ProLine eher mit Händler- denn Herstellerselbstverständnis
Während es der ProLine Wheels GmbH nach einem Feuer, das Anfang dieses Jahres einen Großteil des Lagerbestandes vernichtete (Glück im Unglück: Viele Aluminiumräder fürs Frühjahrsgeschäft waren zu diesem Zeitpunkt noch auf ihrer Schiffsreise zum Mannheimer Aluminiumfelgenanbieter), bereits im Januar erstaunlich schnell gelang, zur Tagesordnung zurückzukehren und sich der physische Rauch verzogen hatte, wurde in der Gerüchteküche ein anderer Rauch wieder angefacht. Der Grund: Markus Wittmer (43) und Stefan Lubusch (42) werden immer wieder mit allerlei abenteuerlichen Spekulationen konfrontiert hinsichtlich der Gesellschafteranteile von ProLine Wheels; eines dieser Gerüchte besagt nun mal, dass ein bekannter Plattformbetreiber aus der Branche Geldgeber für ihr Projekt sei. Und ausgerechnet der bot nach dem Brand Unterschlupf. Dabei habe man sich für das ehemalige Gründerzentrum in Kaiserslautern (das heute tatsächlich ein Gebäude der tyre24-Gruppe ist) entschieden, da hier alle technischen Voraussetzungen innerhalb von 48 Stunden geschaffen werden konnten, ohne lange „Papierkriege“. Dennoch sei es vor dem Brand ein Gerücht gewesen, dass die ProLine Wheels GmbH zu Tyre24 gehört, und nach dem Brand sei es immer noch ein Gerücht, können sich beide trotz des Schadensfalls ein Schmunzeln nicht ganz verkneifen, schieben aber mit Ernst hinterher: „Wir beide sind mit jeweils 50 Prozent der Anteile die gleichberechtigten Gesellschafter und Geschäftsführer.“ Sie sind es jedenfalls, die dem Unternehmen den Stempel aufdrücken, die die Marke leben, die ProLine Wheels sind und jegliche gesellschaftsrechtliche Verquickung mit ihrem Helfer in der Not Michael Saitow kategorisch dementieren. Darum: Gut jetzt! Themenwechsel.
Stefan Lubusch wirkt als CEO (Chief Executive Officer) eher nach außen, Markus Wittmer als CFO (Chief Financial Officer) eher nach innen, wobei das Titel sind, die für die beiden keinen Wert an sich darstellen, sondern die Aufgabenstellungen im Unternehmen beschreiben und wohl auch beider Naturell widerspiegeln. Wenn Lubusch – was so acht- bis zehnmal im Jahr vorkommt – beispielsweise bei Produktionspartnern irgendwo in Fernost die neuesten Projekte konkretisiert, gewährleistet Wittmer in Mannheim, dass das Tagesgeschäft reibungslos funktioniert. Gemeinhin nennt man so etwas eine kongeniale Partnerschaft.
ProLine Wheels war bereits 1996 in Heidelberg von Manfred Brüning ins Leben gerufen worden. Im Jahre 2002 war ProLine flügge und von Brüning nach Mannheim verlagert worden in ein Gebäude, das er sich mit dem Nutzfahrzeugteilespezialisten Europart teilte. Vor zwei Jahren hat das Duo Wittmer/Lubusch, das gemeinsame Wurzeln beim renommierten Wettbewerber Autec hat und bei dem es mit dem Bazillus Aluminiumräder infiziert wurde, das Unternehmen „adoptiert“. Inzwischen hat der Räderanbieter das Firmengebäude mit angeschlossenem Lager mit einer Kapazität (vor dem Brand) von so um die 100.000 Stück für sich allein. Der frühere Mitnutzer in dem Mannheimer Gewerbegebiet ist auf die andere Straßenseite gezogen. Übrigens: Wie und selbst wo exakt die Lagerhaltung von Rädern der Marke ProLine Wheels künftig aussehen will, ist aktuell noch im Planungsstadium, die Brandschäden jedenfalls sind irreparabel.
In den zwei Jahren ihres Wirkens haben Lubusch/Wittmer den Kurs des Unternehmens auf ihre Vorstellungen hin ausgerichtet. So haben sie im übernommenen Räderprogramm so manchen Wildwuchs gestutzt, sodass sie bei zwölf Produktfamilien gelandet sind. Dass mal auf den Nabenkäppchen ProLine und mal PLW stand, war schwer nachvollziehbar, der „Switch“ ausschließlich auf ProLine ist weitgehend abgeschlossen. Eine geplante Zweitmarke „mit Projektcharakter“ – ProLine wird die Hauptmarke bleiben – ist nach dem Brand vorerst „auf Eis gelegt“. Sie sollte dank „perfekter Individualisierungsmöglichkeiten“ (so Wittmer) eine identifizierte Nische ausfüllen und mit Überraschungseffekten aufwarten. Dennoch: Große Töne sind nicht angesagt, man sei ja ein eher kleiner Marktteilnehmer, stapelt Markus Wittmer tief bzw. übt sich im Understatement. Wann das Projekt „RAR“ erneut auf die Agenda gelangt ist ungewiss, die Prioritäten liegen verständlicherweise aktuell auf dem Frühjahrsgeschäft 2014 mit der Marke ProLine, für die der Lagerbestand neu aufgebaut und die bestmögliche Lieferfähigkeit erst wieder geschaffen werden musste.
Die in den letzten beiden Jahren vorgenommenen Korrekturen tragen eher das Attribut behutsam. Es ist ja ein durchaus erfolgreicher Marktteilnehmer übernommen worden, der folglich in der Vergangenheit sehr viel richtig gemacht haben muss. Der zwar das von „lieben Wettbewerbern“ fleißig befeuerte Image hatte, besonders preisaggressiv zu sein, aber gleichwohl nach allen dieser Zeitschrift vorliegenden Informationen jedenfalls in seinen Mannheimer Jahren immer profitabel gewirtschaftet hat. Aus der Ecke, als Billigheimer herzuhalten, ist ProLine jedenfalls raus. Lubusch: „Ja, wir haben auch nach wie vor preisgünstige Räder, aber übers ganze Programm gesehen stehen wir ganz passabel da.“
Die preisliche Differenziertheit spiegelt sich in der Kollektion mit „BestBasic“-Rädern, Klassikern, vor allem aber „außergewöhnlichen“ Rädern, hinsichtlich des Designs, aber auch technologischer Herausforderungen. Man wolle „polarisieren“, Akzente im Leichtmetallräderersatzgeschäft setzen. Bei Nennung des Namens ProLine soll gar nicht erst der Verdacht aufkommen, es handele sich um „Räder von der Stange“. Die damit verbundene Austauschbarkeit von Rädern unterschiedlicher Marken ist primär bei sogenannten Winterrädern der Fall. Auch bei ProLine liegt der Umsatzanteil der zweiten Jahreshälfte bei über 50 Prozent. Aber die Mannheimer wollen so gut es geht „gegenarbeiten“ und für Belebung des Frühjahrsgeschäftes sorgen.
Angesichts des insgesamt recht überschaubaren Ersatzmarktangebotes für (gewichtsoptimierte) FlowForming-Räder ist gewiss das 2013 eingeführte Design PXF ein Beispiel, mit dem sich ProLine unterscheidet – ohne dabei in abenteuerliche (preisliche) Sphären abzuheben. „Wir leben vom Verkaufen“, so Vertriebs-CEO Lubusch ganz pragmatisch und meint damit, dass ein Rad in der hauseigenen Kollektion mehr sein muss als ein „nice to have“, das sich vielleicht ein Marketing-CEO Lubusch manchmal wünschen würde, „aber auch davon, dass gekauft wird.“ Außer silberne und schwarze Oberflächen gibt’s bei ProLine auch Bronze, Mattgrau oder Carbon-Look. Dass das Unternehmen im Gegensatz zu manchen anderen nicht so recht auf den Zug der bunten Räder aufgesprungen ist, ließe sich einfach mit der Antwort abtun, diese Räder sehe man ja nun auf der Straße wirklich so gut wie gar nicht, wird aber eher technisch begründet mit Zweifeln an der Verlässlichkeit bisher bekannter Farbangebote.
Mitbewerber nennen sich gerne „Hersteller“, weil sie ihre Stylings selbst kreiert haben und irgendwelche Fabriken mit der Produktion betrauen. „Irgendwelche Fabriken“ seien es bei ProLine-Rädern schon mal gar nicht, sondern etwa eine Handvoll Produktionspartner (nicht nur in China), mit denen man vertrauensvoll zusammenarbeite und diese Zusammenarbeit gestärkt werde. Das schließt schon einmal aus, dass ein Räderwerk nur an dem höchstmöglich zu erzielenden Preis und Lubusch als Einkäufer nicht nur an einem möglichst niedrigen Preis interessiert ist, sondern neben der selbstverständlichen Produktqualität auch Faktoren wie (Liefer-)Zuverlässigkeit, Schnelligkeit oder Kreativität zählen.
Bei ProLine dominiert trotz eigener Konstruktion mit dem erforderlichen technischen Equipment nicht die „Denke des Herstellers“, sondern die „Denke des Händlers“. Und der will seinen Kunden einerseits anbieten, was der Markt verlangt (in diesem Falle ein Programm von 14 bis 20 Zoll). Der will seinen Kunden aber andererseits auch immer etwas Besonderes anbieten, will polarisieren – ohne sich dabei von den (preislichen) Realitäten des Marktes zu verabschieden. Diese Realitäten sind die des Reifenfachhandels, der etwa 95 Prozent des ProLine-Umsatzes ausmacht.
Loyalität über alles
Man wolle als absolut loyaler Partner vom Reifenhandel wahrgenommen werden. So etwas wie „Komplettradangebote“ werde nicht einmal angedacht. Auch glaube man unbedingt an die Notwendigkeit sich mit der Marke und mit dem Produkt identifizierender Außendienstmitarbeiter. Gesichtslose Onlinetools können die Persönlichkeit eines engagierten Verkäufers nicht ersetzen, Einzelhändler wünschen nach wie vor den zwischenmenschlichen Kontakt. Bei ProLine obliegt die Vertriebsleitung Martin Schröder, als Key-Accounter verfügt Markus Sohns ebenso über langjährige Branchenerfahrung wie der im Herbst 2013 angeheuerte Vertriebsleiter Export Sandro Mees.
Der Mangel einer internationalen Ausrichtung ist eine geerbte Altlast, die Wittmer und Lubusch jetzt angehen wollen. Neben leistungsfähigen Partnern wie der Firma Bruckmüller in Österreich vertreten in anderen Ländern eher kleinere Partner die Rädermarke. Man wünscht sich für so manches Land noch leistungsfähige Distributeure bzw. Importeure. Mit denen soll Aufbauarbeit geleistet, ein vertrauensvolles Partnerschaftsverhältnis aufgebaut werden. Dabei weiß man sehr wohl um graue Warenströme, die sich nun einmal nicht ganz vermeiden ließen und störend sein könnten. Bislang allerdings ist die Marke ProLine da noch nicht negativ aufgefallen. Auch könne man mit gelegentlich anzutreffenden Angeboten wie die bei Onlineportalen, auf die man keinen Einfluss hat, bislang ganz entspannt umgehen, würde es da doch keine preislichen Ausrutscher geben.
Die ProLine Wheels GmbH ist in den letzten beiden Jahren behutsam umgebaut und umstrukturiert, Aufgaben sind neu verteilt worden. Bewährte Mitarbeiter haben dem Unternehmen die Treue gehalten, neue, aber branchenerfahrene Mitarbeiter sorgen für weiterführende Impulse. Die gut zwei Dutzend Kollegen hätten sich zu einem tollen Team formiert, heißt es aus dem Mitarbeiterkreis und wird damit nicht nur eine Lanze für die beiden Chefs gebrochen, sondern auch etwas von dem Spirit wiedergegeben, von der Aufbruchstimmung, die das Unternehmen erfasst hat. detlef.vogt@reifenpresse.de
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