BRV sieht viele offene Fragen zur kommenden RDKS-Pflicht
Auch wenn der 1. November allerorten als der Stichtag für die Einführung des EU-Reifenlabels bekannt ist, tritt an dem Tag noch eine andere für den Reifenmarkt bedeutsame Änderung in Kraft: Gemäß einer EU-Verordnung (EU-VO 661/209) müssen dann nämlich alle neu typengenehmigten Fahrzeuge der Klasse M1 – das sind Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz – in der Erstausrüstung mit einem Luftdruck-Kontrollsystem (RDKS) nach ECE-R 64 ausgestattet sein; zwei Jahre später dann müssen alle neuen Fahrzeuge der Klasse M1 ab Werk entsprechend ausgerüstet sein, also auch solche, die vor dem 1. November 2012 typengenehmigt wurden. „Im Zusammenhang mit den derzeitigen Berichterstattungen in den Medien, den diesbezüglichen Diskussionen in der Branche und auch der entsprechenden Aktivitäten der Anbieter solcher Systeme für den Ersatzmarkt“ halte es der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) „für dringend geboten“, auf den aktuellen Stand der Dinge hinzuweisen, der mitunter „im Gegensatz zur landläufigen Meinung“ stehe.
Zunächst einmal gebe es für den Reifenhandel keinen Grund in Aktionismus zu verfallen. Da die neue EU-Verordnung im ersten Schritt eben ‚nur’ neu typengenehmigte Kraftfahrzeuge betrifft, sei nicht damit zu rechnen, dass diese Autos vor dem zweiten Halbjahr 2013 überhaupt auf den Markt kommen. Üblicherweise vergehen rund sechs bis neun Monate, bis ein bis ein neu typengenehmigtes Fahrzeug auch am Markt eingeführt wird. Es gebe demnach noch genügend Zeit für den Reifenhandel, sich entsprechend sachkundig zu machen, inwiefern die neue EU-Verordnung Auswirkung auf das eigene Geschäft haben wird.
Zu diesen Informationen zählt laut BRV auch wichtige Hinweis, dass es „zurzeit völlig offen“ sei, „welche Systeme letztendlich von den jeweiligen Fahrzeugherstellern verbaut werden, offizielle Informationen dazu liegen noch nicht vor“, schreibt der Verband. Der Gesetzgeber regele in der Verordnung eben nicht, welches Reifendruckkontrollsystem verbaut werden muss, also ein direkt oder ein indirekt messendes. Das RDK-System müsse „lediglich“ mit der ECE-R 64 konform gehen, so der BRV weiter. „Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, dass nur direkte Systeme die Vorgaben/Bedingungen der ECE-R 64 erfüllen, gibt es am Markt mittlerweile auch indirekte Systeme, die dies können.“ Es sei aber zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die Fahrzeughersteller aus Kostengründen die indirekten Systeme zumindest bevorzugen werden, ist sich der Verband sicher. Eine „seriöse Markteinschätzung“ könne im Moment auf Basis solcher Informationen und Annahmen nicht vorgenommen werden, „wie viele Fahrzeuge zukünftig mit direkten Reifendruckkontrollsystemen (die in erster Linie von Relevanz für den Reifenservice sind) ausgestattet sein werden.“ Es sei „definitiv Vorsicht bei unseres Erachtens eher deutlich übertriebenen Einschätzungen geboten, die bis zu 30 Prozent gehen“, warnt der Verband.
Der BRV weiter: „Auch wenn nach unserer Rechtsauffassung Reifendruckkontrollsysteme, die nach EU-VO 661/2009 verbaut wurden, Bestandteil der ABE der betreffenden Fahrzeuge sind und dementsprechend dann nicht mehr deaktiviert werden können, ist dies nach wie vor noch nicht rechtsverbindlich geklärt. Parallel dazu ist ebenfalls noch rechtsverbindlich zu klären, inwieweit die OE-Sensoren, die von den Fahrzeugherstellern bei direkten Systemen verbaut werden und dementsprechend Bestandteil der Typengenehmigung (und dann – so das bestätigt wird – auch der ABE) sind, im Ersatzgeschäft durch andere – nach den Vorgaben des Fahrzeugherstellers „anlernbare“ – ersetzt werden dürfen.“ Zu beiden offenen, zum Teil substanziellen Fragen bemühe sich der BRV um rechtsverbindliche Klärung.
Solange die Antworten auf diese Fragen nicht vorliegen, so der BRV weiter, könnten „Investitionen in der Sache zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös geplant“ werden; man müsse sie als „eher sehr riskant“ betrachten. arno.borchers@reifenpresse.de
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