt negativ ausgegangen. Bereits im vergangenen Sommer hatte der BRV seine Skepsis zu den Erfolgsaussichten geäußert, dass entsprechende Zölle in Europa auch wirklich kommen könnten.
„Offenbar fehlt bislang eine rechtliche Regelung, die es erlaubt, neue mit ‚aufbereiteten’ Produkten zu vergleichen“, ergänzt dazu der deutsche BRV in einem aktuellen Appell an alle deutschen EU-Parlamentarier, mit dem der Verband seine „Bitte“ vorträgt: „Setzen Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten als EU-Abgeordneter dafür ein, dass auf EU-Ebene doch noch ein Weg gefunden wird, die wettbewerbsverzerrenden Marktbedingungen zu bereinigen, die eine ganze mittelständisch strukturierte Branche in Europa in ihrer Existenz bedrohen, und das Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu bewahren.“
Des Weiteren kritisiert der Bipaver die EU-Handelskommissarin Anna Cecilia Malmström. Die schwedische Liberalenpolitikerin sehe zwar ihre prioritäre Verantwortung erklärtermaßen darin, so der Verband weiter und zitiert Malmström, „eine ambitionierte Handelspolitik zum Wohle der europäischen Bürger, der kleinen und mittelständischen Unternehmen und eines erweiterten Wirtschaftsraums zu verfolgen“. Mittlerweile sei von ihr aber kaum mehr anzunehmen, dass sie „tatsächlich die Bedeutung von kleinen und mittelständischen Unternehmen für die heutige Wirtschaft verstanden hat“, meint der Bipaver. Dennoch appelliere der Verband weiterhin „entschieden“ an die Kommissarin, „zu prüfen, was die EU in den kommenden Wochen tun kann, um ausgeglichene Marktbedingungen zu schaffen und den Industriezweig Runderneuerung und insbesondere seine kleinen und mittelständischen Marktteilnehmer vor Wettbewerbsverzerrung zu schützen.“
Während der gesamte europäische Ersatzmarkt ein Volumen von geschätzt zehn Millionen Lkw-Reifen hat, stehen Billigimporte dabei mittlerweile für fünf Millionen Reifen, also die Hälfte des Ersatzmarktes. Vor fünf Jahren umfassten die Importe nur rund eine Million Reifen. Gleichzeitig werden immer weniger Runderneuerte verkauft; ihr Marktvolumen fiel in den vergangenen fünf Jahren von sechs auf vier Millionen Stück. Außerdem werden europaweit in der Erstausrüstung noch einmal weitere sieben Millionen Reifen vermarktet, so dass der gesamte Lkw-Reifenmarkt in Europa auf derzeit 17 Millionen Einheiten geschätzt wird. Die Branche der Reifenrunderneuerung besteht neben den Runderneuerern aus der Neureifenindustrie vor allem europaweit auch aus über 400 kleinen und mittelständischen Runderneuerungsbetrieben mit über 10.000 Beschäftigten, in Deutschland sind dies 1.800, deren Arbeitsplätze bedroht sind. arno.borchers@reifenpresse.de
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