Das Budgetsegment haben die etablierten Hersteller von Lkw-Neureifen verloren
Das Premiumsegment gehört den Lkw-Reifenmarken Bridgestone, Continental, Goodyear/Dunlop und Michelin, in anderen Ländern auch Pirelli, hierzulande mit Abstrichen. Wenn eine Marke nach Höherem strebt in diesem Segment und in diese Bastion eindringen will, dann ist dies aktuell am ehesten Hankook zuzutrauen.
Der Mittelpreis- oder auch Qualitätssegment genannte Teil des Lkw-Reifenmarktes gehört den Zweit- und Drittmarken der großen hiesigen Hersteller. Die einen eher am oberen Rande, die anderen eher weiter unten. Und seit ein, zwei Jahren werden diese Marken – zuvor oft sträflich vernachlässigt von den Reifenkonzernen – auch wieder pfleglich behandelt, bei den einen etwas mehr, bei den anderen etwas weniger. Während die Neureifenmarke Kormoran aus dem Michelin-Konzern kaum wahrnehmbar ist, kümmert sich Bridgestone wieder um Firestone, Goodyear-Dunlop um Fulda, Debica und Sava, vor allem aber Continental mit dem üppigsten Markenstrauß von allen: Uniroyal, Semperit, Matador und Barum seien genannt.
Das Budgetsegment haben die großen Reifenhersteller preisgegeben, jedenfalls mit Neureifen. Hier versuchen sie gegen die preisgünstigen Anbieter aus Fernost mit ihren Runderneuerungsmarken gegenzuhalten. Wie schwammig die Strategien in diesem Segment ist, mag man auch schon daran erkennen, dass sie sich bei den Firmen alle naslang verändern. Und wie das so mit wechselnden Strategien ist: Deren Namen haben oftmals eine kurze Halbwertszeit. Immerhin tritt Michelin schon ziemlich lange im Markt mit Remix (heißerneuert) und Recamic (kalterneuert) bzw. Pneu Laurent an sowie darunter mit Newlife, Bridgestone mit Bandag (kalterneuert, hat aber in der Branche durchaus Markenstatus) und auf der Low-Budget-Schiene Protread („by Bandag“), Goodyear Dunlop mit den Heißerneuerten TreadMax und Next Tread sowie dem Dreigestirn für die Kalterneuerung UniCircle/UniWing/UniTac), der Continental-Konzern mit ContiRe (heiß) und ContiTread (kalt), Pirelli mit Novatread (heiß) und Novateck (kalt) … – eine dazugehörige Tabelle sollte keiner zur Übersicht anfertigen, sie kann schon morgen obsolet sein, durchaus denkbar, dass sie es bereits ist.
Das preisgünstige Lkw-/Busreifensegment ist an die Fernostanbieter verloren, und die Premiumreifenhersteller wissen das auch. In einer stillschweigenden, nie tatsächlich ausgesprochenen Vereinbarung stehen sie den Gitis, Westlakes, Aeolus und Co. so zwanzig bis 25 Prozent Marktanteil zu, ohne für diese ernsthafte Hindernisse aufzubauen. Sollten die Billigheimer ihren Anteil nachhaltig und signifikant steigern, so müssten sich diejenigen mit Apothekenpreisen mehr einfallen lassen als die bestehenden Zugangsbarrieren, die vor allem für einen Newcomer eines sind: sehr teuer.
Denn die Premiumanbieter sind längst viel mehr, sie haben sich zu Mobilitätsanbietern entwickelt samt Rundumservices (dann aber doch noch primär auf das System Rad/Reifen bezogen) bzw. sind zu Anbietern zusätzlicher Produkte avanciert, am bekanntesten sind dabei sicherlich Reifendruckkontrollsysteme. Sie bauen in ihre Produkte vielseitig nutzbare Sensoren ein, bieten Flottenservices, 24-Stunden-Notfalldienste, Cradle-to-Crave-Konzepte, haben das Karkasswesen professionalisiert usw. Am einschneidendsten werden nach allgemeiner Auffassung die neuen Telematikdienste sein, von denen man allerdings nicht weiß, ob sie damit irgendwann den Fahrzeugherstellern zu weit ins Gehege geraten und damit dann doch den Kürzeren ziehen müssten. Das kostet alles richtig Geld samt großer (qualifizierter!) personeller Ressourcen, das auszugeben jedenfalls bislang von den Newcomern sehr weitgehend gescheut wird. Sie liefern die sehr preisgünstigen Reifen, Ende der Fahnenstange – noch. detlef.vogt@reifenpresse.de
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