Commerzbank-Branchenbericht Autozulieferer 2015
Die Autozuliefererbranche in Deutschland wird auch im Jahr 2015 wieder einen neuen Produktionsrekord aufstellen. Grund hierfür ist die weltweit steigende Nachfrage nach Fahrzeugen wie Pkw und Lkw. Lag die globale Produktion an Kraftfahrzeugen 2014 noch bei knapp 90 Millionen Autos, ist für 2015 mit einer leichten Steigerung zu rechnen. Gleichzeitig verläuft die Branchenkonjunktur je nach Land und Region sehr unterschiedlich. „So geht in China, dem bisherigen Kraftmotor der Welt, nach Jahren einer stürmischen Marktentwicklung die Wachstumsrate für den Automobilabsatz merklich zurück“, erläutert Michael Kotzbauer, Bereichsvorstand der Commerzbank-Mittelstandsbank Süd. Dies resultiert aus der nachlassenden wirtschaftlichen Dynamik im Reich der Mitte. Das hat wiederum Auswirkungen auf die deutschen Zulieferer.
„Was die europäische Nachfrage angeht, sehen wir für 2015 zwar ein helles Licht am Horizont. Aber mit Ausnahme von Osteuropa ist langfristig größtenteils nur mit Aufholprozessen und nicht mit echtem nachhaltigen Marktwachstum zu rechnen“, so Kotzbauer weiter. In den USA hingegen dürfte sich der Markt weiter erholen. Bisher sind die alten Höchststände bei neu zugelassenen Fahrzeugen wie vor der Finanzkrise 2008 noch nicht erreicht. In den nächsten Jahren erwarten die Experten der Commerzbank für die USA ein weiteres, aber geringeres Wachstum bei der Nachfrage.
Renditeniveau unter Druck
Seit der großen Krise 2008/2009 verzeichnete sowohl die Automobil- als auch die Zuliefererindustrie eine sehr gute Performance. Meist waren überdurchschnittliche Renditen zu sehen, die ihren bisherigen Höhepunkt im Jahr 2014 fanden. Dieses Niveau dürfte sich in den nächsten Jahren eintrüben. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: Die bisher eher profitablen Märkte in China und Nordamerika zeigen ein geringeres Wachstum. Gerade in China werden der Konkurrenzdruck und die staatliche Reglementierung höher. Hinzu kommt Kostendruck durch gesetzliche Vorgaben wie CO2-Ziele und Sicherheitsstandards, die nur bedingt an den Endverbraucher weitergegeben werden können.
„Aus unserer Sicht gibt es keine einheitliche Renditeentwicklung unter den deutschen Zulieferern. Wesentliche Kriterien für höhere Renditen sind die starke Teilnahme am Wachstum der Emerging Markets und den richtigen Produktsegmenten sowie die stetige Weiterentwicklung von innovativen Produkten“, hält Christian Kistner, verantwortlich für den Bereich Automotive im Risikomanagement der Commerzbank, fest. Kleinere Zulieferer mit nicht zukunftsfähigen Kostenstrukturen sollten dem Margendruck mit Kooperationen begegnen.
Wachstumschancen durch markt- beziehungsweise länderspezifische Gegebenheiten
Die Kunden in der Welt, vor allem in den Emerging Markets, verlangen eine stärkere Anpassung der Fahrzeuge an ihre eigenen Bedürfnisse. Die Käufer haben länderspezifische Anforderungen sowohl an das Design als auch an Interieur und Technik. Dabei steht bei allen Käuferwünschen in den Emerging Markets die Bezahlbarkeit im Vordergrund. Nach wie vor sind die deutschen Zulieferer in Bezug auf die Qualität ihrer Produkte weltweit unter den führenden Unternehmen. Für technisch anspruchsvolle und damit hochpreisige Produkte ist im Massensegment der Emerging Markets die Nachfrage noch gering. Insofern müssen OEMs (Autohersteller) sowie Zulieferer vermehrt auch abgespeckte Versionen zu günstigen Preisen anbieten. Diese Herausforderung der länderspezifischen Produktanpassung für global agierende Zulieferer stellt zugleich eine große Chance dar. „Sollte es dem Zulieferer gelingen, seine Produkte flexibel und zügig auf die Anforderungen des jeweiligen Marktes auszurichten und zu produzieren, besteht genau hierin eine große Wachstumschance“, attestiert Commerzbank-Experte Kistner.
Lokale Produktion wird für viele Zulieferer vom Kann zum Muss
Nachdem bereits nahezu alle größeren Zulieferer in den Wachstumsmärkten produzieren, wird ein lokales Sourcing, das heißt das Beschaffen von Vorprodukten von Teilen und Komponenten, immer bedeutender. Aufgrund der Local-Sourcing-Anforderungen erwarten sowohl OEM- als auch Tier-1-Zulieferer eine verstärkte Lokalisierung in der Beschaffungskette. Aus der bisherigen Option, den OEM ins Ausland zu begleiten, wird immer mehr ein Muss. Das bezieht sich vor allem auf die stark wachsenden Produktionsländer wie China und Mexiko. Weitere Gründe für eine lokale Beschaffung der Vorprodukte sind Währungsaspekte, Transportkosten und das immer noch niedrigere Lohnniveau in diesen Ländern. Andererseits besteht für technologisch einfachere Produkte mit hoch automatisierter Herstellung und geringen Transportkosten noch Spielraum für eine mehr oder weniger zentrale Produktion vor Ort.
CO2-Ziele: Fluch und Segen zugleich
Das Umsetzen der gesetzlichen CO2-Ziele ist eine zunehmende Herausforderung, gleichzeitig aber auch eine Chance für die deutsche Automobilindustrie. Herausforderung deshalb, weil jedes zusätzlich einzusparende Gramm CO2 einen immer höheren Aufwand bedeutet und teurer wird. Andererseits aber auch eine Chance, weil technologischer Wandel und Innovationen vorangetrieben werden – ein Feld, auf dem die deutschen Zulieferer besonders gut positioniert sind. „Für die deutschen Zulieferer rechnen wir aufgrund der hohen technologischen Kompetenz mit steigenden Marktanteilen. Dennoch sollten die aufstrebenden Konkurrenten aus den Emerging Markets nicht aus den Augen gelassen werden, zumal zunehmend Know-how im Westen durch Firmenübernahmen eingekauft wird“, führt Kistner aus. Grundsätzlich sollten die Gesetzgeber die CO2-Ziele nicht am Markt vorbei hochschrauben. Die bei den Unternehmen entstehenden Kosten und damit der Endpreis sollten mehr berücksichtigt werden. „Weiter verstärkte Anforderungen sind sehr teuer und die Verbraucher sind nicht bereit beziehungsweise nicht in der Lage, hierfür deutlich mehr zu zahlen“, gibt Kistner zu bedenken. dv
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