Kautschukstandort Marl wird wohl von Lanxess aufgegeben
Der Spezialchemiekonzern und bedeutende Zulieferer der Reifenindustrie Lanxess hat im Geschäftsjahr 2014 sein operatives Ergebnis und sein Konzernergebnis deutlich gesteigert. Bei einem leichten Umsatzrückgang von 3,5 Prozent auf rund 8 Milliarden Euro stieg das EBITDA vor Sondereinflüssen um 9,9 Prozent auf 808 Millionen Euro. Das Konzernergebnis verbesserte sich um 206 Millionen Euro auf 47 Millionen Euro – trotz Sonderaufwendungen für die Neuausrichtung, die unter anderem zu einer Schließung der EPDM-Kautschuk-Produktion in Marl Ende 2015 führen dürfte. Der Konzern hat seine Nettoverschuldung deutlich reduziert und seinen operativen Cashflow spürbar gesteigert.
„Insbesondere vor dem Hintergrund der weiterhin herausfordernden Geschäftssituation ist die deutliche Ergebnissteigerung erfreulich. Die Zahlen spiegeln auch erste Erfolge unserer Neuausrichtung wider, bei der wir voll im Plan liegen“, sagte Matthias Zachert, Vorsitzender des Vorstands der Lanxess AG (Köln). „Dennoch liegt noch viel Arbeit vor uns, damit Lanxess wieder dauerhaft in die Erfolgsspur kommt. Im laufenden Geschäftsjahr werden wir unser Programm weiter systematisch umsetzen und entscheidende Weichen für die Zukunft von Lanxess stellen.“
Dreistufige Neuausrichtung
Im August 2014 hatte der Konzern ein dreistufiges Programm zur Neuausrichtung vorgestellt. Die erste Stufe zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit seiner Geschäfts- und Verwaltungsstruktur, die den Abbau von rund 1.000 Stellen weltweit beinhaltet, hat der Konzern weitgehend abgeschlossen. Der Abbau von rund 500 Stellen in Deutschland betraf vor allem den Verwaltungsbereich und erfolgte ohne betriebsbedingte Kündigungen. Außerhalb Deutschlands werden weitere 500 Stellen abgebaut. Dort wurde bereits für rund 70 Prozent der betroffenen Mitarbeiter eine Lösung gefunden. Ab Ende des Jahres 2015 spart Lanxess durch die Maßnahmen der ersten Stufe rund 120 Millionen Euro, ab Ende 2016 jährlich 150 Millionen Euro.
Im Rahmen der zweiten Stufe, die auf die Verbesserung der operativen Wettbewerbsfähigkeit zielt, hat der Konzern erste Maßnahmen eingeleitet. So wird das Unternehmen angesichts der derzeitigen Überkapazitäten im Markt für synthetische Kautschuke seine Produktionsnetzwerke für Ethylen-Propylen-Dien-Monomer-Kautschuk (EPDM) und Neodymium-basierten Performance-Butadien-Kautschuk (Nd-PBR) neu aufstellen: Der Konzern beabsichtigt, die EPDM-Kautschuk-Produktion am Standort Marl Ende des Jahres 2015 zu beenden. Im EPDM-Kautschuk-Produktionsnetzwerk von Lanxess sei die Anlage in Marl aufgrund von geringen Skaleneffekten sowie den im Vergleich höheren Energie- und Rohstoffkosten die am wenigsten wettbewerbsfähige, heißt es. In Marl sind derzeit rund 120 Mitarbeiter beschäftigt.
Seine Nd-PBR-Produktion wird der Konzern im Laufe des Jahres 2016 auf die Standorte Dormagen und Singapur fokussieren. Die Nd-PBR-Anlagen an den Standorten Orange (USA) und Cabo de Santo Agostinho (Brasilien) werden dann ausschließlich die jeweilige Region bedienen. Die dadurch in den Anlagen in Port Jérôme (Frankreich) und Orange frei gewordenen Kapazitäten werden künftig für die Produktion von anderen Butadien-Kautschuktypen genutzt. Darüber hinaus reduziert Lanxess die genutzte Kapazität für Butadien-Kautschuke in Orange im Zuge des flexiblen Anlagenmanagements und betreibt nur noch drei von vier Produktionsstraßen gleichzeitig.
Nach der Neuaufstellung würde der Konzern dann sowohl für EPDM- als auch für Nd-PBR-Kautschuke über jeweils eine Anlage in Nordamerika, Lateinamerika, Asien und Europa verfügen. Für die Neuaufstellung seiner Produktionsnetzwerke für EPDM- und Nd-PBR-Kautschuke rechnet der Konzern insgesamt mit einem Abbau von etwa 140 Stellen und Sonderaufwendungen von rund 55 Millionen Euro. Ab Ende 2016 werden Einsparungen von jährlich 20 Millionen Euro erwartet.
Im Vordergrund der dritten Stufe steht die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Geschäftsportfolios, insbesondere durch Kooperationen im Kautschukbereich. Lanxess befindet sich derzeit nach eigenen Angaben in Gesprächen mit möglichen Partnern, über die gegebenenfalls in der zweiten Jahreshälfte 2015 berichtet wird.
Die beiden Segmente, die die Reifenhersteller beliefern
Der Umsatz des Segments „Performance Polymers“ ging im Geschäftsjahr 2014 gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent auf rund 4,1 Milliarden Euro zurück. Maßgeblich waren der Preisrückgang über alle Geschäftsbereiche aufgrund von geringeren Rohstoffkosten und des anhaltend herausfordernden Marktumfelds sowie geringfügig niedrigere Absatzmengen. Auch die Wechselkurse wirkten sich über das Jahr gesehen leicht negativ auf den Umsatz aus.
Das EBITDA vor Sondereinflüssen des Segments lag mit 392 Millionen Euro knapp ein Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Ergebnisverbessernd wirkten sich insbesondere die deutlich niedrigere Kostenbasis sowie positive Wechselkurseffekte aus. Negativen Einfluss hatten geringere Verkaufspreise und niedrigere Absatzmengen. Das operative Ergebnis des Segments wurde zudem unter anderem von Anlaufkosten für das EPDM-Kautschukwerk in China sowie eine Wertberichtigung auf Vorräte im vierten Quartal belastet.
Im Segment „Performance Chemicals“ stieg der Umsatz im Geschäftsjahr 2014 um 2,9 Prozent auf rund 2,2 Milliarden Euro. Grund dafür waren gestiegene Absatzmengen sowie geringfügig höhere Verkaufspreise, die leicht negative Wechselkurseffekte überkompensierten.
Das EBITDA vor Sondereinflüssen des Segments stieg gegenüber dem Vorjahr um 18,6 Prozent auf 274 Millionen Euro. Zurückzuführen war dies auf höhere Absatzmengen, positive Wechselkurseffekte, gestiegene Preise sowie eine Entlastung aus geringeren Einstandspreisen für Rohstoffe. Belastend wirkten höhere Fertigungskosten.
Ausblick 2015
Für das Geschäftsjahr 2015 geht Lanxess von einem anhaltend herausfordernden Wettbewerbsumfeld insbesondere für synthetischen Kautschuk aus. Zwar erwartet der Konzern für das Segment Performance Polymers im Vergleich zum Vorjahr eine leichte Nachfrageverbesserung aus der Automobil- und Reifenindustrie, rechnet jedoch insbesondere für EPDM- und Butylkautschuk mit anhaltendem Preisdruck.
Für das erste Quartal 2015 erwartet das Unternehmen ein gegenüber dem Vorjahresquartal verbessertes EBITDA vor Sondereinflüssen von 210 bis 230 Millionen Euro. Berücksichtigt sind dabei Anlaufkosten von insgesamt 25 Millionen Euro für die EPDM-Kautschuk-Anlage in Changzhou (China) und die Nd-PBR-Kautschuk-Anlage in Singapur. dv
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