Aerotechnik hat mit Barracuda und Corniche eigenes Segment kreiert
Die Aerotechnik Autoteile AG wurde 1982 gegründet, Alleingesellschafter und Chef des Anbieters von sportlichem Autozubehör ist Gerhard „Geri“ Mösl. Der Hauptsitz der AG ist Stein am Rhein in der Schweiz, unweit zur deutschen Grenze. Nur wenige Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Grenze in Rielasingen-Worblingen ist die Adresse der Niederlassung Europa Aerotechnik Fahrzeugteile Europe GmbH, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft.
Die Aktivitäten galten bei Firmengründung dem Produkt Spoiler, in den 90er-Jahren konnte sich Aerotechnik mit der renommierten Marke Remus und einem „Auspuff mit Zertifikat“ schweizweit einen Namen machen. Mit dem Produkt Leichtmetallräder habe man erst 1998 begonnen, berichtet Vertriebsmanager Markus Süssmann, in der Räderbranche nicht unbekannt, hat er doch dereinst für die Premiummarke BBS gearbeitet.
Die Individualisierung des Autos ist die Passion des Unternehmens. Sportlichkeit und Optik, Leistung und Sound“ seien das eine, heißt es, „Sicherheit und Umweltverträglichkeit“ aber „genauso wichtige Anliegen“. Bekannte Adressen aus dem Fahrwerksbereich haben Aerotechnik zum Partner erkoren, manchmal europa-, manchmal schweizweit. Was für sonstiges sportliches Automobilzubehör gilt, das gilt auch für Leichtmetallräder, so für die japanische Kultmarke „Work“. Schweizweit vertreibt Aerotechnik ferner die beiden Eigenmarken Sigma und die eher dem Segment Winterräder zuzuordnende aeroline. Die Designs dieser beiden Marken sind eher konservativ, wenden sich an den Mainstream, man könnte auch sagen: Diese Stylings sind austauschbar mit denen anderer bekannter Marken.
Irgendwann so vor etwa einem Jahrzehnt wurde Aerotechnik der Schweizer Markt zu klein bzw. war das Potenzial, das der europäische Markt bot, einfach nicht mehr zu ignorieren. Das war die Zeit, als der Chromboom Akzente im Rädergeschäft setzte. Der Markteintritt in Deutschland wurde anfangs über einen Importeur gesucht, bis 2006 die Gründung der eigenen Tochtergesellschaft erfolgte. Schnell etablierte sich die Aerotechnik Fahrzeugteile, genauer: wurden Marktteilnehmer im Großhandel, Tuner und Reifenhandelsketten auf die unter anderem auf Messen auffällig präsentierten neuen Rädermarken Barracuda und Corniche aufmerksam, zahlreiche der automobilen Individualisierung gegenüber aufgeschlossene Reifen- und Automobilzubehörhändler haben die Vermarkterliste seitdem beachtlich wachsen lassen, wobei „der Durchbruch im Jahre 2008 mit dem Design Tzunamee“ gelang, begeistert sich Markus Süssmann. Die Aerotechnik Fahrzeugteile hat schnell gelernt, dass der außerschweizerische Markt und der deutsche ohnehin anders strukturiert ist als der (immerhin im Schnitt etwas höherpreisige) heimische, wo im Prinzip jeder Garagist bedient wird und sich auch mal ein Endverbraucher zum Firmensitz in Stein am Rhein verirrt.
Mit Sigma oder Aeroline mag Aerotechnik im Heimatmarkt das Bedürfnis nach gängigen Designs erfüllen. Dass Barracuda und Corniche in dieses Muster passen, kann nun wahrlich nicht behauptet werden. Beide Rädermarken eint, dass sie in etwa das Spektrum von 17 bis 22 Zoll abdecken, dass sie Lebensgefühl und Lifestyle ausstrahlen, dass sie sich durch Stylings auszeichnen, die sich vom gängigen Marktangebot abheben. „Wir haben einige Verrücktheiten gewagt und haben sie dem Endkunden präsentiert“, erinnert Süssmann an die Anfänge. Während diese Linie bei der Marke Barracuda bis heute Programm ist, ist Corniche als Symbiose aus Sportlichkeit und Eleganz angelegt.
Räder mit Swarovski-Steinen, grelle Farben – erlaubt ist, was gefällt, auch wenn es nur bei einem Nischenpublikum Anklang findet. Über den vielleicht schon etwas in die Jahre gekommenen, nichtsdestotrotz aber von einer jungen Frau mit viel Liebe aufgemotzten Kleinwagen und 17-Zoll-Rädern in Bonbonfarben wird nicht die Nase gerümpft, sondern man teilt mit dem Kunden dessen automobile Leidenschaft, hilft, unterstützt bei weiteren Tuningideen. Bei der Marke Barracuda geht etwa jedes dritte Rad mit Folierung in den Markt. Dass bei farbigen Aluminiumrädern die Folierung nicht immer problemfrei ist und beispielsweise Bordsteinkratzer eher nicht verzeiht, räumt auch Süssmann ein. Aber die Barracuda-Kunden sind ohnehin immer auf der Suche nach neuen Ideen oder neuen Räderfarben, sie sind Avantgarde einer tuningaffinen jungen Generation, die in ihrer Gesamtheit schrumpfen mag, weil andere Interessen wie moderne Kommunikationsmittel in den Vordergrund rücken, die es aber gleichwohl immer noch gibt und nach fester Überzeugung Aerotechniks auch weiterhin geben wird.
Belege dafür sammelt das Unternehmen vor allem auf diversen eher kleineren Szenetreffs, Haus- oder Tuningmessen, fügt Vertriebsexperte Süssmann als Beispiel die Dresdner XS-Carnight an, die zwar nur eine Nacht dauert, aber eine Riesenparty und auf der „Schräges“ nicht verpönt ist, sondern Applaus findet. Da treffen sich Menschen mit ungetrübtem Spaß am Tuning, auch solche mit verrückten Ideen, was das Aussehen ihrer Autos anbelangt. „Und wir sind mittendrin“, freut sich Markus Süssmann bereits auf die Carnight 2014.
Der Aluminiumrädermarkt stagniert, ist vielleicht sogar leicht rückläufig. Das Frühjahrsgeschäft 2013 war mau, eine Erholung 2014 erwartet Aerotechnik eher nicht. Die jährlich abgesetzten Stückzahlen für die Marken Barracuda und Corniche bewegen sich im mittleren fünfstelligen Bereich, viel Potenzial sieht Markus Süssmann für die vom Unternehmen besetzte Nische nicht. Direkte Konkurrenz sind die Billigheimer des Marktes nicht, sondern die wenigen, die „genauso ticken wie wir“. Etwa die Hälfte des Absatzes entfällt auf den deutschen Markt (übrigens hat auch eine ganze Reihe der etwa drei Dutzend Mitarbeiter in Stein einen deutschen Pass), in so manchem europäischen Land hat man einen oder wenige gute Partner, schwer tue man sich in „Billigmärkten“ wie Osteuropa oder Großbritannien.
2014 wird für Barracuda und Corniche eher ein Jahr der Konsolidierung, statt echter Neudesigns sollen weitere Folierungsideen mit bestehenden Stylings – Verkaufshits sind nach wie vor Tzunamee und Voltec T6 – umgesetzt werden, die werden auch für gebürstete Oberflächen dienen. Um das Wintergeschäft, an dem man bislang nur marginal partizipiert, will man sich auch vermehrt kümmern – was angesichts der Positionierung nicht so einfach sein wird. Wenn sich im Jahre 2015 wie erhofft das Marktgeschehen wieder belebt, sollen auch wieder absolute und sehr eigenständige neue Kreationen Akzente im Aftermarkt setzen. Bestehende erfolgreiche Kooperationen mit durchaus bekannten Tunern sollen intensiviert werden, wobei derartige Arrangements nicht als Einbahnstraßen verstanden werden, sondern beiden Partnern dienen.
Hergestellt werden die Aerotechnik-Rädermarken in verschiedenen Aluminiumräderwerken in Fernost, unter anderem in einem, in dem auch ein großer deutscher Hersteller produzieren lässt. Der TÜV Rheinland gewährleistet in den Fabriken in Thailand, Japan oder China die erforderliche Fertigungsqualität. Zu Hause in Stein am Rhein ist man nicht nur technisch bestens ausgerüstet, sondern hält auch vom Design über alle Aspekte der Technik hinaus bis zum Vertrieb bestens geschultes Personal bereit. Schließlich ist gerade bei extremen bzw. ausgefallenen Tuningmaßnahmen sehr spezielles Know-how erforderlich. Um die 50.000 Aluminiumräder hat Aerotechnik am Stammsitz auf Lager, nochmal bis zu 15.000 Stück sind es im wenige Kilometer entfernten Rielasingen-Worblingen. In vielerlei Hinsicht ist die Aerotechnik Fahrzeugteile anders als die Masse der Anbieter, in mancherlei Hinsicht aber ganz pragmatisch. detlef.vogt@reifenpresse.de
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