80-Millionen-Euro-Investition von Lanxess in S-SBR
Lanxess (Leverkusen) stärkt seine Position als weltweit führender Hersteller von Hochleistungskautschuk. Im Anschluss an eine Machbarkeitsstudie hat der deutsche Spezialchemiekonzern beschlossen, an seinem Standort in Triunfo (Rio Grande do Sul) im Süden Brasiliens die Produktion von Emulsionsstyrol-Butadien-Kautschuk (E-SBR), der in Standardreifen eingesetzt wird, auf den in „Grünen Reifen“ verwendeten Solution Styrol-Butadien-Kautschuk (S-SBR) umzustellen. Lanxess ist das erste Unternehmen, das eine solche Umstellung vornimmt.
Die künftige Kapazität für S-SBR in Triunfo wird 110.000 Tonnen pro Jahr betragen und damit exakt so hoch sein wie die derzeitige Kapazität für E-SBR. In die Umstellung der Produktionstechnologie investiert der Konzern 80 Millionen Euro, die er aus seinem Cashflow finanzieren wird. Für die Zeit der Umstellung werden bis zu 500 zusätzliche Arbeitskräfte beschäftigt. Ab Ende 2014 wird das Werk die neuesten S-SBR-Typen produzieren. Die regelmäßige Belieferung der Kunden mit E-SBR wird von der unternehmenseigenen Anlage im brasilianischen Duque de Caxias (Rio de Janeiro) aus gewährleistet. Deren Produktionskapazität reicht aus, um den gesamten brasilianischen E-SBR-Bedarf zu decken.
E-SBR wird hauptsächlich bei der Herstellung von Lkw-Reifen eingesetzt. Insbesondere bei der Runderneuerung werden die Reifenkarkassen mehrmals wiederverwendet und nur die Laufflächen erneuert. Dadurch lassen sich bei der Reifenproduktion Rohstoffe einsparen.
Lanxess vertreibt S-SBR und Neodymiumbasierten Performance Butadien-Kautschuk (Nd-PBR) unter dem Markennamen Buna. Die Nachfrage nach beiden Kautschuktypen soll sich Prognosen zufolge bis 2017 auf rund zehn Prozent pro Jahr erhöhen, da die Verbraucher zunehmend auf kraftstoffeffizientere und umweltverträglichere „Grüne Reifen“ umschwenken.
„Wir freuen uns, eine weitere bedeutende Investition im Bereich Synthesekautschuk in Brasilien bekanntgeben zu können, die unser Engagement für die Standorte und Mitarbeiter hier vor Ort unterstreicht“, so Lanxess-Vorstandsmitglied Werner Breuers in São Paulo. „Wir wollen unseren Kunden die beste Technologie zur Verfügung stellen, damit sie ihre Expansionspläne in diesem wichtigen Markt verwirklichen können.“
Neue Kapazitäten wegen starker Nachfrage nach „Grünen Reifen“
Die Nachfrage nach „Grünen Reifen“ wird vom Megatrend Mobilität getrieben – und das vor allem in den Regionen Asien und Lateinamerika, deren Mittelschicht stetig wohlhabender wird. Darüber hinaus steigt die Nachfrage, weil weltweit in immer mehr Ländern Reifenkennzeichnungen eingeführt werden.
Seit November 2012 müssen in der Europäischen Union (EU) alle Reifen, die neu vom Band laufen, gekennzeichnet sein. Als erste Länder weltweit hatten Japan und Südkorea ein Kennzeichnungssystem gestartet. Nachdem in Japan im Januar 2010 ein freiwilliges Reifenlabel eingeführt worden war, folgte Südkorea im November 2011 mit einer freiwilligen Reifenkennzeichnung, die im Dezember 2012 verpflichtend wurde. Die brasilianische Regierung beabsichtigt, im Oktober 2016 eine Reifenkennzeichnungspflicht nach EU-Vorbild einzuführen. In China gewinnt das Thema als Bestandteil des aktuellen Fünfjahresplans des Landes an Bedeutung.
Studien zeigen, dass 20 bis 30 Prozent des Kraftstoffverbrauchs eines Fahrzeugs und 24 Prozent seiner CO2-Emissionen in Zusammenhang mit dessen Reifen stehen. „Grüne Reifen“ können den Kraftstoffverbrauch um fünf bis sieben Prozent senken und rechnen sich schneller als andere in Fahrzeugen eingesetzte kraftstoffsparende Technologien wie etwa Start-Stopp-Systeme und Hybridantriebe. „Das bedeutet, dass Verbraucher in Zeiten explosionsartig steigender Kraftstoffpreise mit der Wahl der richtigen Reifen bares Geld sparen können“, erklärt Breuers.
Material entscheidet künftig über Leistung von Reifen
„Grüne Reifen“ zeigten – so der Anbieter aus der Chemieindustrie – die besten Fahreigenschaften, wenn sie sowohl Nd-PBR als auch S-SBR enthalten. S-SBR wird vorwiegend in der Lauffläche, Nd-PBR in der Lauffläche und in den Seitenwänden von „Grünen Reifen“ eingesetzt. Beide Kautschuktypen verringern den Rollwiderstand und erhöhen so die Kraftstoffeffizienz eines Reifens. S-SBR hilft darüber hinaus, die Haftung auf nasser Straße zu verbessern, während Nd-PBR den Reifenabrieb verringert und so dazu beiträgt, dass Reifen sicherer und vor allem haltbarer werden.
„Wir bewegen uns nun vom Zeitalter der Reifenkonstruktion zum Zeitalter des Reifenmaterials, das den Unterschied in der Leistung machen wird“, sagt Joachim Grub, Leiter der Business Unit Performance Butadiene Rubbers (PBR) von Lanxess. „Und Lanxess spielt eine führende Rolle bei der Entwicklung der Reifen von morgen.“
Der Chemiekonzern hatte im vergangenen Jahr einen Konzeptreifen mit der Bewertung „AA“ präsentiert, den das Unternehmen in Deutschland entwickelt hatte und der vom TÜV Süd getestet worden war. In diesem Konzeptreifen sind die neuesten Nd-PBR- und S-SBR-Kautschuke sowie Kautschukadditive verarbeitet. Damit erzielte er als einer der ersten Reifen der Welt sowohl für den Rollwiderstand als auch für die Nasshaftung die Bestnote „A“ gemäß den neuen EUKennzeichnungsregeln.
Weltweites Anlagennetzwerk für Hochleistungskautschuk
Lanxess hat seine weltweite Kapazität für die Hochleistungskautschuke S-SBR und Nd-PBR in den vergangenen zwei Jahren um 70.000 Jahrestonnen erhöht. Erreicht wurde dies durch Erweiterungsmaßnahmen in den Werken in Dormagen in Deutschland, in Orange in den USA und im brasilianischen Cabo de Santo Agostinho (Pernambuco). Überdies produziert der Konzern S-SBR auch noch an seinem Standort im französischen Port Jérôme.
Das Unternehmen hat zudem im vergangenen September in Singapur den Grundstein für eine neue Nd-PBR-Anlage gelegt, die vor allem die wachsende Reifenindustrie Asiens beliefern wird. Die Anlage, in die insgesamt 200 Millionen Euro investiert werden, wird über eine Kapazität von 140.00 Tonnen pro Jahr verfügen und ihren Betrieb in der ersten Jahreshälfte 2015 aufnehmen.
S-SBR und Nd-PBR gehören zum Produktportfolio der Business Unit Performance Butadiene Rubbers (PBR) von Lanxess. Außer für Reifen werden leistungsfähige Butadien-Kautschuke auch zur Modifizierung von Kunststoffen bei der Herstellung von HIPS (hochschlagfestem Polystyrol) für Spritzgussanwendungen eingesetzt. Weitere Anwendungsbereiche sind Golfbälle, Laufschuhe und Förderbänder. PBR ist ein Teilbereich des Segments Performance Polymers von Lanxess, das in den ersten neun Monaten des Jahres 2012 einen Gesamtumsatz von vier Milliarden Euro erwirtschaftete.
Erfolgreiche Wachstumsgeschichte in Brasilien
Brasilien ist für die Produkte von Lanxess einer der erfolgreichsten und am schnellsten wachsenden Märkte. Das Land stellt einen Eckpfeiler der BRICS-Strategie des Unternehmens dar. Entfiel im Jahr 2005 noch weniger als ein Prozent des weltweiten Umsatzes von Lanxess auf Brasilien, sind es inzwischen rund zehn Prozent. Landeschef des Unternehmens in Brasilien ist Marcelo Lacerda. Seit der Akquisition von Petroflex im Jahr 2008 ist der Konzern eines der größten Chemieunternehmen Brasiliens und beschäftigt in seiner Zentrale und an sieben Standorten derzeit rund 1.100 Mitarbeiter. dv
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