Reifenindustrie im Iran vor neuer Blüte?
Aufgrund der im Übrigen noch bis vermutlich 2016 andauernden Wirtschaftssanktionen besteht in vielen Industrien ein enormer Nachholbedarf im Iran. In Aussicht gestellt wird der Bau von gleich vier völlig neuen Reifenwerken im Lande, bei denen sich der iranische Staat als Minderheitsgesellschafter mit einem Anteil von 19 Prozent einzubringen gedenkt. Die Mehrheit würde bei Unternehmen wie Pirelli, Bridgestone oder Continental liegen, wie Hassan Shabani, Chef des iranischen Forschungszentrums für Kautschuk, laut RubberNews zu Protokoll gegeben hat. Mit dem jetzt erfolgten Baubeginn eines Synthesekautschukwerkes im südiranischen Assaluyeh werden jedenfalls schon einmal erste Voraussetzungen für die Versorgung potentieller Reifenwerke mit einem wichtigen Rohmaterial geschaffen.
Für den Bau des Synthesekautschukwerkes sind 29 Monate und eine Investitionssumme von 255 Millionen Euro projektiert. Als Partner hat der Iran zwei renommierte italienische Unternehmen gewinnen können: den vor allem auf die petrochemische Industrie spezialisierten Anlagenbauer Maire Tecnimont und die Chemiesparte Versalis aus dem Konzern eni. Hergestellt werden sollen in der neuen Fabrik jährlich 136.000 Tonnen ESBR (Emulsion Styrene Butadiene Rubber), wie vor allem in modernen Pkw-Reifen heute erforderlich, aber auch für andere Produkte aus der Kunststoffindustrie benötigt. Zwei der fünf Produktionslinien, die in Assaluyeh errichtet werden, sind explizit der Herstellung von Synthesekautschuken für die Reifenherstellung vorbehalten, wobei nicht unbedingt nur die Versorgung des inländischen Marktes gesehen wird, sondern auch ein Bedarf in Ostasien – speziell in China – Exportmöglichkeiten eröffnet.
Im letzten Jahr wurden im Iran 1,1 Million Autos bei einer Bevölkerungszahl verkauft, die in etwa so groß ist wie die deutsche. Der Bedarf aber dürfte mit Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran enorm ansteigen – sofern die durch die Vereinigten Staaten, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland (bzw. die EU) nach zwölfjährigen Verhandlungen ausgehandelten Auflagen hinsichtlich des iranischen Atomprogrammes umgesetzt werden. Der Jahresbedarf an Reifen wird von iranischer Seite auf 700.000 Tonnen im Jahre 2020 taxiert. Zwar gibt es laut einer Auflistung von „Tire Business“ aktuell neun Reifenfabriken im Iran, die dürften aber hoffnungslos veraltet sein und überwiegend Diagonalreifen fertigen. detlef.vogt@reifenpresse.de
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