Deldo sieht Chancen für Wachstum auch in schwierigem Marktumfeld
Die Regeln, nach denen Unternehmen funktionieren, sind oftmals denen ähnlich, nach denen auch Menschen funktionieren. Die Antwort auf eine Situation etwa hängt maßgeblich davon ab, wie die Situation gesehen wird: als Bedrohung oder als Chance. Bei Deldo Autobanden etwa bevorzugt man den letzteren Blickwinkel und nimmt Veränderungen als Herausforderungen wahr, die neue unternehmerische Möglichkeiten eröffnen, gerade in für den Reifengroßhandel nicht einfachen Zeiten.
Dieser Beitrag ist in der Mai-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG erschienen, die Abonnenten hier auch als E-Paper lesen können.
„Möglichkeiten gibt es immer, auch in schwierigen Zeiten“, sagt Tom Van Dyck, beim belgischen Reifengroßhändler Deldo Director Sales and Organisation. „Jede Veränderung und jede Schwierigkeit bedeutet eine Chance auf neue Möglichkeiten.“ Auch wenn Van Dyck die Bedeutung des Internets im Reifenhandel, die transparenten Preise und das Überangebot an Reifen allerorten nicht herunterspielt und auch nicht die zunehmenden Aktivitäten mancher Hersteller im Großhandelsgeschäft ignoriert, so ist er dennoch längst nicht der Ansicht, Unternehmen wie Deldo müssten jetzt die Weiße Fahne hissen. Im Gegenteil: „Diese Entwicklungen sind sicherlich herausfordernd. Aber sie eröffnen Deldo neue Möglichkeiten zum Wachstum.“
Laut Van Dyck muss eine Reaktion auf die aktuellen Veränderungen im Markt nicht einen kompletten Richtungswechsel bedeuten. Deldo wolle vielmehr den Blick darauf richten, was es am besten könne – Reifengroßhandel und Private Brands – und außerdem in weitere Effizienzsteigerungen investieren.
Das lasse sich etwa am Zentrallager des Unternehmens im belgischen Antwerpen erkennen, wo jüngst eine Investition über mehrere Millionen Euro abgeschlossen wurde. „2015 haben wird die Organisation unseres Lager restrukturiert und außerdem ein neues IT-System implementiert, unser ‚Warehouse Management System’“, so der Director Sales and Organisation im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Der Start des neuen Systems sei einhergegangen mit einer physischen Umstrukturierung des Lagers, wozu auch die Verteilung der Reifen im Lager und die Art der Aufstockung der Lagerbestände gehöre.
Die Neuerungen im Lager seien im vergangenen September vorerst abgeschlossen worden, rechtzeitig zum Beginn der Winterreifensaison 2015/2016; nach nur wenigen Wochen seien die Prozesse glatt gelaufen, so Van Dyck. „Den Winter haben wir damit sehr gut überstanden. Aktuell schauen wir uns noch die endgültigen Ergebnisse an. Die Anzahl an Reifen, die ein Mitarbeiter nun handeln kann, hat sich aber um bis zu sieben Prozent gesteigert.“ Die Mitarbeiter im Lager gewöhnten sich aktuell noch an das neue System, so dass die sieben Prozent Steigerung erst „der Anfang“ seien. Ziel sei es, die Effizienz um 15 bis 20 Prozent zu steigern. Während dieses Ziel im Laufe dieses Jahres erreichbar scheine, plane man langfristig sogar darüber hinaus.
Anders als die Zentrallager einiger Wettbewerber, ist das Deldo-Lager in Antwerpen nicht vollgestoppt mit Vollautomaten. Laut Tom Van Dyck sei „Evolution, nicht Revolution“ der Weg, den man bei Deldo gehe. Gegenwärtig sehe man Automatisierung eben nicht als das beste Mittel, um Reifen in dem 80.000 m² großen Lager zu bewegen. „Die Automatisierung, die wir durch das neue IT-System erreichen konnten, hat einige weitere Verwaltungsaufgaben übernommen, die zuvor noch von Hand ausgeführt wurden. Die Kommissionierung von Reifen ist dadurch jetzt deutlich effizienter.“
Die größten Effizienzsteigerungen hat Deldo aktuell in seinem Paketversand erreichen können. Laut Van Dyck könne man nun rund zehn bis zwölf Prozent mehr Pakete verschicken als noch vor einem Jahr. Auch wenn der Paketversand für Deldo nur einen begrenzten Anteil des Großhandels ausmacht – die meisten Reifen verlassen das Lager wieder per Container oder Lkw –, so erwartet man dabei doch auch in Antwerpen eine zunehmende Bedeutung, was sich in den vergangenen fünf bis zehn Jahren bereits abgezeichnet habe. Bereits heute ist der Paketversand bei Deldo der am stärksten automatisierte Prozess im Lager.
Budgetsegment unter Druck
Die Absicht hinter den Investitionen in das Zentrallager in Antwerpen sei natürlich die Verringerung der Kosten insgesamt, sei doch der europäische Großhandel derzeit in einer schwierigen Phase. Zusätzlich zum Druck auf die Preise durch die Preistransparenz im Internet sieht Van Dyck weitere Faktoren, die den Markt für Budgetreifen unter Druck setzten. Dazu gehöre etwa die wirtschaftliche Schwäche in China und die Einführung von Zöllen für Pkw-Reifen aus chinesischer Fertigung in den USA. „Nicht jeder Hersteller in China darf auch in China verkaufen. Es sind etwa vorwiegend Hersteller in Staatseigentum, die in die Erstausrüstung liefern. Es gibt also viele Fabriken, die vom Exportmarkt abhängen. Und als Folge der US-Zölle richten die Hersteller jetzt ihren Blick verstärkt auf Europa.“
Der zunehmende Fokus vieler chinesischer Hersteller auf Europa könne als Bedrohung für viele Großhändler verstanden werden, gerade für diejenigen, die sich – wie Deldo Autobanden – seit jeher auf dieses Segment spezialisiert haben. Dennoch gelinge es dem Unternehmen, in diesem Segment weiter zu wachsen. „Aus China kommen jede Menge Billigpreise. Wir sehen aber auch, dass viele Kunden zurückhaltend sind, diese Angebote anzunehmen“, so der Director Sales and Organisation weiter. „Manche Angebote sind einfach nur verrückt; die Leute trauen dem Ganzen dann nicht.“
Dennoch ist auch Van Dyck überzeugt, dass der Preis eine große Rolle spielt. Auch Deldo habe gelegentlich dem Preisdruck aus dem Markt nachgeben müssen und damit auf das Angebot aus Fernost reagiert. Dennoch betont er, sei der Preis eben bei Weitem nicht alles. „Deldo bietet den bestmöglichen Preis durch Optimierungen im Vertriebsweg an. Hinzu kommen noch Verfügbarkeit und Flexibilität, erreichbar nur durch ein eigenes Zentrallager in Europa. Durch dieses Geschäftsmodell unterscheide sich Deldo vollständig von Reifen-Brokern aus China. Anstatt sich ausschließlich auf den Preis zu konzentrieren, wolle sich Deldo eben auch auf andere Faktoren konzentrieren.
Service ist dabei einer dieser Faktoren. „In China selber einzukaufen ist günstiger, natürlich. Aber dann muss man sich um alles selber kümmern. Man muss im Voraus bezahlen und dann darauf warten, was im Container ist, wenn man ihn öffnet“, so Van Dyck weiter. „Ist es dann das, was man bestellt hat? Oder etwas völlig anderes?“ Bei Deldo einzukaufen bedeute hingegen feste Preise für den Transport auf See und an Land, für Einfuhrzölle, Hafengebühren und Wechselkurse. „Kunden erhalten außerdem genau, was sie bestellt haben.“
Ein weiterer Unterschied liegt in den Produkten selbst. Während sich viele Großhändler auf Budgetmarken der Hersteller konzentrieren, setze Deldo auf Eigenmarken. „Wir entscheiden, wie sich unsere Eigenmarken entwickeln. Wir entscheiden, wer sie kauft. Wir geben das Pricing vor und wählen Größen und Profile aus, die entwickelt werden sollen.“ Der Besitz einer Eigenmarke gebe Deldo außerdem die Kontrolle darüber, welche Fabrik die Reifen letzten Endes produziere und wie das Marketing der Marke sein soll. „Auf diese Art und Weise unterscheiden wir uns von anderen. Darin sehen wir den Mehrwert. Die Marken der Hersteller sind preisaggressiv; man endet aber fast immer in Schwierigkeiten, wenn der Preis der einzige USP einer Marke ist“, ist Van Dyck überzeugt.
Neue Deldo-Internetseite
Die Internetseite des Unternehmens werde kontinuierlich erneuert, so Van Dyck, dabei werde der aktuell anstehende Relaunch auch ein neu gestaltetes Deldo-Logo mit sich bringen. Gemeinsam mit dem neuen Look und Logo werde auf der Internetseite auch der neue Deldo-Slogan „We are tyres“ erstmals zu lesen sein. „Es ist selten für ein Unternehmen in unserer Branche, dass es ausschließlich Reifen und nicht auch Räder, Ventile oder Zubehör vermarktet. Bereits vor Langem haben wir die Entscheidung dazu getroffen: Wir wollen die Experten sein.“
Außerdem plane der Großhändler die Einführung von individuellen Internetseiten zu den verschiedenen Eigenmarken des Unternehmens, Seiten, auf denen Deldo nicht einmal erwähnt werde. Die Seiten sollen im Vorfeld der Reifen-Messe in Essen Ende Mai online gehen. stephen.goodchild@tyrepress.com/ab
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