„Ernüchterung“: BRV beklagt trägen Handel und treibt „Geschäftsmodell Zukunft“ voran
Im BRV-Vorstand hat sich gut zwei Monate nach der Vorstellung des Roland-Berger-Projektes „Geschäftsmodell Zukunft“ offenbar „eine gewisse Ernüchterung“ breit gemacht, wie der geschäftsführende Vorsitzende Peter Hülzer heute per E-Mail an die BRV-Mitglieder schreibt. Insbesondere sorge im Verband für Frust, dass zwar 99 Prozent der auf der Versammlung in Köln anwesenden BRV-Mitglieder Handlungsbedarf für Veränderungen im Geschäftsmodell Reifenfachhandel sahen, woraufhin eigentlich ein „Evolutionsprozess des Reifenfachhandels umgehend einzuleiten“ wäre. Dann wiederum hatten in den vier Wochen, nach dem der BRV die Charts von Roland Berger an seine Mitglieder verschickt hatte, lediglich 14 Prozent der Empfänger den BRV-Newsletter überhaupt geöffnet. Außerdem sei die Beteiligung unter den BRV-Mitgliedern an einer Fragebogenaktion zum Roland-Berger-Projekt „leider nur unzureichend“ gewesen. „Schade“, befand Hülzer, meinte aber: „Dennoch: Entmutigen lassen wir uns nicht.“
Der BRV wolle nun ein Zwischenfazit ziehen und einen Ausblick auf die weiteren Projektschritte geben. „Aufgrund der heterogenen Struktur der Branche konnte nicht erwartet werden, dass ein auf alle Unternehmenstypen passendes Füllhorn an Ideen und Vorschlägen ausgeleert würde. Hier sei an die Aussage des Projektleiters Philipp Grosse Kleimann von Roland Berger bei der Vorstellung der ersten Projektergebnisse erinnert: ‚Die extreme Spreizung der Mitgliederstruktur des BRV hat uns überrascht.’ Die positiven Stimmen gingen deshalb folgerichtig auch in die Richtung, dass man sich den Teil, der für das eigene Unternehmen als umsetzungswert empfunden werde, aus den Maßnahmenempfehlungen herauslöst und die Realisierung konkret angeht“, rückt der BRV den wohl bei einigen aufgekommenen Erwartungshorizont an das Roland-Berger-Projekt zurecht. Offenbar hatten einige „sofort umsetzbare Maßnahmen“ als Ergebnis der Projektarbeit erhofft, meint man beim BRV, während das Projekt hingegen vielmehr „Vorschläge zur Optimierung der Lage“ habe unterbreiten wollen.
Wie ist also der Status quo des Projektes? „Zum einen sollen, wie erwähnt, weitere Maßnahmen der sogenannten Maßnahmenlangliste (deren Priorisierung sich der BRV von den Mitgliedern gewünscht hätte) konkret ausgearbeitet werden. Derzeit zeichnen sich folgende Themen ab:
- Dynamische Preisgestaltung,
- Fahrzeugservice,
- Optimierung Kundenerlebnis im Wartebereich,
- Hol- und Bringservice,
- Auswertung von Kundendaten mit externen Partnern,
- Außen-/Innendienst,
- Stromtankstelle,
- Lkw-Flottenservice.“
Des Weiteren, schreibt BRV-Chef Hülzer, „wird über die Bildung der von Roland Berger empfohlenen Umsetzungs-Task-Force nachgedacht, die dem Händler dabei helfen soll, die von ihm als umsetzungswert empfundenen Maßnahmen vor Ort konkret umzusetzen. Über all dies sowie ein von Roland Berger erarbeitetes ‚Kommunikationspapier gegenüber den Herstellern, das die Relevanz des Distributionskanals Reifenfachhandel und dessen Zukunftsfähigkeit unterstreicht, soll anlässlich einer Sitzung der Kooperations-/Handelssystemgeschäftsführer mit dem BRV-Vorstand am 3. Dezember in Bonn beraten werden.“
Bei der Gelegenheit wolle der BRV-Vorstand „dann auch noch einmal deutlich machen, dass Roland Berger keine Studie vorgelegt hat, sondern ein ganzheitlicher Projektansatz in Form eines Stufenmodells“ (2015 bis 2020) verfolgt wird. Dem Vorstand sei es „nicht darum gegangen, eine weitere Studie vorzulegen, die den Ist-Zustand beschreibt und dann in der Schreibtischschublade verschwindet. Vielmehr ist es Ziel des Projektes, dem Reifenfachhandel dabei behilflich zu sein, sich angesichts des Strukturwandels fortzuentwickeln.“
Interesse des Verbrauchers und der Industrie am Reifenfachhandel erhalten
Weiter: „Tatsache ist, dass es Händler auf unterschiedlichsten Entwicklungsständen gibt, die jeweils mit unterschiedlichen Umsetzungsschritten agieren müssen, um ein professionelles Niveau zu erreichen. Das heißt, 2015 sollte genutzt werden, um z. B. Mindeststandards zu erfüllen, wie sie im bereits veröffentlichten Projektbericht definiert sind. Bereits ohne großes Investitionsvolumen und lange Vorbereitungen könnten schon heute viele Kernelemente dieser Mindeststandards adressiert werden, um als attraktiver Vermarkter zu gelten. Sind sie erreicht, sollten dann im nächsten Schritt bis 2018 Maßnahmen zur Erweiterung der traditionellen Geschäftsfelder des Reifenfachhandels ergriffen werden. Die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells im Sinne der von Roland Berger bereits erarbeiteten bzw. noch zu erarbeitenden Maßnahmen setzt ein hohes Maß an Leistungs- und Veränderungsbereitschaft voraus, was allerdings unumgänglich ist, wollen wir das Interesse des Verbrauchers und der Industrie am Reifenfachhandel erhalten.“
2020 sollte dann das Jahr sein, „in dem ein neues Geschäftsmodell etabliert ist, in dem das klassische Reifenersatzgeschäft zwar eine nach wie vor dominante Rolle spielt, durch zusätzliche Optionen (siehe von Roland Berger empfohlene Maßnahmen) aber eine stärkere, insbesondere wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Reifenersatzgeschäft sichtbar wird.“ ab
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!